Der Hexakopter hebt ab. Konzentriert bedient Drohnenpilot Mario Gröger die Fernsteuerung, denn Windböen sorgen für schwierige Flugbedingungen. „Die Drohne fliegt zwar autonom, doch Start und Landung machen wir immer von Hand“, sagt Gröger.
Um neue Technologien in der Landwirtschaft ging es bei der Vorführung auf dem Betrieb von Rudi Steuer in Hainzendorf. Mehr als 100 Landwirte nahmen teil und beobachteten unter anderem die Drohne beim Flugeinsatz.
Sobald sie etwa zehn Meter über dem Maisfeld schwebt, beginnt sie selbstständig ihre Bahnen zu ziehen, möglich machen das GPS und die Computer-Software Mission Planer. Die Ladekapsel der Drohne ist zwar heute leer, doch Fritz Hube, Geschäftsführer beim Maschinenring Schwäbisch Hall, schildert die Methode. Normalerweise wirft der Hexakopter automatisch alle zehn Meter einen Teil seiner Ladung ab. Die besteht aus zahlreichen kleinen Papierkugeln. Darin verborgen ist eine Art biologische Waffe. Im Inneren der Kugeln befinden sich nämlich Insekteneier, genauer gesagt, die Eier einer besonderen Schlupfwespen-Gattung namens Trichogramma. Bereits kurze Zeit nach dem Abwerfen schlüpfen die Nützlinge und beginnen mit ihrer Mission.
„Mit der Klimaerwärmung breitet sich der Maiszünsler nach Norden aus.“
„Trichogramma parasitiert die Eier des Maiszünslers indem sie ihre eigenen Eier hinein legt“, erklärt Hube. Für Menschen oder andere Tiere bestehe absolut kein Risiko. Die Schlupfwespen werden etwa 0,2 Millimeter groß, mit bloßem Auge sind sie kaum zu erkennen. Ihre Lebensspanne beträgt nur wenige Tage. Diese biologische Art der Maiszünslerbekämpfung ist in Süddeutschland bereits seit vielen Jahren etabliert. „Das ist besser als die chemische Keule“, sagt Hube.
„Mit der Klimaerwärmung breitet sich der Maiszünsler nach Norden aus“, sagt Holger Heymann, Geschäftsführer beim Maschinenring Coburg/Kronach/Lichtenfels. Er habe bereits von Schäden aus verschiedenen Landkreisteilen gehört, die bisher nicht als Zünslerregion bekannt waren. „Der Maiszünsler wird hier künftig zu einem größeren Problem werden“, so Heymann.
Bisher wurden die Trichogramma-Eier verpackt in Kärtchen per Hand an die Maispflanzen gehängt. Die kleinen Schlupfwespen haben einen Wirkungsradius von lediglich zehn Metern, sie einfach neben dem Feld zu platzieren würde nichts bringen. Der Abwurf aus der Luft erleichtert die Arbeit, die Methode gibt es erst seit etwa vier Jahren. Ein Mechatroniker hat die Drohne eigens für den landwirtschaftlichen Gebrauch angefertigt. „Sie ist leicht, schnell und zuverlässig“, sagt Hube. Das Wetter jedoch spiele eine wichtige Rolle, bei starken Windböen drifte sie ab, bei Regen sei sie gar nicht einsetzbar. Zum einen weil die Elektronik empfindlich ist, zum anderen, weil die Löcher in den Papierkügelchen zuschwemmen und die Schlupfwespen nicht heraus können. Alles in allem komme die moderne Technik aber bei den Landwirten sehr gut an, versichert Hube.
Schneller Einsatz nötig
Zweimal fliegt die Drohne über das Feld, pro Hektar wirft sie 100 Papierkugeln ab, insgesamt 100 000 Schlupfwespeneier. „Die Schädlingsbekämpfung ist nur Anfang bis Mitte August möglich. Sobald die Raupen geschlüpft sind, kann man nichts mehr machen", erklärt Hube. Den Startbefehl geben die jeweiligen Ämter für Ernährung Landwirtschaft und Forsten (AELF). Hauke Petersen vom Coburger AELF erklärt: „Sobald die ersten Falter in besondere Lichtfallen tappen, können wir die Hauptflugzeit und damit den besten Bekämpfungszeitpunkt berechnen.“ Die hiesige Lichtfalle stehe in Ebensfeld, an der wärmsten Stelle des Landkreises. Landwirte können sich auf der AELF-Website über die Flugzeit des Maiszünslers informieren (www.lfl.bayern.de/ips/warndienst).
„Wer Interesse hat, seine Felder befliegen zu lassen, sollte das rechtzeitig anmelden", empfiehlt Hube, am besten schon Monate im Voraus. In dieser Saison seien er und seine Piloten mit fünf Drohnen in ganz Bayern unterwegs gewesen, das Zeitfenster je Region sei nur wenige Tage offen. Daher muss alles genau geplant werden. Die Flugroute berechnet der Pilot im Voraus, meist bekommt der Landwirt etwa einen Tag vor der Befliegung Bescheid.
Befliegung anmelden
Eine Befliegung anmelden können Landwirte telefonisch beim Maschinenring Coburg/Kronach/Lichtenfels unter Tel. (09574) 63330. Die Kosten liegen bei 74 Euro pro Hektar. In Baden-Württemberg gibt es bereits staatliche Förderung, in Bayern derzeit noch nicht.
Die Drohnen-Technologie war nicht die einzige Neuerung, die auf Rudi Steuers Hof vorgestellt wurde. Es ging auch um Injektionsverfahren zur Gülleausbringung. Hauke Petersen vom Coburger AELF sagt: „Wir wollen über künftige rechtliche Grundlagen informieren.“ Denn die Düngerverordnung ändert sich. Derzeit muss der geruchsintensive Naturdünger spätestens vier Stunden nach dem Ausbringen in den Boden eingearbeitet werden. Bis zum Jahr 2020 ist die breitstrahlende Technik noch erlaubt, danach müssen Gülle sowie Gärreste aus Biogasanlagen via Injektionsverfahren sofort im Boden verschwinden. „Die Technologie dafür ist schon vorhanden“, sagt Petersen.
Informationen zum Maiszünsler Der Maiszünsler ist ein nachtaktiver Schmetterling, der im Frühjahr aus seiner Puppe schlüpft. Die Weibchen legen ihre Eier auf der Unterseite von Maisblättern ab. Den Schaden richten die Raupen an. Sie fressen sich durch den Stängel, die Pflanze knickt ab und wird unerreichbar für den Mähdrescher. Neben diesen Mengenverlusten, beschreibt Fritz Hube noch ein anderes Problem: „Verletzte Pflanzen werden an den Fraßstellen von Pilzen befallen. Diese bilden sogenannte Mycotoxine, Giftstoffe, die zu einem großen Problem bei der Futtererzeugung werden.“ Vor allem Zuchtsauen würden davon unfruchtbar oder erlitten Fehlgeburten. Das erste optische Zeichen für einen Befall mit Maiszünsler-Raupen ist der abgeknickte Blütenstand der Maispflanze. Hube rät den Landwirten, jetzt zu beobachten, ob Schaden entstanden ist und falls nötig, die Bekämpfung für das kommende Jahr zu anzumelden. Die Raupen überwintern in den Stängeln der Maispflanzen, deshalb ist Mulchen wichtig.