Am Donnerstag hat die Vereinbarkeit von Politik und Familie bei Katharina Schulze nicht so gut geklappt. Die 40-jährige Fraktionschefin der Grünen wurde im Landtag zur Plenarsitzung erwartet, doch über Nacht wurde ihr älterer Sohn krank. „Solche Momente wie heute kennen alle Familien: ein Kind wird krank und das sorgfältig gesponnene Betreuungsnetz reißt,“ schrieb Schulze auf Anfrage unserer Redaktion. Dabei sei der Blickwinkel von Menschen, die sich um Kinder oder kranke Angehörige kümmern, wichtig. Schulze fordert deshalb schon lange, dass auch der Politikbetrieb familienfreundlicher werden muss. Damit ist sie nicht allein.
In Berlin macht sich Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CSU) für familienfreundlichere Arbeitsbedingungen im Parlament stark. Klöckner spricht sich gegen „überlange“ Plenarsitzungen und direkt aufeinanderfolgende Sitzungswochen aus. In einem Brief der Präsidentin heißt es: „Die teils sehr große räumliche Entfernung der Wahlkreise von Berlin stellt für Eltern mit Mandat und ihre Kinder ein sehr großes Problem – nicht selten eine Belastung – dar.“
Klöckner regt außerdem an, namentliche Abstimmungen nur mit Vorlauf zuzulassen und für Sachabstimmungen „Abstimmungsfenster“ einzuführen, in denen die Stimme abgegeben werden kann. Die Pflicht zur ständigen Anwesenheit sei für Eltern kleiner Kinder eine „erhebliche Herausforderung“.
Für Abgeordnete gibt es keine Elternzeit
Die bayerische Landtagspräsidentin Ilse Aigner verweist auf verfassungsrechtliche Grenzen. So können Abgeordnete, die ja persönlich gewählt sind, zwar dem Parlament fernbleiben. Sie können aber nicht ihr Mandat vorübergehend an andere übergeben und in Elternzeit gehen. Dennoch tue man einiges, sagt Aigner: „Seit Jahren setze ich mich aber für eine verbesserte Vereinbarkeit ein und habe zum Beispiel auch Babys im Plenum schon freundlich begrüßt. Neben Landtags-Kita und Kindergarten, Eltern-Kind-Raum und vielem anderem war das für die Mütter ein wichtiges Signal, wie sie mir immer wieder versichern.“ Aigner und Schulze werben zudem zusammen für die Aktion „Bavaria ruft“, die Frauen für die Kommunalpolitik gewinnen will.
In diese Richtung zielt auch ein Gesetzesentwurf der Landtags-Grünen. Dessen Kern ist die bundesweit erste Vertretungsregelung für Gemeinderätinnen nach österreichischem Vorbild. Ratsmitglieder, die aus familiären oder beruflichen Gründen vorübergehend verhindert sind, könnten dann Vertreter benennen, die für sie abstimmen. So könnte es gerade für Frauen attraktiver werden für Stadt- oder Gemeinderäte zu kandidieren. Es wird aller Voraussicht nach beim „könnte“ bleiben. CSU und Freie Wähler lehnen den Vorschlag ab.
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