Wer Bürgergeld bezieht, früher Hartz IV, hat in der Regel ohnehin nicht viel Geld. Deshalb übernimmt das Jobcenter die Kosten der Unterkunft. Im Klartext heißt das also die Miete und die Heizkosten.
Für die Empfängerinnen und Empfänger bedeutet das aber nicht, dass sie in einer teuren und großen Wohnung leben können. Der Bundesagentur für Arbeit zufolge werden die Kosten nur "in angemessener Höhe" übernommen. "Welche Kosten angemessen sind, erfahren Sie bei Ihrem Jobcenter", heißt es auf Seite der Arbeitsagentur weiter.
Bürgergeld: Kann eine Sozialwohnung zu teuer sein?
Einen klar abgesteckten Rahmen gibt es für die Kosten einer Unterkunft nicht. Hintergrund sind die unterschiedlichen Kosten je nach Wohnort. So gilt eine Miete in der Münchner Innenstadt vielleicht als angemessen, die in einem kleinen Ort auf dem Land die angemessene Höhe übersteigen würde.
Was aber angemessen ist, könnte sich nach einem Urteil aus Berlin ändern. Laut dem Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg kann eine staatlich geförderte Sozialwohnung nämlich nicht als unangemessen angesehen werden, auch wenn sie die vom Jobcenter als angemessen angesehenen Kosten übersteigt.
Muss das Jobcenter für Bürgergeld-Empfängerinnen und Empfänger also auch eine teurere Wohnung bezahlen?
Bürgergeld: Jobcenter hat im Fall aus Berlin nur einen Teil der Kosten übernommen
In Berlin hat Legal Tribune Online (LTO) zufolge eine alleinlebende Grundsicherungsempfängerin – erst Hartz IV und jetzt Bürgergeld – vor dem LSG geklagt, weil das Jobcenter von 2015 bis 2016 nur einen Teil ihrer Wohnungskosten übernommen hat. Statt der vollen 640 Euro wurden nur 480 Euro übernommen. Mehr hat das Jobcenter nicht für angemessen gehalten und hat sich damit auch an die Vorgaben der zuständigen Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales gehalten.
Bürgergeld: Wie wird die Grenze für eine angemessen teure Wohnung berechnet?
Abgeleitet wurde die Grenze für eine angemessene Miete in dem Fall aus Berlin aus den durchschnittlichen Mietkosten, die im Berliner Mietspiegel ausgewiesen werden. Laut LTO hält das LSG das für unzulässig, denn so würde nur der Durchschnitt der Mietkosten und nicht die "obere Grenze" ermittelt werden.
In Berlin kommt dem Gericht zufolge hinzu, dass in der Hauptstadt laut der Wohnraumstatistik der Senatsverwaltung aus 2019 76.000 Haushalte, darunter 33.000 Einzelhaushalte, Leistungen aus der Grundsicherung bezogen haben, ihre Mietkosten aber allesamt über der vom Jobcenter gesetzten Grenze für Angemessenheit lagen. Und: 2019 habe es eine massive Angebotslücke von 345.000 Wohnungen für Einpersonenhaushalte in Berlin gegeben.
Deshalb sieht das LSG die Orientierung am Mietspiegel zumindest für Berlin als ungeeignet an, "weil danach selbst viele Sozialwohnungen als unangemessen teuer angesehen werden müssten", zitiert LTO.
Urteil aus Berlin: Muss das Jobcenter die teurere Wohnung der Bürgergeld-Empfängerin bezahlen?
Nach Ansicht des LSG, ja. Weil die Wohnungskosten der Klägerin im Vergleich mit Sozialwohnungen in Berlin laut dem LSG noch angemessen war, hat das Gericht am 30. März 2023 entschieden, dass das Jobcenter die volle Miete übernehmen muss (Urt. v. 30.03.2023, Az. L 32 AS 1888/17).
Aber: Bislang ist das Urteil noch nicht rechtskräftig und befindet sich in der Revision des Bundessozialgerichts.
Ob Bürgergeld-Empfängerinnen und Empfänger künftig also auch die Kosten für eine unangemessen teure Wohnung vom Jobcenter erstattet bekommen können, bleibt abzuwarten.