Die Känguru-Jagd in den Mainwiesen ist Polizeihauptkommissar Peter Schardt noch lebhaft in Erinnerung. Ein Anwohner hatte das in Kronach ausgebüchste Tier bei Theisau gesichtet und die Polizeiwache Altenkunstadt alarmiert. Mit einem eilends von einem Tennisplatz besorgten Netz setzten der Polizeibeamte und einige hilfsbereite Bürger aus Theisau und Kirchlein dem Känguru nach. Kaum hatte es die Verfolger bemerkt, hüpfte es mit großen Sprüngen davon. „Da war nichts zu machen“, schmunzelt Schardt. Wochen später wurde es schließlich weit entfernt eingefangen.
Bis auf diesen Fall und so manchen Internet-Betrüger ist Peter Schardt mit seiner Aufklärungsquote recht zufrieden. Fast acht Jahre lang hat er die Polizeiwache im Altenkunstadter Rathaus betreut. Für die Bürger war er der „Altenkuschter Sheriff“. In den verdienten Ruhestand wird er am 25. Juni verabschiedet. Die Dienstwaffe und die Uniform hat er allerdings schon Anfang des Monats abgegeben und die restlichen Urlaubstage abgefeiert.
„Wenn ich den Betroffenen erkläre, dass sie die Nachbarn durch ihr Verhalten stören, dann verstehen sie es meist und ändern ihr Verhalten.“
Peter Schardt, Polizeihauptkommissar
Trotz etwas wehmütiger Gefühle freut sich Peter Schardt auf den Ruhestand. Vermissen wird er den Kontakt zu den Bürgern, denn die Entscheidung, sich 2011 um den Posten in der Polizeiwache zu bewerben, hat der Strössendorfer nie bereut. „Es war viel Arbeit, aber ich konnte mir die Zeit einteilen und selbstständig arbeiten“, berichtete er.
Wenn er sich morgens in der Polizeiinspektion in Lichtenfels zum Dienst meldete, lagen dort meist schon einige Ermittlungsfälle in seinem Fach. Die bearbeitete er vormittags, bevor er seine Streifenfahrt durch Altenkunstadt, Burgkunstadt und Weismain antrat. Gefragt war Schardt nicht nur bei Verkehrsunfälle, Nachbarschaftsstreitigkeiten oder Ladendiebstählen. Wichtig sind den Bürgern auch die Sprechstunden, die Schardt am Montag- und Donnerstagnachmittag abhielt. „Gerade für ältere Bürger, die nicht so mobil sind, ist eine Polizeiwache vor Ort eine wichtige Anlaufstelle“, weiß er. Außerdem kennen ihn die Bürger als Kontaktbeamten, und da fällt der Gang auf die Wache nicht ganz so schwer wie in einer großen Inspektion mit vielen Beamten. Umgekehrt erleichtert es auch die Ermittlungsarbeit, wenn der Kontaktbeamte die Bürger in seinem Bereich kennt.
„Als Dorf-Sheriff habe ich einen anderen Zugang zu den Bürgern als mancher der Kollegen aus Lichtenfels“, weiß Schardt. Da gelingt es schon mal, einen Streit durch gutes Zureden zu schlichten. Er verstehe sich als „Freund und Helfer“ und versuche, mit den Leuten zu reden, bevor er eine Anzeige aufnehme. Das verringere den bürokratischen Aufwand und fördere das Verständnis der Bürger für manche Vorschrift. Etwa bei der Auseinandersetzung um das Parken von Lastwagen in engen Wohngebietsstraßen. „Wenn ich denen einen Zettel an die Windschutzscheibe hänge, ärgern sie sich, aber wenn ich ihnen erkläre, dass sie die Nachbarn durch ihr Verhalten stören, dann verstehen sie es meist und ändern ihr Verhalten“, erklärt Peter Schardt.
Dramatische Minuten bei der Wiederbelebung eines Rentners
Dramatische Minuten erlebte Schardt bei der Wiederbelebung eines Rentners in Weismain, den er gemeinsam mit einer Ärztin durch Mund-zu-Mund-Beatmung und Herzmassage so lange stabilisierte, bis der Rettungswagen eintraf. So weit er wisse, erfreue sich der Mann wieder bester Gesundheit, berichtet der Hauptkommissar mit dankbarem Lächeln. Groß war die Aufregung, als eine Tierfreundin zur Selbstjustiz griff und die Behälter eines Altkleidersammlers im Wald entsorgte, weil sie vermutete, dass dieser für das Verschwinden von Katzen verantwortlich sein könnte (wir haben berichtet). Sogar Fernsehsender rissen sich damals um Interviews mit Peter Schardt.
Während ihm in vielen Fällen seine Kontakte zu den Bürgern geholfen haben, kam er bei Internet-Betrügern damit nicht so weit. Als er seinen Dienst in Altenkunstadt antrat, bekam er einmal im Monat eine Anzeige wegen Internet-Kriminalität auf den Tisch, inzwischen jeden zweiten Tag. Und weil sich die Täter immer besser tarnen, falle es immer schwerer, ihnen auf die Spur zu kommen. Auch an seinem letzten Arbeitstag erstattete ein Bürger kurz vor Dienstschluss noch eine Anzeige gegen einen digitalen Bauernfänger. Die Ermittlungen wird Schardt allerdings nicht mehr übernehmen.
Geändert habe sich auch die Einstellung vieler Bürger gegenüber der Polizei: „Früher war ein Polizeibeamter eine Respektsperson, heute hagelt es bei Einsätzen oft Beleidigungen.“ Oder die Betroffenen protestieren mit Dienstaufsichtsbeschwerden gegen das Vorgehen der Beamten. Dennoch hat Peter Schardt es nie bereut, sich für den Beruf des Polizeibeamten entschieden zu haben.
Als Schardt, der in Schney aufgewachsen ist, sich 1977 für den Staatsdienst entschied, waren die Lehrstellen in der Region dünn gesät. Als leidenschaftlichen Ringer, der in der Jugend beim AC Lichtenfels trainierte, sprach ihn auch das Sportangebot bei der Polizei an. Neben Erfolgen auf bayerischer Ebene belegte er bei der deutschen Polizeimeisterschaft zweimal den fünften und einmal den sechsten Platz.
Zu Beginn seiner Laufbahn leistete Schardt Dienst bei der Bereitschaftspolizei in Würzburg, anschließend in Nürnberg-Mitte. Bei Einsätzen im Rotlichtbezirk ging es öfter hart zur Sache, wobei er auch mal ein blaues Auge und Schürfwunden davontrug. Ein mulmiges Gefühl hatte er bei den Terrorfahndungen gegen die Rote-Armee-Fraktion in den 1980-er Jahen, als bei Verkehrskontrollen Maschinenpistole und schusssichere Weste zur Standardausrüstung gehörten. Nach Stationen im Coburger Einsatzzug kam er schließlich nach Lichtenfels, bevor er sich 2011 für die Polizeiwache in Altenkunstadt bewarb.
Bonsai-Zucht, Motorrad-Touren und Angeln als Hobbys
Zwischenzeitlich hatten Peter Schardt und seine Frau ein Haus in Strössendorf gebaut. Renovierungsarbeiten werden denn auch dafür sorgen, dass ihm die Zeit im Ruhestand nicht zu lange wird. Außerdem freut sich Schardt darauf, mehr Zeit für seine große Leidenschaft, die Bonsai-Zucht, zu haben. Rund 60 der kleinen Naturkunstwerke hat der Vorsitzende der Bonsai-Freunde Altenkunstadt herangezogen und damit bei Ausstellungen schon viel Beifall erhalten. Außerdem hat er seinen Angelschein verlängert und freut sich auf Motorrad-Touren mit seiner Frau.