Es war der letzte Tagesordnungspunkt in der Sitzung der Kommission für Stadtbild und Architektur, kurz KoSA genannt: „Bebauung Volksgarten“. Auf der ersten Folie, die Architekt Stephan Haas im Würzburger Ratssaal an die Wand projizierte, hieß es dann: „Revitalisierung Volksgarten“. Sollte das einstmals so beliebte Ausflugslokal demnach doch nicht verschwinden, sondern weiter seiner ursprünglichen Verwendung dienen?
Die Zweifel waren schnell beseitigt, als der Architekt aus Eibelstadt ein paar Bilder später zeigte, was im hinteren Bereich im Steinbachtal geplant ist. Der 1901 eröffnete und seit 2012 leer stehende Biergarten samt Gaststättengebäude soll einer massiven Wohnbebauung weichen. In Haas' Plänen schieben sich im Vordergrund zwei große dreistufige Baukörper in den Hang. In ihnen sollen Wohnungen entstehen, während die drei denkmalgeschützten Pavillons darüber mit Zwischenbauwerken verbunden werden sollen, um sie ebenfalls bewohnbar zu machen.
„Am schönsten wäre hier wieder ein Biergarten.“
Thomas Gunzelmann Landesamt für Denkmalpflege
Auftraggeber und Investoren sind Hans-Peter und Doris Dinkel. Der gebürtige Würzburger betreibt in Landshut ein Privatinstitut für Kernspindiagnostik. Im Jahr 2011 hatte es schon einmal eine Bauanfrage für den Volksgarten bei der Stadt gegeben, die jedoch abgelehnt wurde, weil der damalige Investor die Pavillons zugunsten einer Wohnbebauung abreißen lassen wollte.
Jetzt soll nur noch das bestehende Gaststättengebäude verschwinden. Sein baulicher Zustand erlaube keine wirtschaftliche Nutzung mehr, sagt Architekt Haas. Im Vorderbereich sieht er stattdessen zwei „symmetrisch terrassierte Baukörper“ vor, die zur Talseite hin aufgeständert sind, um darunter die Stellplätze unterzubringen. In die Denkmalstruktur der Pavillons sollen Einbauten eingefügt werden, um exklusiven Wohnraum zu schaffen. Davor hat der Planer eine Art Innenhof vorgesehen, der die Volksgarten-Struktur fortführen soll – allerdings dann nicht mehr öffentlich zugänglich. Bei der Gesamtmaßnahme soll, so Stephan Haas, darauf geachtet werden, den alten Baumbestand „nicht radikal zu entfernen“.
„Das ist ein ganz schwieriges Unterfangen“, war der erste Kommentar von Oberbürgermeister Christian Schuchardt nach der Präsentation. Für manche Sitzungsbesucher überraschend signalisierte Thomas Gunzelmann vom Landesamt für Denkmalpflege indes „wohlwollende Zustimmung“ zu dem mit dem Denkmalschutz abgestimmten Projekt. Er verhehlte aber nicht, dass es „am schönsten wäre, wenn hier wieder ein Biergarten entsteht“. Das scheint derzeit jedoch kaum möglich, weil eine solche Nutzung erhebliche wirtschaftliche Probleme sowie nachbarrechtliche Schwierigkeiten wie Lärmbelastung mit sich brächte.
Stadtheimatpfleger Hans Steidle sprach sich strikt gegen die vorgelegte Planung aus. Die Pavillonanlage verliere durch die davor gestellten Wohnhäuser ihren Charakter, die gesamte Hanglage werde durch eine Wohnnutzung grundlegend verändert. Auch werde ein Großteil der alten Bepflanzung verschwinden, monierte Steidle. Er wehre sich grundsätzlich dagegen, dass im bereits dicht bebauten Steinbachtal weitere Terrassenhäuser gebaut werden. Steidle: „Ich ziehe jede Lösung, die das Denkmal erhält, einer solchen verfremdenden Nutzung vor.“
OB Schuchardt wollte zunächst von der Kommission wissen, wie realistisch eine Wohnnutzung der Pavillons eigentlich sei. Die KoSA-Mitglieder waren sich ziemlich einig. „Ich glaube nicht an eine Wohnnutzung in den Pavillons“, meinte Rebecca Chestnutt aus Berlin. Ihre Münchner Kollegin Christiane Thalgott fügte an, dass Brandschutz und andere technische Erfordernisse die Substanz der Pavillons nicht mehr erkennen ließen. „Das kann man vergessen, das geht hinten und vorne nicht“ lautete das eindeutige Urteil des Hamburgers Ferdinand Stracke. Sein radikaler Vorschlag: Die Pavillons ab- und an anderer Stelle neu aufbauen. „Hier werden sie ihre ursprüngliche Funktion nie wieder erfüllen und stehen kläglich hinter mittelmäßigen Häuschen“, so sein Fazit.
Denkmalschützer Gunzelmann wollte von Strackes Vorschlag nichts wissen: „Das ist die zweitschlechteste Lösung nach einem Totalabriss.“ Einer „Umsiedlung“ würde der Denkmalschutz auch so schnell nicht zustimmen. Hans Steidle sah sich indessen in seiner Auffassung bestätigt, dass sich das Denkmal mit einer Wohnnutzung nicht verträgt.
„Es funktioniert so nicht.“
Christian Baumgart Stadtbaurat
Mit dieser eindeutigen Einschätzung seitens der Kommission sah schließlich OB Schuchardt das gesamte Projekt in Frage gestellt: „Das ist ein Liebhaberprojekt, das sich nicht für Wohnzwecke umnutzen lässt“, fasste er die Diskussion zusammen. Es mache keinen Sinn, das Projekt weiter in seinen Einzelheiten zu diskutieren. Schuchardt forderte Eigentümer und Architekt auf, ihre Planung noch einmal zu überdenken und neue Vorschläge zu machen.
„Ich bin einigermaßen ratlos, was man dem Bauherrn an die Hand geben soll“, resümierte Stadtbaurat Christian Baumgart. Er halte das Projekt jedenfalls bautechnisch, energetisch, baurechtlich und unter barrierefreien Aspekten für „nicht vorstellbar“. Für den Bauherrn habe er nur eine „eigentlich furchtbare Nachricht“: „Es funktioniert so nicht“.