Tradition und Brauchtum, aber auch Moderne - das zeichnet den Schützengau Würzburg aus. 60 Jahre nach der Gründung haben sich die Schützen in der Region Würzburg mit 56 Vereinen und 6989 Mitgliedern zum größten Gau im Bezirk Unterfranken entwickelt.
Schützenvereine haben in der Gesellschaft eine lange Tradition. Dennoch wurden die Schützen immer wieder auch von schlimmen Ereignissen erschüttert, wie den Amokläufen in Winnenden und Erfurt. Durch den Schock aus den Ereignissen gingen dem Schützengau 860 Mitglieder verloren.
Genauso oft aber entstiegen die Schützenvereine den Krisen beinahe trotzig. Nach Überzeugung von Gauschützenmeister Wolfgang Kraft war dies nur möglich, weil der Schießsport menschliche, sportliche und traditionelle Tugenden gleichermaßen vereinigt.
„Schießsport kann bis ins hohe Alter ausgeübt werden.“
Wolfgang Kraft Gauschützenmeister
Weit mehr als der durchaus auch missverständlich zu verstehende Slogan „Schießen lernen, Freunde treffen“ hilft die Ausübung des Schießsports gerade Jugendlichen mit Konzentrationsschwächen. „Ein Ziel ins Visier zu nehmen, ist nicht nur für Schützen ins tägliche Leben übertragbar“, meint Kraft.
„Ziel im Visier – Zukunft Schützenverein“ nennt sich auch eine Offensive, mit der der Deutsche Schützenbund (DSB) bis zum Jahr 2018 eine Mitgliederzahl von mehr als 1,5 Millionen erreichen will. Anfang 2012 waren es bereits knapp 1,4 Millionen Mitglieder. Der Schützengau Würzburg hat unter seinen fast 6000 Mitgliedern 1537 Frauen und 1255 Jugendlichen.
Für Kraft ist die Zielvorgabe des DSB keine Utopie. „Schließlich kann der Schießsport ausgeübt werden bis ins hohe Alter“, betont Kraft. Der demographische Wandel in der Gesellschaft kann für die Schützenvereine sogar ein Vorteil sein. Als Beispiel erinnert Kraft an die jüngsten Gaumeisterschaften mit Luftgewehr und Luftpistole. „Der jüngste Teilnehmer war da gerade einmal elf Jahre, der älteste zählte stolze 86 Lenze“, freut sich Kraft.
Schießsport, egal ob bei den Kugeldisziplinen oder mit dem Bogen, bietet sich auch an für Menschen mit körperlichen Einschränkungen. Besonders seit die moderne Technik an den Schießständen Einzug hielt und auf elektronische Anzeigen geschossen wird, ist die Sportart geradezu prädestiniert für Menschen mit Handikap. Die Inklusion geht ab 2015 in den Wettkämpfen gar so weit, dass behinderte Schützen wählen können zwischen paralympischen oder üblichen Disziplinen, berichtet Kraft.
Der Schützengau investiert 30 Prozent seines Etats jährlich in die Jugendarbeit, wenngleich Kraft die genaue Summe nicht nennen möchte.
Überhaupt ist der Gauschützenmeister stolz auf die Entwicklung, die der Schützengau Würzburg seit seiner Gründung nahm. Von lediglich neun Vereinen aus der Stadt Würzburg und dem nahen Umland wurde der Würzburger Gau im Februar 1953 aus der Taufe gehoben. Mehr als 100 Kilometer, von Mittelsinn im Norden bis Röttingen im Süden, erstreckt sich mittlerweile der Schützengau.
Dem Schießsport wird in der Region wöchentlich in 50 verschiedenen Disziplinen gefrönt. „Es gibt 1500 aktive Schützen in 200 Mannschaften - mehr als beim Fußball, aber mit viel geringeren Verletzungen und leider auch Stellenwert“, meint der Gauschützenmeister. Von der breiten Öffentlichkeit meist unbeachtet reichen die Erfolge von deutschen Meisterschaften, Europa- und sogar bis zu Weltmeisterschaften.
Nach wie vor decken Bogen- und Böllerschützen die traditionellen Tugenden des Schützenwesens ab. In den Kugeldisziplinen erfolgt die Trefferanzeige aber zunehmend elektronisch, was den Schießsport für Schützen und Zuschauer interessanter macht.
Überzeugt ist Kraft, mit der im Schützengau Würzburg führenden Ausbildung von Trainern und Standaufsichten den Grundstock für einen weiter steigenden Zuspruch zum Schießsport zu legen.