Hammerschläge hallen durch Klein-Nizza, ein Akkuschrauber surrt. Das letzte Stündlein der Volieren des Farbkanarien-Vereins an der Teichanlage im Ringpark hat geschlagen. Nach drei Jahren der vergeblichen Suche nach Vogelfreunden, die sich rund ums Jahr um die Tiere und ihr Heim kümmern möchten, hat der Verein die Notbremse gezogen. Die großen Volieren, in früheren Jahren ein beliebter Anziehungspunkt für Groß und Klein, werden abgebaut.
Bis zu 80 Vögel beherbergten die vier großen, vergitterten Volieren in ihren besten Zeiten, weiß Vereinsvorstand und Vogelzüchter Christian Mark. „Seit den 60er Jahren gab es sie“, ergänzt Gerätewart Rainer Preis. „Da waren viele Arten vertreten, Aras, Graupapageien, Amazonen, Nymphensittiche und sprechende Beos. „Die wussten aber nichts Gescheites“, sagt Preis und lacht.
„Wir waren so eine Art Vogelauffangstation“, sagt Mark, „manche der Vögel, die wir bekamen, mussten wieder fliegen lernen. Es waren auch viele darunter, die eigentlich nicht mehr hätten gehalten werden dürfen. Die haben wir oft von amerikanischen Soldaten bekommen, die sie von irgendwoher mitgebracht hatten und bei der Rückkehr nach Hause dann nicht mehr haben wollten“.
Auch aus Wohnungsauflösungen stammten einige der Vögel. „Die werden ja auch uralt“, sagt Preis. Aras könnten bis zu 80 Jahre alt werden, Graupapageien bei guter Pflege in Gefangenschaft bis zu 60 Jahre. „Wenn sich ein 40-jähriger so einen Vogel angeschafft hat, war die Chance sehr groß, dass der ihn überlebt hat“, weiß Preis. Erst in den 1980er Jahren seien die ersten Schutzbestimmungen und Verordnungen erlassen worden, das Importverbot exotischer Tiere gelte erst seit den 1990er Jahren.
Seit drei Jahren sei man auf der Suche nach jemandem gewesen, der sich das ganze Jahr verantwortungsvoll um die Vögel hätte kümmern wollen, im Sommer in den Volieren im Ringpark, im Winter in den Volieren im Vereinsheim des Farbkanarienvereins in der Robert-Bunsen-Straße. Täglich, wenn alle Tiere gesund sind auch im zweitäglichen Rhythmus, hätte gefüttert und die Käfige gereinigt werden müssen. Der bisherige Helfer sei zu alt für dies Tätigkeit geworden. Aber kein Nachfolger fand sich.
„Uns fehlt der Nachwuchs“, sagt Mark. „Ich bin 49 Jahre alt und der Jüngste im Verein.“ Der war 1953 gegründet worden und hat derzeit noch 68 Mitglieder. Bis vor zehn Jahren wurde im jährlichen Wechsel eine Vogelausstellung am Vereinsheim und ein Weinfest an den Volieren im Ringpark organisiert. „Das hat uns Geld gebracht“, weiß Preis. „Aber irgendwann war der Aufwand zu hoch und die Leute sind zu alt geworden. Eine Woche Vorbereitungen, von Freitag bis Sonntag Weinfest, und am Montag wieder der Abbau, da war man dann urlaubsreif“, sagt der Vereinsvorsitzende.
Eine derartige Haltung großer Vögel sei auch nicht mehr zeitgemäß. „Das ist viel aufwändiger geworden, der kleine Vogelkäfig im Wohnzimmer tut es da nicht mehr. Die Tiere hält man heute größer, naturnaher und in gut ausgestatten Gehegen“, sagt Mark. Das macht gleichzeitig auch die Nachwuchsarbeit schwer. Denn in einer Stadt wie Würzberg hätten die wenigstens einen Garten, den es brauche um eine große Voliere unterzubringen.
Darauf habe er auch bei der Abgabe der Vögel aus den Volieren geachtet. „Wir müssen auch darauf achten, dass es den Vögeln so gut wie möglich geht“, sagt Mark, „es gibt keine Privat-Volieren, in die ein Ara reinpasst.“ So wurden die großen Aras bis nach Baden-Württemberg gebracht, um dort eine neue Heimat zu finden. Einige andere Tiere brachte Mark zu einem jungen Züchter in die Nähe von Wertheim. „Der hat sich extra einen Bauernhof gekauft und möchte dort einen Vogelhof einrichten.“
Was bleibt, sind die vier Volieren im Rosengarten des ehemaligen Landesgartenschau-Geländes unterhalb der Festung, die seit dem vorigen Jahr schon wieder „besetzt“ sind. „Die Sittiche da sind domestizierte und leicht zu pflegende Arten, die sich so wohlfühlen“ sagt Mark. Im Rosengarten wurde die Frage der Pflege von ihm selbst organisiert. „Ich arbeite beim Caritas-Don Bosco Berufsbildungswerk am Schottenanger, da sind es nur fünf Minuten zu Fuß dorthin. In Absprache mit unserem Direktor betreuen wir die Volieren als Projekt mit Jugendlichen aus unserem Haus“, berichtet Mark.
Auch die Volieren aus dem Ringpark bekommen bei Don Bosco eine neue Aufgabe. Aber statt exotischer Vögel finden darin künftig Fahrräder Schutz vor dem Wetter.