Normalerweise geht man zum Einkaufen in die Stadt. Und woher welches Produkt kommt, darüber denkt man nicht besonders nach. 20 Schüler und Lehrer des Gymnasiums Veitshöchheim sowie Eltern bummelten jetzt durch die Würzburger Innenstadt und ließen sich während einer konsumkritischen Stadtführung über verschiedene Aspekte der Herstellung von Produkten und nachhaltigem Kaufverhalten informieren. Eine kurze Umfrage am Ende ergab, dass jeder Teilnehmer interessante Eindrücke erhalten hat und beabsichtigt, künftig bewusster Waren auszuwählen.
Die beiden Studentinnen Kathrin Leitner und Miriam Löhr vom Projekt „Weltbewusst“ erklärten während des Rundgangs Produktionsbedingungen und Warenkreisläufe für Mobiltelefone, Kleidungsstücke und Fleisch. Die Referentinnen gehören zu einer Gruppe, die seit rund eineinhalb Jahren an jedem ersten Samstag im Monat um 14 Uhr kostenlose konsumkritische Stadtführungen ab dem Barbarossaplatz anbietet.
Miriam Löhr wies darauf hin, dass in Deutschland die Nutzungszeit eines Handys durchschnittlich nur 18 Monate beträgt, obwohl die Geräte erheblich länger genutzt werden könnten. Umfragen hätten ergeben, dass die überwiegende Mehrheit der Bürger noch brauchbare Telefone zu Hause liegen habe.
Die Mobiltelefone enthielten 30 verschiedene Metalle, darunter 0,034 Gramm Gold. Allein für die Gewinnung dieser geringen Menge fallen jedoch 100 Kilogramm Abraummaterial an. Das trage „zum Raubbau an der Natur“ bei.
Sie machte auch auf die Verwendung des seltenen Erzes Coltan in Mobiltelefonen aufmerksam, 80 Prozent des weltweiten Bedarfs stammten aus dem Kongo. Aus dem Coltan wird das Metall Tantal hergestellt. Ohne Schutzkleidung förderten die Minenarbeiter - oft auch Kinder - diesen Rohstoff zu Tage. Löhr forderte zu einer längeren Nutzung der Handys auf, und man sollte sich vor dem Kauf beim Händler über Herstellungsbedingungen sowie Entsorgung informieren.
Kathrin Leitner berichtete, dass jeder Deutsche jährlich durchschnittlich 80,4 Kilo Fleisch esse: 41,3 kg Schwein, 23,6 kg Huhn sowie 15,5 kg Rind. Dieser Lebensmittelsektor sei Energie aufwändig, die Fleischindustrie habe viele Beteiligte und für die Erzeugung von Futter würden beispielsweise in Brasilien große Regenwaldflächen vernichtet, um Soja anzubauen. Dies belegte sie anhand beeindruckender Fotos. Der Sojaanbau habe den weiteren Nachteil, dass er den Boden auslauge.
Eine Teilnehmerin betonte, die Verbraucher sollten nicht nur die „Filetstücke“ kaufen. Bei richtiger Zubereitung ließen sich ohne weiteres auch andere Fleischteile schmackhaft verwerten. Zur Sprache kam auch das Thema Kleidung. Durchschnittlich erwirbt jeder Deutsche pro Jahr 26 kg, weltweit sind es acht kg. Obwohl auf vielen Annähern Produktionsländer wie Vietnam oder China stehen, haben zahlreiche Kleidungsstücke aufgrund der Herstellungsländer einzelner Bestandteile fast eine gesamte Weltumrundung hinter sich.
Zum Schluss der Führung statteten die Teilnehmer noch dem Umsonstladen „Luftschloss“ in den Posthallen am Hauptbahnhof einen Besuch ab. Dort können Gebrauchsgegenstände kostenlos abgegeben und mitgenommen werden. Geöffnet ist dort montags von 17 bis 20 Uhr, donnerstags von 15 bis 18 Uhr und jeden Samstag, 11 bis 14 Uhr.
„Bei mir daheim liegt ein noch funktionierendes Handy herum“, gab die 17-jährige Schülerin Tanja Henkel zu. Die konsumkritische Stadtführung bezeichnete sie als sehr „interessant“. Sie nahm sich vor, in Zukunft „nicht immer etwas Neues zu kaufen“. „Ich versuche, demnächst öfter auf Fleisch zu verzichten“, erklärte der 18-jährige Lukas Krenz. Vor allem die Hinweise zur Erzeugung von Fleisch hatten ihm „Denkanstöße“ gegeben.
Stadtführungen: Jeden ersten Samstag im Monat, um 14 Uhr, Treffpunkt Barbarossaplatz. Wer einen außerplanmäßigen Rundgang vereinbaren will: E-Mail an wuerzburg.konsumglobal@yahoo.de Weitere Informationen gibt es auch unter www.weltbewusst.org