Vier Wochen nach der Kommunalwahl und zwei Wochen nach der OB-Stichwahl sind 103 000 Würzburger am Sonntag erneut an die Urnen gerufen. Bei einem Bürgerentscheid geht es um den A 3-Ausbau: Soll die Stadt Würzburg mit allen „politisch und rechtlich zulässigen Maßnahmen“ versuchen, den Bund doch noch zu einer Umplanung mit einem Tunnel unter dem Heuchelhof zu bewegen?
Dies erhofft sich die „Umwelt- und Gesundheitsinitiative Würzburg-Tunnel“, die rund 8000 Unterschriften für ein Bürgerbegehren gesammelt und damit den Entscheid erwirkt hat. Die Autobahndirektion hat angekündigt, nach den bisherigen Plänen eines so genannten Trogs weiterzubauen: Dabei wird die Fahrbahn um bis zu neun Meter abgesenkt und auf einem Teilstück mit einem begrünten Deckel versehen. Die vorbereitenden Baumaßnahmen dazu laufen seit eineinhalb Jahren. Laut Autobahndirektion wurden schon zehn Millionen Euro verbaut, Aufträge für rund 80 Millionen Euro seien vergeben. Noch im Sommer soll mit dem Bau der neuen Heidingsfelder Talbrücke begonnen werden.
BI hält Stopp noch für möglich
Als Gegner hält die Bürgerinitiative (BI) ein spätes Umschwenken noch für möglich. Zudem besteht aus ihrer Sicht kein Baurecht für den kompletten Abschnitt. Ohne eine genehmigte Behelfsautobahn könne nicht gebaut werden. Außerdem sei die Autobahndirektion teilweise noch die Ausführungsplanung schuldig. Unterdessen kommt Widerstand gegen einen Tunnel nicht nur von der Autobahndirektion, sondern auch von Anliegern im Reichenberger Grund. Sie fürchten eine stärkere Belastung.
Weil es sich um ein Projekt des Bundes handelt, bezieht sich die Fragestellung des Bürgerentscheides einzig auf die Position der Stadt Würzburg, die bis dato in Verträgen den Trog-Ausbau mitgetragen hat. Ziel der BI: Per Bürgerentscheid soll die Stadt gezwungen werden, eine Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses zu beantragen und nötigenfalls einzuklagen. Auch solle die Stadt versuchen, von der Zahlungsverpflichtung in Höhe von 2,9 Millionen Euro für die so genannte „Amtstrasse“ freizukommen. Diesen Betrag hatte die Stadt einst für den Kompromiss einer tiefer gelegten und zumindest teilweise überdeckten A 3 zugesagt. Mit Klagen von Anliegern war BI-Anwalt Wolfgang Baumann im März 2011 vor dem Bundesverwaltungsgericht Leipzig gescheitert, konnte aber einige Nachbesserungen erwirken.
Kein Ratsbegehren durch Stadtrat
Der Stadtrat hat für diesen Sonntag mit großer Mehrheit auf ein eigenes Ratsbegehren verzichtet, um den Bürgerentscheid nicht aufzuwerten. Damit er wirksam wird, ist ein so genanntes Zustimmungsquorum nötig: Ein mehrheitliches Ja oder Nein muss von mindestens zehn Prozent der Stimmberechtigten angekreuzt sein. Das heißt, der Bürgentscheid hätte im Sinne der Bürgerinitiative Erfolg, wenn mindestens 10 300 Bürger mit Ja stimmen – und nicht mehr mit Nein. Beim letzten Würzburger Bürgerentscheid vor einem Jahr zur Bebauung des Platz'schen Gartens wurde das Quorum knapp verpasst. Diesmal deutet zumindest die Briefwahl-Nachfrage auf eine stärkere Beteiligung hin: Bis Freitag um 15 Uhr hatten laut Wahlamtsleiter Karl-Heinz Schwenkert 7632 Bürger die Unterlagen beantragt. Zum Vergleich: Vor einem Jahr waren es mit 3900 rund halb so viele. Die deutlich meisten Briefwahlanträge kamen aus den betroffenen Stadtteilen Heidingsfeld und Heuchelhof, während sich die Nachfrage im sonstigen Stadtgebiet im üblichen Rahmen bewegte.
Erste Ergebnisse werden am Sonntag gegen 18.15 Uhr erwartet. Wie bei der Kommunalwahl richtet die Stadt auch diesmal ein Wahlstudio im Ratssaal des Rathauses ein. Hier kann die Stimmauszählung live mitverfolgt werden, ebenso im Internet unter wahlen.wuerzburg.de. Mit dem endgültigen Ergebnis rechnet Schwenkert gegen 19.30 Uhr.
Würzburgs Bürgerentscheide
• 1997: Verlagerung des Röntgen-Gymnasiums an die Herieden für eine Fachhochschul-Erweiterung: Die Befürworter scheitern knapp.
• 2006: Projekt Bahnhofs-Arcaden scheitert um Haaresbreite. 20 010 Bürger sind dafür, 20 995 dagegen.
• 2008: Neubau der Fachhochschule am Alandsgrund: 20 Prozent sind dafür, zehn Prozent dagegen.
• 2013: Blockrand-Bebauung am Platz'schen Garten: 9,2 Prozent dagegen, 6,5 Prozent dafür – Zustimmungsquorum wird verpasst.