Von der Ostsee bis ans Mittelmeer im Zug: Europa lässt sich auch auf der Schiene erkunden. Aber während Reisende in Deutschland nicht zwingend eine Platzreservierung brauchen und auch eine Minute vor Abfahrt noch am Gleis ankommen können, ohne ihren Zug zu verpassen, müssen sie sich im Ausland auf Besonderheiten einstellen.
Was gibt es bei Ticketbuchung, Zug-Etikette oder auch beim Reisen mit Kindern zu beachten? Tipps für beliebte Reiseländer im Überblick.
FRANKREICH
In Frankreich heißt es vor allem: früh dran sein. Einerseits bei der Abfahrt, denn der Zugang zu TGV-, Intercité- und TER-Zügen ist laut der französischen Bahn SNCF nur bis zu zwei Minuten vor Abfahrt garantiert. Wer also auf die Minute pünktlich am Gleis erscheint, könnte vor verschlossenen Türen stehen. In großen Bahnhöfen gibt es Bahnsteigsperren mit einer automatischen Ticket-Kontrolle - hier kann es nicht schaden, zusätzliche Zeit einzuplanen.
Tickets buchen sollten Reisende frühzeitig, da an beliebten Tagen die Schnellzüge auf bestimmten Strecken komplett ausgebucht sein können und man auf einen anderen Tag ausweichen muss. Eine SNCF-Sprecherin empfiehlt, Tickets sofort nach Verkaufsstart zu reservieren. Dies kann bis zu neun Monate im Voraus sein. Einen Sitzplatz bekommt man bei der Buchung direkt zugewiesen.
Bei der französischen Bahn müssen Gepäckstücke immer mit einem Namensschild des Besitzers oder der Besitzerin versehen sein. «Tragen Sie einfach Ihren Namen, Vornamen, Ihre Postanschrift, eine Telefonnummer und/oder eine E-Mail-Adresse ein», heißt es von der SNCF. Die Kennzeichnung dient auch der Sicherheit, weil zurückgelassene Koffer ohne Etikett als Bedrohung wahrgenommen werden.
Während der Fahrt geht es in französischen Zügen grundsätzlich leiser zu als in deutschen. Auch Kinder werden von ihren Erziehungsberechtigten häufig zur Ruhe ermahnt. Für Telefonate werden Fahrgäste auf den Gang gebeten.
SPANIEN
In Spanien gibt es das zweitgrößte Netz an Hochgeschwindigkeitszügen weltweit. Nur China hat noch mehr superschnelle Züge. Die gut 500 Kilometer lange Fahrt von Barcelona nach Madrid dauert nur zwei Stunden und 44 Minuten.
Es gibt vier große Anbieter: das staatliche spanische Bahnunternehmen Renfe, deren Billigableger Avlo, das französische Unternehmen Ouigo und das italienische Iryo.
Die Züge in Spanien sind wesentlich pünktlicher als in Deutschland, sehr sauber, bequem und auch vergleichsweise ruhig. Telefonieren ist erlaubt, aber dezent, das Verspeisen mitgebrachter Sandwiches und Snacks auch. Die Toleranz gegenüber Kindern ist erfreulich groß. Wer aber auf unbedingte Ruhe Wert legt, sollte lieber einen Platz in einem «Coche de Silencio y la Lectura» (Ruhe- und Lesewagen) buchen.
Die meisten Züge haben eine Cafeteria, die kleine Gerichte anbietet. In einigen kann man auch online zusammen mit dem Ticket ein Menü am Platz buchen.
Fahrkarten können an Schaltern oder im Internet gekauft und dabei auch die obligatorische Platzreservierung vorgenommen werden. Grundsätzlich gilt wie in Frankreich: so früh wie möglich buchen.
ITALIEN
Wer in Italien zum ersten Mal mit dem Zug fährt, erlebt eine Überraschung: Die Tickets sind oft erstaunlich günstig. Und die Züge sind relativ pünktlich.
Das Angebot reicht von Regionalbahnen bis zu Schnellzügen von Trenitalia («le Frecce» - die Pfeile) oder Italo. So kostet etwa eine Fahrt von Florenz nach Siena gut zehn Euro und dauert anderthalb Stunden. Die Preise schwanken je nach Auslastung und Tageszeit, daher lohnt es sich, im Voraus zu buchen.
Die Fahrkarten lassen sich online via Website, per App oder am Automaten kaufen. Wer flexibel bleiben will, wählt Tickets mit Umbuchungsoption. Generell gibt es die Karten in mehreren Komfortstufen: von Standard bis Executive, oft mit Sitzplatz und Extras wie kostenloser Rückerstattung.
Telefonieren ist erlaubt, und Italiener reden gern laut und lebhaft. Kinder sind willkommen; nicht selten sorgen sogar Mitreisende für die Unterhaltung. Wer lieber Ruhe hat, bucht einen Platz in der «Area Silenzio».
Essen am Platz ist normal, von der Pasta-Box aus dem Bordrestaurant (nicht in Regionalzügen) bis zum selbst mitgebrachten Panino, den typischen italienischen Sandwiches. Ein Glas Wein dazu ist auch möglich, aber wer - besonders als Tourist - in Italien betrunken wirkt, macht keine «bella figura».
Strikte Begrenzungen bei Koffern gibt es in italienischen Zügen nicht, aber von Fahrgästen wird erwartet, dass sie ihr Gepäck selbst transportieren können. Fahrräder sind vor allem in Regionalzügen willkommen, oft gegen einen Aufpreis, in Fernzügen geht das nur mit Reservierung.
SKANDINAVIEN
Bei Fernreisen in Skandinavien ist es üblich, dass die Sitzplatzreservierung bei der Buchung kostenlos dabei ist. In Schweden zum Beispiel macht dies das Zugfahren entspannter, weil man nicht kontrolliert wird, wenn man auf seinem reservierten Platz sitzt. Der Nachteil: Wenn alle Plätze vergeben sind, kann der Zug nicht mehr gebucht werden.
Wer mit seinen Kindern durch Schweden reist, sollte beim Bahnanbieter SJ nach Familienangeboten Ausschau halten, die bei frühzeitigem Buchen satte Ersparnisse ermöglichen. Und wer gerne über Nacht fährt und günstiger Richtung Norden kommen will, für den ist das Unternehmen Snälltåget unter anderem ab Hamburg oder Berlin eine Alternative.
In dänischen Zügen der DSB sollte man sich vorab mit Proviant eindecken, weil es an Bord höchstens Snacks am Automaten oder von einer Service-Mitarbeiterin gibt. In schwedischen Zügen dagegen gibt es meist ein einladendes Bordbistro. Generell sind die Skandinavier beim Bahnfahren entspannter als die Deutschen.
Gut zu wissen: Auf der Bahnstrecke zwischen Hamburg und Kopenhagen kommt es seit geraumer Zeit immer wieder zu Verspätungen. Das liegt unter anderem an den Grenzkontrollen zwischen den Ländern - gerade Richtung Dänemark kann es sein, dass man am Grenzort Padborg länger warten muss.
POLEN
Bei der polnischen Eisenbahn PKP kann man die Tickets grundsätzlich frühestens 30 Tage vor Reisebeginn buchen. Das geht am besten online - und wer früh bucht, bekommt die besten Preise.
Während der Zugfahrt sollte man beachten, dass die Polen Diskretion und Höflichkeit schätzen und zu laute Gespräche oder Anrufe nicht mögen. In der Regel darf aber telefoniert werden, wobei höfliche Polen dies meist nicht im Abteil tun, sondern auf dem Flur.
Am Platz darf man alles essen, es gibt auch per App die Möglichkeit, sich Essen aus dem Speisewagen an den Platz bringen zu lassen. Speisewagen gibt es in vielen Zügen. Ein Besuch dort lohnt sich, weil das Essen gut ist und für deutsche Verhältnisse bezahlbar.
Gepäckbegrenzungen gibt es in Polen nicht. Fahrradplätze sind allerdings rar und dauernd ausgebucht. Wer beispielsweise von Warschau nach Danzig will, um den Ostseeradweg zu fahren, muss pro Schnellzug um vier Radplätze kämpfen. Fahrradtouristen legen sich daher 30 Tage vorher auf die Lauer, um zuzuschlagen, sobald die Tickets in den Verkauf gehen.





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