Mehr Netto vom Brutto für Berufstätige – dafür will sich der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Dirk Wiese, einsetzen. In einem Interview mit dem Stern pochte der SPD-Politiker auf eine Reform der Einkommensteuer, die vorwiegend kleine und mittlere Gehälter entlasten soll.
Gehalt zu niedrig, Steuern zu hoch? SPD-Fraktionsgeschäftsführer fordert Steuerreform
„Eine Steuerreform in diesem Segment ist notwendig und auch gegenfinanzierbar“, sagte Wiese in dem am 17. August erschienenen Interview. Damit zielt er vor allem auf Menschen ab, die sich „zum Beispiel im Schichtbetrieb in der Chemie- oder Autoindustrie abrackern.“ Seine Idee: Der Spitzensteuersatz solle künftig erst bei noch höheren Einkommen greifen, während die unteren und mittleren Einkommensbereiche entlastet würden.
Aktuell liegt der Spitzensteuersatz in Deutschland bei 42 Prozent und greift laut der Vereinigten Lohnsteuerhilfe ab einem zu versteuernden Einkommen von 68.481 Euro pro Jahr. Ab 277.826 Euro gilt der sogenannte Reichensteuersatz von 45 Prozent. Genau an diesen Schwellen setzt die Kritik an: Viele Beschäftigte mit mittleren Gehältern rutschen durch Gehaltserhöhungen schneller in höhere Steuerzonen, obwohl sie sich selbst nicht als „reich“ empfinden.
Auch Kritiker verweisen seit Jahren auf den sogenannten „Mittelstandsbauch“ im Einkommensteuertarif – also den besonders steilen Anstieg des Grenzsteuersatzes bei kleinen und mittleren Einkommen. Für viele Beschäftigte bedeutet das, dass Lohnerhöhungen überproportional stark besteuert werden, während die Belastung bei höheren Einkommen flacher zunimmt. Institute wie das ifo-Institut fordern deshalb schon länger eine Abflachung dieser Progression.
SPD-Politiker fordert Steuerreform – droht neuer Koalitionsstreit?
Innerhalb der Regierungskoalition dürfte der Vorschlag auf Widerstand stoßen: Die Union lehnt jegliche Steuererhöhungen laut der dpa bislang kategorisch ab. Wiese verweist jedoch darauf, dass auch die CDU bei Themen, die ihr wichtig seien, auf Kompromisse poche. Er halte es zudem für notwendig, bei der Einkommensteuerreform zur Entlastung für kleine und mittlere Einkommen „zeitnah zu Ergebnissen“ zu kommen.
Allerdings: Zwar betont Wiese, er wolle kleine und mittlere Einkommen entlasten und „sehr hohe Einkommen“ stärker belasten – konkrete Zahlen oder Schwellenwerte nannte er in dem Interview allerdings nicht. Auch die Frage, wie die Reform „gegenfinanziert“ werden soll, bleibt unbeantwortet. Zudem hatte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) das Absenken der Einkommensteuer noch im April als „nicht fix“ und unter Finanzierungsvorbehalt gestellt. Dies berichtete unter anderem die Tagesschau.
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