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ALTENKUNSTADT: Als Heiner beim Pfadenhauer das Schifferklavier spielte

ALTENKUNSTADT

Als Heiner beim Pfadenhauer das Schifferklavier spielte

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    Eine sehr kleine Gastwirtschaft betrieb Fritz Beuschel. Wohnzimmer-Atmosphäre war im „Burgbräustübl“ angesagt. Die Aufnahme entstand um 1960.
    Eine sehr kleine Gastwirtschaft betrieb Fritz Beuschel. Wohnzimmer-Atmosphäre war im „Burgbräustübl“ angesagt. Die Aufnahme entstand um 1960. Foto: Andreas Motschmann

    Sie sind selten geworden, die urig-gemütlichen Wirtshäuser am Obermain, wo der neue Gast zum Gruß auf jeden Tisch klopft und der Stammtisch sich montags trifft. Ein weiterer Beitrag über die Wirtshaustradition in Altenkunstadt.

    Fünf Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg wurden elf Gastwirtschaften in einem Rundschreiben des Landratsamtes Lichtenfels zum Vollzug der Polizeiverordnung über Getränkeanlagen in der Gemeinde Altenkunstadt aufgeführt. Neben den acht Gestwirtschaften Barbara Heinkelmann, Georg Müller, Max Krauß, Heinrich Kerling, Max Raßhofer, Hans Müller, Rosa Schramm und Geschwister Leikeim wurden eine Bierwirtschaft von Georg Pfadenhauer, zwei Cafes mit Konditorei von Heinz Jahn und Heinrich Kerling genannt. Wenn wir die Flaschenbierhandlungen hinzuzählen, so waren dies auf ihrem Höhepunkt in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts genau 30 „Alkoholquellen.“

    Heftige Proteste 1958 nach Antrag zur Lockerung der „Stillen Tage“

    Beliebt waren die Faschingsveranstaltungen der Wirtshäuser und Vereine. So finden sich 1951 in einer Liste der Gemeinde Altenkunstadt 26 angemeldete Termine für ein Faschingsvergnügen, oft mit dem Vermerk: „mit Schallplatte.“

    Heftige Proteste löste 1958 ein Antrag von Heinz Jahn zur Lockerung der „Stillen Tage“ in der Fastenzeit aus. Der Gemeinderat genehmigte diese mit Ausnahme von Aschermittwoch, Palmsonntag, Gründonnerstag, Karfreitag und Karsamstag. Sofort protestierten das katholische Casino, der katholische Frauenbund und der Ortspfarrer. Im November 1958 wurde die Entscheidung zurückgenommen. Erst drei Jahre später wurde ein erneuter Antrag von Heinz Jahn genehmigt. Anträge der Gastwirtschaften auf Lockerung der Sperrstunde sorgten im Gemeinderat ebenso für Zündstoff. 1960 wurde beschlossen: Sperrstunde an Sonn- und Feiertagen um ein Uhr, an Kirchweihsamstag und –sonntag um zwei Uhr und an Silvester und Neujahr um drei Uhr.

    Kinderfasching beim Zeulner und Weihnachtsspiel im Müller-Saal

    Viele erinnern sich an die legendären Kinderfaschingsfeiern vor 50 Jahren in der Gastwirtschaft Zeulner. Es ging eng zu auf der steilen Treppe zum kleinen Saal. Lautes Pistolenknallen der Cowboys war zu hören, verängstigte Prinzessinnen waren zu sehen.

    Für viele Kinder war der Besuch beim „Preußla“ der Geschwister Müller der erste Wirtshausbesuch. Allerdings, es ging nicht in die Gaststube, sondern die Treppe hinauf in den großen Müller-Saal. Dort führte Schwester Celerine mit ihren Kindergartenkindern Jahr für Jahr das Weihnachtsspiel auf.

    Viele traditionelle und vor allem kleine Gastwirtschaften sind seit Jahrzehnten verschwunden. Wer erinnert sich noch an das kleine Wirtshaus von Fritz Beuschel, das „Burgbräustübl“ im Fronleichnamsweg? Da war Wohnzimmer-Atmosphäre angesagt. Nicht weit entfernt gab es ab 1950 in der Rechtsanwalt-Krauß-Straße die Getränkefirma Spörlein/Löbling mit Probierstüberl.

    Zu „Tief im Frankenwald“ wurde an allen Tischen geschunkelt

    Wer kann sich an das Wirtshaus Sünkel erinnern? Ein weiteres Wirtshaus mit Metzgerei war der Pfadenhauer. Wenn dort der Heiner mit dem Schifferklavier aufspielte, sangen alle Gäste mit. Heinrich Dorsch, Landwirt und Messner, hatte nie das Spielen mit Noten gelernt; er hatte es sich selbst beigebracht. Bei „Tief im Frankenwald“ wurde an allen Tischen geschunkelt. Man vergaß die Zeit, bei der Heimkehr konnte sich der Mann auf ein „Donnerwetter“, eine Gardinenpredigt oder gar ein Nudelholz einstellen.

    Eröffnung der Konditorei Hans Jahn am Marktplatz im Jahre 1906; heute ist hier das Traditionshotel „Gondel“.
    Eröffnung der Konditorei Hans Jahn am Marktplatz im Jahre 1906; heute ist hier das Traditionshotel „Gondel“. Foto: Andreas Motschmann

    Ein weiteres Wirtshaus mit Metzgerei am Marktplatz war beim Kerling. Dort fand am Dreikönigstag der Tauben- und Geflügelmarkt statt, ein Muss für Kleintierzüchter der Umgebung. Der Autor kann sich gut daran erinnern: den ganzen Tag Gegacker und Gegurre. Immer wieder wurde er von seiner Mutter geschickt, ob der Vater nicht endlich nach Hause komme. Aber der wollte bis zum Schluss die Verlosung abwarten. Einmal haben wir tatsächlich einen Hahn gewonnen.

    In vielen Wirtshäusern wurde Tag für Tag Schafkopf gespielt. Es wurde laut, wenn schwere Arbeiter- und Bauerfäuste die Karten auf den Tisch knallten. Wenn einer zur Toilette gehen musste, sprang der Wirt kurzfristig als „Brunzkartler“ ein. Höhepunkt war Jahr für Jahr der Preisschafkopf. Fußballbegeisterte Gäste hatten auch Grund, ins Wirtshaus zu gehen: Dort stand oft der erste Fernseher. Außerdem war der gemeinsame Torschrei ein anderer als der zuhause.

    Geblieben sind im 21. Jahrhundert die Gaststätten „Zum Preußla“ aus dem Jahr 1914, und die heute noch bestehende Gastwirtschaft „Zur Sternschnuppe“, die 1877 eröffnet worden ist. Ebenso das Traditionshotel „Gondel“ am Marktplatz, das 1906 als Konditorei von Hans Jahn eröffnet wurde. Neue kamen hinzu und brachten Veränderung in das kulturelle Landleben; das Ristorante „Bei Gino“, griechische und chinesische Restaurants. Weit über die Grenzen des Ortes ist seit Jahren die Kultkneipe „Nepomuk“ bekannt.

    „„Besse es Gäld nein Wäddshaus gedroung, als wi nei di Abodäing.“

    Volksweisheit

    Heute erinnert das „Wäddshaussinga“ an die Wirtshaustradition. Bei fast 20 Veranstaltungen in der Gemeinde hat die Gruppe „Fränkischer Wind“ an alte Zeiten erinnert. Der Frankenwald wird besungen; „frisch und rein weht die Luft“ durch die Räumlichkeiten. Das „Görchla“ und „Hans bleib do“ dürfen nicht fehlen. Wenn dazu geschunkelt wird, erinnern sich die Älteren an den Heiner mit seinem Schifferklavier im Pfadenhauer. So bleiben für viele Einwohner des Ortes die Erinnerungen an eine reichhaltige Vielfalt der Altenkunstadter Wirtshäuser.

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