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Maßbach: Vortrag im Theater Maßbach: Worte können so mächtig sein

Maßbach

Vortrag im Theater Maßbach: Worte können so mächtig sein

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    Theater-Chefin Anne Maar (rechts) begrüßte im Theater Schloss Maßbach Professor Thomas Niehr (links) zum Vortrag „die Grenzen des Sagbaren“.
    Theater-Chefin Anne Maar (rechts) begrüßte im Theater Schloss Maßbach Professor Thomas Niehr (links) zum Vortrag „die Grenzen des Sagbaren“. Foto: Dieter Britz

    Sprache ist, neutral gesehen, das wichtigste Werkzeug zur Übermittlung von Nachrichten und Gefühlen von Mensch zu Mensch. Aber sie kann, wenn sie verletzt, provoziert, schockiert und manipuliert, auch zur schlimmen Waffe werden. „Wer in der Lage ist, die Sprache einer Sprachgemeinschaft zu beeinflussen und im Extremfall zu manipulieren, beeinflusst oder manipuliert dadurch deren ganzes Selbst- und Weltverständnis“ stellte der österreichische Philosoph und Soziologe Ernst Topitsch (1919-2003) fest.

    Im Rahmen der „besonderen Reihe“ war im im Kaminzimmer des Theaters Schloss Maßbach Thomas Niehr, Professor für germanistische Sprachwissenschaft an der Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule (RWTH) Aachen, zu Gast. Seine Forschungsschwerpunkte sind Sprache und Politik sowie Sprachkritik.

    Das Thema seines Vortrags „die Grenzen des Sagbaren“ stieß auf großes Interesse. Theaterchefin Anne Maar begrüßte im Kaminzimmer die Gäste, die nach dem Vortrag noch lange mit dem Professor diskutierten.

    „Wenn man sich die letzten zehn Jahre anschaut, dann kann man feststellen, dass sich im Bezug auf unser Thema einiges verändert hat, im privaten Kreis wie in der Politik“, stellte Thomas Niehr fest. Es gebe Diskussionen über die Verrohung der Sprache, über die im Grundgesetz geschützte Meinungsfreiheit, und über Cancel Culture – der Ausdruck kommt aus den USA und bedeutet so viel wie „jemanden auslöschen/ausradieren/canceln“, aber auch „Streich- bzw. Abbruchkultur“. Besonders prominente Personen oder Gruppen werden in den sozialen Netzwerken „gecancelt“ und sollen damit weitestgehend nicht mehr dort auftauchen.

    „Rechte beklagen sich über mangelnde Meinungsfreiheit und monieren Cancel Culture. Tatsächlich schränken sie selbst die Meinungsfreiheit Andersdenkender ein und etablieren eine Cancel Culture, die nichts anderes als den Namen Zensur verdient“ sagte der Professor.

    Viele Treffer im Internet

    Man müsse nach der Verrohung der Sprache nicht lange suchen. Die frühere Präsidentin des Bundestages, Bärbel Bas (SPD) hatte einmal beklagt, dass dort die Verrohrung Einzug gehalten habe.

    Es gebe hier einen gewissen Widerspruch, so Niehr. Vor einigen Jahren noch habe es geheißen „im Bundestag passiert ja nichts“. In den sechziger und siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts sei es noch zur Sache gegangen. Niehr erinnerte dabei an den damaligen Fraktionsvorsitzenden der SPD Herbert Wehner oder an Franz Josef Strauß von der CSU.

    Jetzt habe das Pendel wieder auf die andere Seite ausgeschlagen und man spreche von Verrohung. „Wenn Sie nach Verrohung der Sprache suchen, sind Sie schnell bei den AfD-Politikern Gauland und Weidel und anderen“, sagte Niehr und „wenn Sie im Internet danach suchen, finden Sie schnell jede Menge Treffer.“

    Ermahnungen als „Trophäen“ behandelt

    Der Sprachwissenschaftler zitierte auch Zeit online vom 1. November 2024: „Bärbel Bas beklagt Verrohung im Bundestag: in dieser Legislaturperiode wurden 110 Ordnungsrufe verteilt, 72 davon an die AfD. Die Ermahnungen würden als ,Trophäen‘ betrachtet, kritisiert die Bundestagspräsidentin.“

    Es gebe Stimmen im Land, die behaupten, es gebe nicht wirklich Meinungsfreiheit, die im Artikel fünf des Grundgesetzes garantiert sei. Dort heiße es ausdrücklich „eine Zensur findet nicht statt“.

    Thomas Niehr erinnerte aber auch an den Absatz zwei dieses Paragrafen, in dem es heißt „diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre“. Er zog daraus das Fazit: „Was Rechte sich eigentlich wünschen, ist Beleidigungsfreiheit gegen ihre Feinde bei gleichzeitigem Welpenschutz für sich selbst. Der ist hiermit offiziell aufgehoben!“ (Jagoda Marinic im Politikmagazin Stern).

    Der damalige AfD-Vorsitzende von Sachsen-Anhalt, André Poggenburg, hatte im Februar 2018 bei einer Rede zum politischen Aschermittwoch gesagt „Diese Kümmelhändler, diese Kameltreiber sollen sich dorthin scheren, wo sie hingehören. Weit, weit, weit hinter den Bosporus zu ihren Lehmhütten und Vielweibern“ (so der Deutschlandfunk). Tags darauf machte er einen Rückzieher: „Eine direkte Beleidigung oder Herabsetzung anderer Nationalitäten liegt mir völlig fern.“

    Wenig glaubwürdige Entschuldigung

    Die Strategie sei klar: eine Äußerung sorge für öffentliche Empörung, dann komme eine wenig glaubwürdige Entschuldigung ohne echte inhaltliche Distanzierung. Es sei eher hilfreich, wenn Systempresse und Politik sich aufregten.

    In der langen Diskussion sagte Thomas Niehr: „Am Stammtisch darf man alles sagen und zitieren. Wenn Sie das in München auf dem Marienlatz vor 10.000 Leuten tun, können Sie ein Problem bekommen.“

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