Die Steuererklärung gehört für viele Rentner längst zum jährlichen Pflichtprogramm. Kurz vor Ablauf der Abgabefrist für das Steuerjahr 2024 macht nun aber ein neuer Vorschlag der Deutschen Steuer-Gewerkschaft Hoffnung: Künftig soll die Einkommensteuer direkt bei der Rentenzahlung abgezogen werden. Millionen Rentner könnten dadurch von der Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung befreit werden. Doch wie realistisch ist eine solche Reform?
Steuererklärung für Rentner: Was ist geplant – und was bedeutet „realistisches Ziel 2026“?
Kurz vor Ablauf der Abgabefrist fordert die Deutsche Steuer-Gewerkschaft, dass Rentner künftig keine Steuererklärung mehr abgeben müssen – zumindest nicht verpflichtend. Stattdessen soll die Einkommensteuer direkt bei der Rentenzahlung durch die Rentenkasse einbehalten werden, ähnlich wie bei der Lohnsteuer von Arbeitnehmern. Dieses sogenannte Quellenabzugsverfahren würde die Pflicht zur Steuererklärung für Millionen Rentner überflüssig machen, wäre aber weiterhin freiwillig möglich – etwa wenn man Ausgaben steuerlich geltend machen möchte, heißt es in einem Bericht der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Florian Köbler, Chef der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, brachte diese Änderung in einem Gespräch mit der Funke Mediengruppe ins Spiel. Er hält eine Einführung dieses Verfahrens bis 2026 für realistisch – vorausgesetzt, die politische Umsetzung beginne zügig. Die Technik und Daten seien vorhanden, das Modell sei erprobt und funktioniere im Lohnsteuerverfahren bereits seit Jahrzehnten. „Wir fordern, dass das Steuerrecht einfacher wird – weniger Formulare, weniger Nachweise, mehr digitale Lösungen. Pauschalen statt Einzelabrechnungen, wo immer es geht. Das würde Millionen Menschen viel Zeit, Nerven und Geld sparen“, sagte Köbler.
Warum müssen viele Rentner heute überhaupt noch eine Steuererklärung abgeben?
Viele Rentner müssen heute eine Steuererklärung abgeben, weil ihre Rente – wie alle Alterseinkünfte – nach dem Prinzip der nachgelagerten Besteuerung behandelt wird. Das bedeutet: Renten werden nicht bereits beim Einzahlen versteuert, sondern erst beim Auszahlen im Alter. Eine Steuererklärung ist immer dann erforderlich, wenn das zu versteuernde Einkommen den jährlichen Grundfreibetrag übersteigt – 2025 liegt der Grundfreibetrag bei 12.096 Euro für Ledige und 24.192 Euro für Verheiratete. Zudem steigt der steuerpflichtige Anteil der Rente je nach Jahr des Rentenbeginns. Wer 2024 in Rente ging, musste beispielsweise 84 Prozent seiner Rente versteuern – nur der einmal festgelegte Rentenfreibetrag bleibt dauerhaft steuerfrei. Alle weiteren Einkünfte wie Mieteinnahmen, Kapitalerträge oder eine Betriebsrente erhöhen das steuerpflichtige Einkommen und können so zur Abgabepflicht führen, erklärt der Lohnsteuerhilfeverein „Vereinigte Lohntseuerhilfe e.V“.
Rente und Steuer: Wer könnte künftig von einer Neuregelung profitieren?
Von einer Neuregelung mit automatischem Steuerabzug würden vor allem Rentner profitieren, deren Einkommen nur knapp über dem Grundfreibetrag liegt und die keine großen Sonderausgaben oder Werbungskosten geltend machen. Sie müssten künftig keine Steuererklärung mehr abgeben und hätten dennoch steuerliche Klarheit und Planungssicherheit.
Auch die Finanzverwaltung würde deutlich entlastet: weniger Erklärungen, weniger Rückfragen, weniger Personalaufwand. Schätzungen zufolge könnten bis zu 4,4 Millionen Rentner durch das neue Verfahren von der Erklärungspflicht befreit werden – selbst bei gemischten Renteneinkünften oder Zuverdienst. Dies brachte t-online.de mit einer Anfrage in Erfahrung.
Welche Hürden gibt es noch bis zur Umsetzung und was sagen Experten oder Verbände zu den Plänen?
Auch wenn der Wunsch der Deutschen Steuer-Gewerkschaft klar formuliert ist, stehen der Umsetzung noch mehrere Hürden im Weg. Die Deutsche Rentenversicherung bremst die Erwartungen gegenüber t-online.de deutlich: Es gebe bislang weder einen Gesetzesentwurf noch konkrete politische Pläne, die Einführung einer Quellensteuer auf Renten umzusetzen. Ein zentrales Problem: Der Rentenkasse fehlen wesentliche steuerliche Informationen wie Steuerklasse, Familienstand oder individuelle Freibeträge – ohne diese kann ein genauer Steuerabzug nicht erfolgen. Diese Daten liegen ausschließlich bei der Finanzverwaltung.
Daher fordert die Deutsche Steuer-Gewerkschaft einen neuen Datentransfer zwischen Finanzämtern und Rententrägern – ähnlich dem Verfahren bei der Lohnsteuer. Die dafür nötige technische Infrastruktur sei laut Köbler längst vorhanden, ebenso die Datenbasis.
Doch nicht alle sind überzeugt vom vorgeschlagenen Modell. Der Bundesverband der Rentenberater warnt etwa ausdrücklich vor einer pauschalen Rentenabzugssteuer nach dem Vorbild der Kapitalertragsteuer. Diese sei verfassungsrechtlich heikel und widerspreche dem Prinzip der Besteuerung nach individueller Leistungsfähigkeit. Besonders für Menschen mit niedriger Rente und geringen steuerpflichtigen Einkünften wäre eine solche Pauschale ungerecht – sie müssten oft zu viel zahlen und trotzdem eine Steuererklärung abgeben, um sich Geld zurückzuholen, hieß es gegenüber t-online.de.
Stattdessen schlägt der Verband vor, die sogenannte doppelte kalte Progression abzuschaffen – also das Problem, dass der Rentenfreibetrag bei Rentenerhöhungen nicht angepasst wird. Dadurch geraten viele Rentner allmählich in die Steuerpflicht, obwohl ihre reale Kaufkraft nicht gestiegen ist.
Müssen Rentner 2025 noch eine Steuererklärung abgeben?
Für Rentner heißt das: Auch im Jahr 2025 muss weiterhin eine Steuererklärung abgeben werden – sofern das zu versteuernde Einkommen über dem Grundfreibetrag liegt. Für das Steuerjahr 2024, dessen Erklärung bis spätestens 31. Juli 2025 eingereicht werden muss (bei einer Steuerberatung: bis 30. April 2026), gelten dieselben Regeln wie bisher.
Eine automatische Besteuerung direkt über die Rentenkasse ist bislang nicht gesetzlich geregelt. Die Idee einer Quellensteuer befindet sich zwar in der Diskussion, konkrete Gesetze oder Umsetzungspläne gibt es jedoch noch nicht. Rentner sollten sich daher weiterhin auf das bisherige Verfahren einstellen – inklusive möglicher Nachzahlungen oder Rückerstattungen.
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