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WEISMAIN: Stempel oft wertvoller als die Marke

WEISMAIN

Stempel oft wertvoller als die Marke

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    Sammler: Thomas Kolb aus Schweinfurt gab beim CHW einen Einblick in Post- und Wirtschaftsgeschichte Weismains anhand postalischer Belege.
    Sammler: Thomas Kolb aus Schweinfurt gab beim CHW einen Einblick in Post- und Wirtschaftsgeschichte Weismains anhand postalischer Belege. Foto: Kati Huber

    Postkarten oder Briefmarken zu sammeln ist nichts Ungewöhnliches. Das sind Hobbys, die viele erfreuen. Dass einer aber an den sogenannten Absenderfreistempeln interessiert ist, das ist eher außergewöhnlich. Umschläge mit jenen Stempeln – meist rechts oben – landen bei den meisten im Papierkorb. „Das ist schade, denn diese können, wenn näher betrachtet, viel erzählen und einen hervorragenden Einblick in die Heimat- und Postgeschichte geben“, sagt Thomas Kolb. Seit über 30 Jahren sammelt der Schweinfurter postalische Belege. Rund drei Millionen davon hat er zusammengetragen. Darunter auch Exemplare aus Weismain und Umgebung. Auf Einladung der CHW-Bezirksgruppe Weismain präsentierte er im Hotel „Alte Post“ einen Auszug seiner Sammlung und zeigte, was die Absenderfreistempel über die regionale Post- und Wirtschaftsgeschichte erzählen.

    Stempel erinnern an Wurstfabrik Kraus

    „Was vor 1900 geschehen ist, kann oft gut belegt werden. Schwieriger wird es mit Nachweisen aus neuer Zeit“, erklärt der Referent. In dieser schnelllebigen Zeit verändere sich vieles oft rapide. Firmen würden übernommen oder geschlossen. „Umso wichtiger ist es, die Chance jetzt noch zu nutzen, um Wissen zu dokumentieren.“ Ein Beispiel dafür sei die Wurstfabrik Kraus. „Die war groß und bekannt, einer der größten Fleischlieferanten der Wehrmacht.“ Im Internet sei allerdings wenig über die Firma zu finden. „Hier besteht die Chance, neben Zeitzeugen-Befragung über postalische Belege Heimatforschung zu betreiben.“

    Das sei über die Inhalte der Briefe möglich, aber auch über die Absenderfreistempel. So werden maschinelle Stempel bezeichnet, die innerhalb kurzer Zeit Briefe mit dem Freistempelvermerk versehen. Hauptsächlich von Firmen und Behörden verwendet, haben sie einen „Entgelt-bezahlt-Vermerk“, der die Gebühren für die Postsendung nachweist. Eines unterscheide sich aber von herkömmlichen Postfreistempeln. Sie geben nicht nur Ort oder Land und Wertrahmen an. Sie können Werbung aufweisen, das macht sie besonders interessant.

    So erzählt der Poststempel der Wurstfabrik Kraus, die vor dem Zweiten Weltkrieg die einzige örtliche Firma mit einer Stempelmaschine war, dass diese in den 1960-er Jahren ihr 100-jähriges Bestehen feierte. Auch die Entwicklung der Firma Dechant ist an den Stempeln nachzuvollziehen: Von der OHG zur Dechant Bau GmbH über Dechant Bau Weismain mit Fertigteilwerk Horb hin zum heutigen Unternehmen DHIB. „Ein Beispiel der besonderen grafischen Darstellung kommt zwar nicht aus der Region, zeigt aber die schöne Präsentation des Stempels“, erklärt der Referent am Beispiel der Stadt Nürnberg, die mit einem Bild des Eisbären „Flocke“ wirbt.

    „Die Entwicklung der Freistempler geht in Deutschland 1924/25 richtig los.“ Zu Beginn gab es nur rund 26 dieser Automaten, im Lauf der Jahre hat die Freimachung mit Frankiermaschinen in vielen Unternehmen und Behörden mit täglichem großen Postaufkommen die Nutzung von Briefmarken fast ganz ersetzt. Sie beschleunigen und vereinfachen das Frankieren, sind zeitsparend und effizient. Schließlich sei es bei einer hohen Zahl an Briefsendungen umständlich, jede Briefmarke aus dem Bogen zu trennen und aufzukleben.

    „Die Stempelfarbe rot war über Jahrzehnte hinweg üblich, zur Jahrtausendwende ist man zur blauen Stempelfarbe übergegangen, weil sie besser lesbar ist. Interessant ist auch, dass die Stempelmaschinen weltweit gleich sind und die Stempel somit gleich aussehen.“ Seit der Einführung sind die Maschinen nicht erneuert worden, nur verändert. So mussten zwar nach dem Weltkrieg die Hakenkreuze aus den Wertrahmenstempeln herausgekratzt werden. Später sei Deutsche Post in Deutsche Bundespost geändert worden. Die Automaten aber wurden weiter verwendet. „Am Umbau der Maschinen lässt sich eine weitere Entwicklung in der Postgeschichte erkennen: Seit 1944 wurde die Gebietspostleitzahl 13a verwenden, 1963 ist diese durch die Einführung der Orts-Postleitzahlen ersetzt worden.“

    „Aus dem Kleinziegenfelder Tal sind wegen des Tourismus häufiger Karten zu finden.“

    Thomas Kolb, Sammler postalischer Belege

    Briefmarken gibt es seit 1849. Sie wurden entwertet, wo die Sendung aufgegeben wurde. „Es ist interessant zu sehen, in welchen kleineren Orten sich Poststellen belegen lassen.“ So gab es auf den Jurahöhen längst vergessene Aufgabestellen in Arnstein, Fesselsdorf, Kleinziegenfeld und der Weihersmühle, zu denen Thomas Kolb Karten gesammelt hat. „Aus dem Kleinziegenfelder Tal sind wegen des Tourismus häufiger Karten zu finden.“ Allerdings durften die Briefmarken in jenen sogenannten „Poststellen 2“ nicht entwertet werden. Die Sendungen erhielten einen Ortsstempel zur Dokumentation, der Poststempel wurde im übergeordneten Postamt angebracht.

    Manchmal sei es bei postalischen Belegen so, dass die Marken wert- und belanglos sind, und auch der Stempel der Sendung erst einmal zweitrangig ist. Der Inhalt der Karte hingegen erinnere an längst Vergessenes. „Sicher weiß kaum einer mehr, dass es 1961 in Weismain noch zweistellige Telefonnummern gab“, meint der Referent und belegt dies an einer Karte der ehemaligen Firma Färberei Wündisch.

    Ältere und auch mehr Freistempler gebe es in Burgkunstadt. Dazu zähle die Firma Baur, die bereits in der Vorkriegszeit auf einen Automaten zählte. „Hier lässt sich in den Freistemplern die Firmengeschichte vom Schuhgeschäft über die Erweiterung in den 1950-ern mit Kleidung hin zum großen Versandhandel verfolgen und zudem sehen, dass Baur einst auch Reisen angeboten hat.“

    Auch lustig-tragische Zeitgeschichte kann Thomas Kolb mit seiner Sammlung belegen. Ein Telegramm aus dem Dezember 1989, aufgegeben in der ehemaligen DDR, zeigt, dass damals noch nicht jeder dort Telefon oder Auto hatte. So schreibt ein Mann seinem Freund im rund 20 Kilometer entfernten Nachbarort: „Kaninchen nicht schlachten. Können nicht kommen.“

    Näheres zu dem Thema und ein Einblick in die Weismainer Postgeschichte gibt's unter historisches-weismain.jimdo.com . Außerdem die Kontaktdaten des Referenten für Interessierte, die zur Zeitgeschichte postalisches Material (Briefumschläge, Karten) zur Verfügung stellen wollen.

    Beim nächsten Vortrag der CHW-Bezirksgruppe am Freitag, 22. April, um 19 Uhr im Hotel „Alte Post“ wird Professor Günter Dippold über „Weismain und das Bier“ referieren.

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