„Bitte nicht krank werden“, lautete die Schlagzeile in den Pfingstferien vor einem Jahr, als für den gesamten östlichen Landkreis mit rund 17 000 Einwohnern nur noch zwei Hausärzte zur Verfügung standen. Zurzeit ist es wieder so: Die Hausärztin Dr. Birgit Hufenbeck-Liebich in Burgkunstadt und ihr Weismainer Kollege Christopher Kirsten leisten Dienst, während alle anderen Allgemeinärzte in Urlaub sind und auf ihre Praxen als Vertretung verweisen. In Altenkunstadt haben beide Hausarzt-Praxen geschlossen und da in Redwitz und Hochstadt auch Mediziner Urlaub machen, ist der Andrang groß.
„Es herrscht kein Notstand, nur der normale Wahnsinn“, schildert der Facharzt für Allgemeinmedizin Christoph Kirsten die Situation. Es sei alljährlich das gleich Spiel, seit er die Praxis in Weismain betreibt: Ohne Absprache schließen die Kollegen in den Ferien und verweisen auf ihn als Vertretung. In Weismain sorge er in Abstimmung mit der Praxis von Dr. Müller dafür, dass die ärztliche Versorgung aufrecht erhalten bleibe. Vergeblich seien er und Dr. Hufenbeck-Liebich auf die Kollegen in Altenkunstadt und Burgkunstadt zugegangen, um die Ferienzeiten aufeinander abzustimmen, damit nicht zwei Kollegen die Last alleine tragen müssen.
„Dass Ärztehäuser mit Gemeinschaftspraxen, in denen fünf Kollegen tätig sind, komplett geschlossen werden, verstehe ich nicht.“
Christopher Kirsten, Facharzt für Allgemeinmedizin
„Ich habe noch nie einen Patienten weggeschickt, wenn er Hilfe gebraucht hat“, betont der Facharzt für Allgemeinmedizin. So leiste er zurzeit trotz Erkältung und Fieber Dienst. Wie wichtig die wohnortnahe Versorgung ist, zeigte sich wieder am Mittwoch, als er zwei Herzinfarkt-Patienten behandeln musste. Zusammen mit zwei Notärzten und vier Rettungssanitätern kämpfte er eine Stunde lang, um das Leben der Kranken, bis sie soweit stabilisiert waren, um ins Klinikum gebracht zu werden. Danach galt es, sich um die regulären Patienten zu kümmern und nachmittags folgten Hausbesuche in den Altenheimen.
„Dass Ärztehäuser mit Gemeinschaftspraxen, in denen fünf Kollegen tätig sind, komplett geschlossen werden, verstehe ich nicht“, wundert sich Christopher Kirsten. Diese Haltung könne er nicht mit Verantwortungsgefühl für die Patienten und dem Versorgungsauftrag in Einklang bringen. Sie zeige auch, dass der Trend zu medizinischen Versorgungszentren den niedergelassenen Hausarzt nicht ersetzen könne. Auch eine Anordnung der Kassenärztlichen Vereinigung würde wohl nichts helfen.
Die einzige Lösung wäre eine Abstimmung der Patienten mit den Füßen: Nicht nur in Urlaubszeiten zu den Medizinern zu kommen, die immer für sie da seien, sondern grundsätzlich. Kein Verständnis hat Kirsten auch dafür, dass sich junge Kollegen nicht auf dem Land ansiedeln wollen: Arbeit gebe es genug. Allerdings hätte die Politik eine Möglichkeit, junge Landärzte zu fördern: „Man müsste sie nur anständig bezahlen und die Gängelei durch die Bürokratie eindämmen“.
Ähnlich sieht es seine Kollegin Dr. Birgit Hufenbeck-Liebich. Wegen des Patientenandrangs hatte sie keine Zeit für ein Gespräch, verwies jedoch auf ihre Aussagen vom vorigen Jahr: „Es hat sich nichts geändert, die Kollegen sprechen sich einfach nicht ab“. Auf eine Mittagspause müssen sie und ihre Mitarbeiterinnen zurzeit angesichts ihrer vollen Praxis verzichten.
„Das ist nicht zufriedenstellend“, kommentiert Bürgermeisterin Christine Frieß die Situation. Gerade ältere und behinderte Menschen seien auf eine ortsnahe Hausarztversorgung angewiesen. Sie habe mehrfach mit Ärzten gesprochen und sei damit beschieden worden, dass diese lediglich ihren Urlaub melden und eine Vertretung in der Region angeben müssen. Auch den Bemühungen der Stadt um zusätzliche Ärzte seien Grenzen gesetzt: Laut Kassenärztlicher Vereinigung sei die Versorgung im Zulassungsbezirk ausreichend und neue Mediziner könnten sich im östlichen Landkreis erst dann ansiedeln, wenn ein anderer seine Zulassung abgebe.
Altenkunstadt: zwei Praxen geschlossen
„Das ist nicht optimal, gerade in Altenkunstadt sollten die Ärzte sich absprechen“, meint auch Bürgermeister Robert Hümmer. Da die Praxis von Dr. Bender mit der Ärztin Dorpagma Badam wieder besetzt ist und die beiden Internisten und Allgemeinmediziner Daneshwar und Winter in Röhrig eine neue Praxis eröffnet haben, sei Altenkunstadt für die nächsten Jahre gut aufgestellt, so dass sich die Gemeinde nicht eigens um Neuansiedlungen bemühe.