Es war das letzte Weihnachtsfest für Pfarrer Heinz Geyer und seine Frau Angelika in Burgkunstadt. Die Weihnachtsgottesdienste in der Christuskirche hat er noch mit der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde gefeiert. An diesem Sonntag, 29. Dezember, um 14 Uhr wird er in den Ruhestand verabschiedet. Nach 17 Jahren falle ihm der Abschied schwer, doch mit Vollendung des 66. Lebensjahrs ende die Amtszeit evangelischer Pfarrer, sagt er im Gespräch mit dem Obermain-Tagblatt.
„Auch von unserem neuen und alten Wohnort Kulmbach aus werde ich ein liebevolles Auge auf Burgkunstadt haben“, versichert er. „Ich habe viele Menschen ins Herz geschlossen, Freundschaften geknüpft und liebe Weggefährten gewonnen.“ Diese Kontakte wolle er weiter pflegen.
Generationen verbinden
Den Dialog zwischen den Generationen zu vertiefen, hatte sich Heinz Geyer bei seinem Amtsantritt im September 2007 vorgenommen. Und das ist ihm dank des Engagements der Kirchengemeinde, unter anderem in der Kinderbetreuung, gelungen. Gab es bei seinem Amtsantritt drei Kindergartengruppen und eine Krippengruppe in Planung mit sieben Mitarbeiterinnen, sind es inzwischen sieben Kindergartengruppen und drei Krippengruppen, die von 30 Mitarbeitenden betreut werden. Die Nachfrage ist so groß, dass neben der Kirche Container aufgestellt und im Pfarrhaus eine Krippengruppe untergebracht wurde.
Dadurch, dass die Kleinen, ihre Erzieherinnen und deren Eltern auch bei Gottesdiensten und Festen mitwirken, sind Jung und Alt zusammengewachsen. Sogar ein Musical für drei Generationen haben sie aufgeführt.
Eine Erfolgsgeschichte ist auch die Flüchtlingsarbeit der Kirchengemeinde, die Angelika Geyer 2015 ins Leben gerufen und seitdem konsequent ausgebaut hat. Das begann mit einem Gespräch im Rathaus darüber, wie Geflüchteten geholfen werden könne, und der Suche nach ehrenamtlichen Helfern. Inzwischen ist das Café Dialog im evangelischen Gemeindehaus ein fester Anlaufpunkt für Geflüchtete aus der ganzen Region geworden, ergänzt durch regelmäßige Beratungsstunden der Diakonie.
Gelungene Integration
Die Integration trägt Früchte: Zu Beginn der Corona-Pandemie haben die Geflüchteten mehr als 10.000 Schutzmasken für Bürger genäht, und inzwischen hat sich eine Helfergruppe gebildet, die Burgkunstadtern bei Alltagsproblemen wie etwa der Gartenarbeit hilft. Diese gelebte Willkommenskultur hat sogar die Regierung von Oberfranken mit dem Integrationspreis ausgezeichnet.
„Die Kirchengemeinde geht mit und unterstützt es“, freut sich Pfarrer Geyer. Sogar als er und seine Frau von Abschiebung bedrohten Asylbewerbern Kirchenasyl boten, stimmte der Kirchenvorstand zu, beim ersten Mal zwar nur mit knapper Mehrheit, doch später gab's nur noch eine Gegenstimme. Und bis auf einen kritischen Facebook-Post habe er keinen Gegenwind gespürt.
„Die überaus vielfältige musikalische Arbeit in der Kirchengemeinde ist ein großer Schatz“, schwärmt der Pfarrer. Nicht nur bei Gottesdiensten, sondern auch bei Festen oder Konzerten strahle das Können der Musikgruppen und Chöre weit über die Kirchengemeinde hinaus aus und verbinde die Generationen. Zu verdanken sei dies dem Engagement der qualifizierten Chorleiter Dr. Frieder Flierl, der inzwischen von seiner Tochter Katharina abgelöst wurde, Susi Schliefer und Thomas Meyer sowie den begeistert Mitwirkenden.
Dieser Zusammenhalt habe die Gemeinde auch während der Pandemie getragen. „Um der Gemeinde zu zeigen, die Kirche ist nicht weggetaucht, haben wir Online-Gottesdienste angeboten, die Thomas Meyer produziert hat“, berichtet der Pfarrer. Bewegende Rückmeldungen habe er von Gläubigen erfahren, etwa von einer sterbenskranken Frau, die sich gefreut habe, wenigstens online noch einmal dabei sein zu dürfen.
Musik und eine Bühnenrolle
Ein Höhepunkt seiner Amtszeit sei auch der Besuch im Partnerdekanat in Tansania mit dem Chor QuerBet gewesen, bei dem er erlebt habe, wie Menschen unter schwersten Bedingungen ihren Glauben freudig leben. Und sogar einen Theaterauftritt auf der Naturbühne in Trebgast wagte der Pfarrer zum Reformationsjubiläum 2017, als er in die Rolle von Luthers Beichtvater Staupitz schlüpfte.
„Gerne hätte ich noch die Weihe der neuen Glocken der Christuskirche erlebt“, räumt er ein. Und seine Idee, Abendgottesdienste anzubieten, sei nicht so gut angenommen worden. Auch die Ökumene sei ausbaufähig, nachdem sich der engagierte Ökumenekreis wegen anderer Prioritäten der polnischen Patres aufgelöst hatte. Doch dank der Aufgeschlossenheit der neuen katholischen Geistlichen bewege sich wieder einiges. Erfreulich auch der fruchtbare Austausch mit der Altenkunstadter Kirchengemeinde.

„Es macht mich traurig, wenn sich Gemeindeglieder verabschieden, ohne etwas zu sagen“, berichtet er von schweren Momenten im Leben eines Pfarrers. Seien es in den ersten Jahren seiner Amtszeit noch mehr Kircheneintritte und als Austritte gewesen, so steige auch in Burgkunstadt die Zahl der Gläubigen, die sich abwenden. Allerdings sei deren Zahl immer noch vergleichsweise niedrig – vermutlich dank des guten Zusammenhalts in der Kirchengemeinde. Ein Patentrezept dagegen hat er allerdings nicht, zumal oft die Kirchensteuer der Grund sei.
„Die Kirche muss nahe bei den Menschen sein“, ist seine Devise, um Zweifler zu überzeugen. Ob mehr Engagement in gesellschaftlichen Debatten da helfe, bezweifle er. Zumindest habe die Burgkunstadter Kirchengemeinde immer Stellung bezogen – sei es in der Flüchtlingshilfe oder mit einer Mahnwache gegen eine Kundgebung der AfD auf dem Marktplatz.
Erschüttert ist Pfarrer Geyer über Missbrauchsfälle durch Geistliche wie jüngst in Schwarzach. Dagegen gehe die Kirche durch Transparenz und Konsequenzen, wie die Freistellung vom Dienst und Anzeigen, vor. Außerdem werde zurzeit ein Schutzkonzept zur Vorbeugung gegen sexualisierte Gewalt in allen Kirchengemeinden erarbeitet.
Mehr Zeit für die Enkel
Doch darum wird sich sein Nachfolger kümmern müssen. Angelika und Heinz Geyer sind mitten in den Umzugsvorbereitungen. Die neue Wohnung in Kulmbach ist weitgehend eingerichtet, doch die Eheleute müssen vieles aussortieren, da sie künftig nur noch drei statt der elf Zimmer des Pfarrhauses zur Verfügung haben werden.
Während seine Frau weiterhin die Flüchtlingsarbeit in Burgkunstadt organisieren wird, freut sich Heinz Geyer darauf, im Ruhestand mehr Zeit zum Wandern und Lesen zu haben. Die drei Töchter, die beiden Enkelkinder und seine Geschwister will er öfter besuchen. Auch die Seelsorge wird er nicht ganz aufgeben: Eine Anfrage für Gottesdienste in einem Kulmbacher Altenheim hat ihn schon erreicht.