Es gibt Sätze, die treffen mitten ins Herz. Weil sie so einfach und gleichzeitig so tiefgründig sind. Einer dieser Sätze begleitet mich schon lange und ich sehe ihn auch immer wieder auf Kalenderblättchen, Kärtchen und freue mich, wenn ich ihn lesen darf:
„Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“
Der US-amerikanische Theologe Reinhold Niebuhr soll diesen Satz in den 1930er-Jahren formuliert haben, mitten in einer Zeit gesellschaftlicher und politischer Umbrüche. Und auch heute, fast 100 Jahre später, ist er aktueller denn je.
Denn manchmal, so scheint es, ist die Welt aus den Fugen geraten: Kriege und Krisen bestimmen die Nachrichten. Der Klimawandel zeigt sich auch bei uns in den Haßbergen immer deutlicher, die Hitzeperioden, Wassermangel, Extremwetter. Die politische Stimmung ist vielerorts angespannt. Und auch im privaten Leben stehen viele vor Herausforderungen: Krankheit, Pflege, Unsicherheit im Job oder der Druck, immer alles im Griff haben zu müssen.
Trotz all dem hilft es nicht, den Kopf in den Sand zu stecken. Aber auch nicht, sich in Aktionismus oder Ohnmacht zu verlieren. Niebuhrs Gebet lädt ein zur Unterscheidung:
Was liegt in meiner Hand, und was nicht?
Wo kann ich aktiv etwas verändern, und wo bin ich herausgefordert, etwas auszuhalten und anzunehmen?
Gelassenheit - nicht gleichgültig, sondern frei.
Gelassenheit bedeutet nicht, dass mir alles egal ist. Sondern, dass ich loslassen kann, was nicht in meiner Macht liegt, ohne Schuldgefühle, ohne ständiges Grübeln. In einer Welt, in der wir ständig Kontrolle ausüben wollen, ist das fast revolutionär: Ich darf auch einmal sagen, das liegt nicht an mir. Und das ist okay.
Mut - der Anfang jeder Veränderung.
Gleichzeitig ruft uns das Gebet dazu auf, mutig zu sein. Nicht wegzuschauen, wenn Unrecht geschieht. Nicht zu schweigen, wenn wir gefragt sind. Nicht alles beim Alten zu lassen, wenn es Zeit für Neues ist, ob im Großen oder im Kleinen. Der Mut, Dinge zu ändern, beginnt oft im Alltag: ein klärendes Gespräch führen. Für Andere einstehen. Nachhaltiger leben. Verzeihen. Eben Verantwortung übernehmen.
Weisheit – eine himmlische Gabe. Und dann braucht es noch die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden. Was banal klingt, ist oft die größte Herausforderung. Denn beides, das Loslassen und das Verändern, kann unbequem sein. Und beides kann sich manchmal gleich richtig oder gleich falsch anfühlen. Deshalb brauchen wir diese Weisheit, die oft leise spricht. Die nicht in Schwarz und Weiß denkt. Die manchmal im Gebet wächst, im Gespräch, in der Stille.
Für mich ist dieses Gebet immer wieder eine Einladung. Und vielleicht kann es auch für Sie gerade in diesen Tagen ein guter Begleiter sein. Vielleicht können wir es einmal bewusst sprechen, nicht nur aus Gewohnheit, sondern mit offenem Herzen. In der Hoffnung, dass wir mit diesen drei Sätzen im Gepäck gut durch diese Zeit gehen und gemeinsam etwas bewegen.
„Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“
Der Autor: Lukas Lunk ist Pastoralreferent im Pastoralen Raum Haßberge West.
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