Wer als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer krank wird, muss seine Arbeitsunfähigkeit unverzüglich dem Arbeitgeber mitteilen. Auch Aussagen zur voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit sind abzugeben, wie § 5 des Entgeltfortzahlungsgesetzes zu entnehmen ist. Dort heißt es auch: „Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage, hat der Arbeitnehmer eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer spätestens an dem darauffolgenden Arbeitstag vorzulegen.“
Die Arbeitgeber können aber auch in den ersten drei Tagen eine Krankschreibung verlangen. „Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung früher zu verlangen“, steht im Gesetzestext. Eine Ausnahme der Regelung, über die derzeit diskutiert wird. Der Verbandschef der Kassenärzte fordert nun sogar, dass eine ärztliche Krankschreibung generell erst ab dem vierten oder fünften Tag Pflicht sein sollte.
Kassenärzte-Chef fordert Krankschreibung erst ab viertem oder fünftem Tag
Kassenärzte-Chef Andreas Gassen hat sich für die Lockerung des Gesetzes zu Krankschreibungen, die offiziell Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) heißt, ausgesprochen. Als Grund dafür nennt er die Möglichkeit, das Gesundheitssystem zu entlasten. „Die gesetzliche Möglichkeit für Arbeitgeber, bereits in den ersten drei Tagen die Vorlage einer Krankschreibung zu verlangen, produziert abertausende Arztbesuche, die aus unserer Sicht nicht zwingend notwendig wären“, sagte Gassen dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
Gassen fordert, dass den Arbeitgebern dieses Recht entzogen wird. „Eine generelle Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erst ab dem vierten Tag hätte wieder mehr den Stellenwert eines wirklichen ärztlichen Attestes und nicht eines ‚Formvordrucks‘“, erklärte er – und schlug vor, die Frist von drei Tagen generell auf vier oder fünf Tage auszudehnen. Die Vorlage einer Krankschreibung wäre dann erst am fünften oder sechsten Tag notwendig. „Es geht uns um eine vom mündigen Arbeitnehmer beziehungsweise Arbeitnehmerin selbst verantwortete Karenzzeit“, sagte Gassen dem RND.
Der Kassenärzte-Chef führte aus, dass jährlich 116 Millionen Krankschreibungen ausgestellt werden. 35 Prozent von diesen würden über eine Gesamtdauer von drei Tagen laufen. Gassen rechnet vor, dass 1,4 Millionen Arbeitsstunden im Gesundheitssektor wegfallen würden, wenn die Krankschreibungen wegfallen würden. Eine Entlastung von 100 Millionen Euro sei realistisch.
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Arbeitgeber sind gegen Änderung bei Gesetz um Krankschreibung
Arbeitgeber zeigen sich von Gassens Vorstoß wenig begeistert. „Eine pauschale Verlängerung der Karenzzeit würde die Arbeitgeberseite zusätzlich belasten, ohne die strukturellen Probleme zu lösen“, erklärte Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Er glaubt, dass es eine stärkere Patientensteuerung brauche. Nur so könne das Gesundheitswesen „leistungsfähig, treffsicher und bezahlbar“ bleiben.
Laut der Tagesschau unterstützen Kampeter und viele andere Arbeitgeber Pläne von Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU). Sie möchte die Ausgaben im Gesundheitssektor gezielter senken. „Die Ärzteorganisationen sollten daran konstruktiv mitwirken und nicht durch Nebelkerzen die Debatte in die falsche Richtung lenken“, sagte Kampeter. Warken hat unter anderem vor, das Wachstum bei den Verwaltungsausgaben der Kassen zu begrenzen und das Loch von rund zwei Milliarden Euro in der Krankenversicherung zu stopfen. Die Budgets für Krankenhäuser sollen geringer steigen als bisher, wodurch bis zu 1,8 Milliarden Euro gespart werden sollen.
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