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LEINACH: Oestemer: Zum Bürgermeisteramt wie die Jungfrau zum Kind

LEINACH

Oestemer: Zum Bürgermeisteramt wie die Jungfrau zum Kind

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    Bei allen Funktionen, die Andreas Oestemer in seiner aktiven Zeit ausübte, vergaß er nie seine Wurzeln und Herkunft, seinen Heimatort Leinach und das Frankenland. Am 30. November feiert er seinen 80. Geburtstag.
    Bei allen Funktionen, die Andreas Oestemer in seiner aktiven Zeit ausübte, vergaß er nie seine Wurzeln und Herkunft, seinen Heimatort Leinach und das Frankenland. Am 30. November feiert er seinen 80. Geburtstag. Foto: Foto: Herbert Ehehalt

    In seiner aktiven Zeit galt Andreas Oestemer als Tausendsassa. In einfachen Verhältnissen geboren, bekleidete er von 1972 bis zu seinem selbst gewählten Rückzug im Jahr 2002 drei Jahrzehnte lang beinahe alle Ämter, die es in Politik und Gesellschaft zu besetzen gab. Im Vorfeld seines 80. Geburtstages am Donnerstag, 30. November, blickte der Ehrenbürger, Alt-Bürgermeister der Gemeinde Leinach und Ehren-Weinbaupräsident zurück auf ein Leben voller Verantwortung für seine Mitmenschen. Das Gespräch führte unser Mitarbeiter Herbert Ehehalt.

    Frage: Aus welchem Antrieb heraus, waren Sie in so vielen Ämtern gleichzeitig

    aktiv?

    Andreas Oestemer: „Es begann mit dem Tod des damaligen Bürgermeisters von Unterleinach, Richard Härth, im Jahr 1972. Zu diesem Zeitpunkt war ich Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr und kam zur Kandidatur für die Nachfolge wie die Jungfrau zum Kind. Gute Freunde hielten mich für befähigt, das Amt des Bürgermeisters ehrenamtlich ausüben zu können. Nach Absprache mit meiner Frau Gertrud stellte ich mich zur Verfügung.“

    Aus der Funktion als Bürgermeister ergaben sich aber schnell weitere

    Ämter?

    Oestemer: „Als CSU-Mitglied und Bürgermeister ergaben sich viele Kontakte mit einem besonderen Verhältnis zum damaligen Landtagsabgeordneten Christian Will. Und weil ich kein Nein-Sager war, brachte ein Amt dass nächste mit sich. Egal ob Bürgermeister, Landrat-Stellvertreter, Siebenerobmann, Weinbaupräsident: Ich empfand Berufung immer auch als Pflicht, aktiv zu sein und mich für die Mitmenschen und die Gesellschaft einzubringen wo immer es mir möglich war. Die mir angetragenen Funktionen kamen, glaube ich, dadurch zustande, dass ich ohne Selbstherrlichkeit immer zu meinem Wort gestanden habe.“

    Welches war für Sie, egal in welcher Funktion, ein besonderes Erlebnis?

    Oestemer: Besonders war für mich der Mauerfall im November 1989. Deutschland wurde eins, so wie es immer mein Bestreben für Leinach war. Durch die Veränderungen in der damaligen DDR ergab sich für uns der Kontakt zu unserer Partnergemeinde Bräunsdorf, heute ein Stadtteil von Limbach-Oberfrohna im Landkreis Zwickau. Daraus entstand bis heute echte Freundschaft.“

    So aktiv zu sein kostet Zeit. Zeit die der Familie entgeht. Ihre

    Angehörigen waren immer damit einverstanden?

    (Gattin Gertrud meldet sich aus dem Hintergrund zu Wort:) „Von seiner Amtsübernahme als Landrat-Stellvertreter und auch Weinbaupräsident habe ich aus dem Radio erfahren. Im Vorfeld habe ich mich nur gewundert, weshalb es viele Treffen und Gespräche gab.“

    Und Andreas Oestemer räumt ein: „Tatsächlich habe ich die Übernahme beider Positionen ohne vorherige Rücksprache mit meiner Frau entschieden.“

    Welches Amt hätten Sie gerne als einziges und hauptberuflich begleitet

    und welches war Ihnen das wichtigste?

    Oestemer: „Ich hätte mich nicht entscheiden können. Jedes Amt und jede Funktion habe ich versucht, mit Kraft und bestem Wissen zu erfüllen. Am bedeutendsten war für mich aber die Funktion als Pilgerführer unserer Leinacher Mariabuchen-Wallfahrt über 52 Jahre.

    Wie war ihr Arbeitstag getaktet bei solch vielerlei Verpflichtungen?

    Oestemer: „Ab 7 Uhr war ich jeden Tag im Rathaus bis gegen 11 Uhr. Dann ging es aufs Feld oder in die Weinberge. Gemeinsam mit meiner Frau bewirtschafteten wir ja 38 Hektar Landwirtschaft. Vom Schlepper oder Mähdrescher ging es häufig direkt weiter zu irgendwelchen Terminen und Besprechungen. Bei Allem gab es für mich immer besonders viel Rückhalt im Landratsamt.“

    Und warum dann nach drei solch intensiven Jahrzehnten in vielen Positionen der komplette Rückzug?

    Oestemer: „Im Alter von 65 Jahren, so alt war ich 2002, darf man es, glaube ich, etwas ruhiger angehen lassen. Das war auch immer so mit meiner Frau besprochen. Darauf habe ich mich auch vorbereitet. Deshalb hat mir danach auch nichts gefehlt. Es war ja meine und unsere Entscheidung. Und ohne Verpflichtungen hatte ich endlich vermehrt Zeit für den Ansitz bei der Jagd, was mir viel gegeben hat.“

    Sie haben den Erfolg des Fränkischen Weinbauverbandes entscheidend

    mitgeprägt und sich dort 2009 nach zwölfjähriger Amtszeit zurückgezogen. Warum?

    Oestemer: „Die Winzer, egal ob die großen Güter, die Genossenschaften oder einzelne Winzer, hatten verstanden, dass Erfolg nur durch Zusammenhalt und Qualitätsbestreben zu erreichen sind. Ich meine, auf diesen Weg konnte ich sie bringen, dank der Unterstützung durch die Landesanstalt in Veitshöchheim.“

    Kritik gab und gibt es auch immer wieder zur Wahl der Fränkischen

    Weinkönigin. Berechtigt?

    Oestemer: „Wie bei jeder Kandidatur handelt es sich dabei um eine Wahl als spannenden demokratischen Vorgang mit offenem Ausgang. Da gibt es immer einen Gewinner und welche, denen der Sieg verwehrt bleibt.

    Auch der neue Bocksbeutel führte zu vielen Diskussionen. Hatte es den

    gebraucht?

    Oestemer: „Der Bocksbeutel ist und bleibt das bewährte Aushängeschild des Frankenweins. Die neue Form ist einfach der Zeit geschuldet. Bei der letzten fränkischen Weinprämierung war kein Spitzenwein mehr im alten Bocksbeutel vertreten. Das bestätigt doch die breite Akzeptanz der modernen Form und ist Ausdruck für das Qualitätsbestreben.

    Womit vertreibt sich Andreas Oestemer im Ruhestand auch im Alter von 80

    Jahren die Zeit?

    Oestemer: „Mit zunehmendem Alter geht alles etwas langsamer. Die Weinberge sind verpachtet. Aber mein Herz hängt nach wie vor am Obstbau. Allerdings steige ich zum Schneiden und Ernten nicht mehr auf die höchste Leiter. Und im Herbst flechte ich noch immer gerne Körbe zum Verschenken.“

    Wie würde sich Andreas Oestemer selbst charakterisieren?

    Oestemer: „Am zutreffendsten für mich ist vielleicht der Frankenwürfel, den ich 2002 entgegennehmen durfte. Kantig in der Form und wendig witzig. Widersprüchlich in der Prägung. Aber alle mir verliehenen Auszeichnungen habe ich immer als Anerkennung betrachtet. So bewerte ich auch, wenn sich Menschen noch heute an mich gerne erinnern und um Rat fragen.

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