Schon länger war es ein offenes Geheimnis, dass Zweiter Bürgermeister Matthias Müller Interesse am Amt des Weismainer Bürgermeisters hat. Dennoch war es eine Überraschung, als er jüngst bei der CSU Jura-West verkündete, er werde von der GUB/Freie Wähler wieder zur CSU wechseln und wolle 2026 kandidieren. Obwohl beide Parteien und die Stadtratsfraktionen rechtzeitig informiert waren, hat die Rückkehr Müllers zu seiner alten politischen Heimat offenbar Wunden gerissen. Das wurde im Stadtrats deutlich, als die wegen seines Wechsel erforderliche Neubesetzung der Ausschüsse fast zu einem Eklat geführt hätte. Daher hat ihn das Obermain-Tagblatt zu den Hintergründen befragt.
„Nach dieser Sitzung saßen wir nicht im Schützenhaus beim Bier beieinander“, räumt Matthias Müller ein. Der Grund für den Parteiwechsel liege nicht in politischen Unstimmigkeiten, sondern in der Chance, bei der nächsten Kommunalwahl 2026 als Bürgermeisterkandidat anzutreten. Das wäre bei der GUB nicht möglich, die mit Michael Zapf bereits den Verwaltungschef stellt. Als ihn seine früheren Parteifreunde von der CSU vor einigen Wochen gefragt hätten, ob er sich vorstellen könne, für das Spitzenamt zu kandidieren, habe er nicht lange überlegen müssen und zugesagt. Auch seine Frau und der Sohn unterstützen ihn dabei.
„Wir müssen die Projekte, die wir angefangen haben, schneller zu Ende bringen – da fehlt mir die Entschiedenheit.“
Matthias Müller, Zweiter Bürgermeister

„Wichtig ist mir, dass durch den Wechsel kein politischer Streit entsteht“, betont er. „Ich bin ein harmonieliebender Mensch.“ In der Kommunalpolitik gehe es um die gemeinsamen Bemühungen für die Zukunft der Stadt und die Bürger, so dass sich Parteipolitik eigentlich erübrige. Die CSU sei nun einmal seine politische Heimat, wie er immer wieder festgestellt habe. Daher seien auch nur die Freien Wähler als Alternative in Frage gekommen, meint er auf die Frage, ob denn ein weiterer Parteiwechsel ausgeschlossen sei. Gleichzeitig betont er, dass die Zusammenarbeit mit den Fraktionskollegen der GUB harmonisch und konstruktiv gewesen sei.
Vor der Kommunalwahl 2020 sei er nicht wegen der Parteipolitik aus der CSU ausgetreten, sondern wegen Meinungsverschiedenheiten mit dem früheren Bürgermeister Udo Dauer. Sein Fraktionskollegen Jürgen Dietz sei deswegen sogar noch weitergegangen und habe nicht erneut kandidiert.
Die vielen Kontakte und der Zuspruch, den er in den vergangenen drei Jahren bei zahlreichen Terminen als Vertreter des Verwaltungschef wahrgenommen hat, hätten sein Interesse an einer Kandidatur geweckt. Zudem bringe er 15 Jahre Verwaltungserfahrung mit, da er im Weismainer Rathaus in der Kasse, im Einwohnermelde- und Ordnungsamt tätig war, bevor er zu einem Hersteller von Melktechnik in den Außendienst wechselte. Auch die Gespräche mit den drei Weismainer CSU-Ortsverbänden bestärkten ihn in der Entscheidung. Die endgültige Entscheidung über die Kandidatur werde die CSU im Herbst treffen.
„Wir müssen die Projekte, die wir angefangen haben, schneller zu Ende bringen – da fehlt mir die Entschiedenheit“, sagt Müller auf die Frage, was er anders machen würde als der Amtsinhaber. „Es ist viel versprochen worden, aber wenig geschehen.“ Auch wenn die Stadt kein Geld habe, könnte man einiges bewegen, wenn man sich nur entschieden genug dafür einsetze und am Ball bleibe. „Noch nie wurden im Stadtrat so viele Tagesordnungspunkte vertagt und nicht wieder aufgegriffen“, kritisiert Matthias Müller.
Mehr Tempo beim Kanalbau
So verstehe er nicht, dass beim Kanalbau nicht mehr Tempo gemacht werde, um möglichst viel Förderung über die RZWas zu erhalten. Bei den Leitungssanierungen in der Altstadt, die für die nächsten beiden Jahre geplant sind, werde die Deckelungsgrenze nicht ausgeschöpft: „Bei Wasserleitungen könnten wir 500.000 Euro mehr verbauen.“ Der Kauf der ehemaligen Brauerei Obendorfer als Filetstück sei zwar sinnvoll, doch müsste das Gelände schneller an einen Investor verkauft werden.
Bei der Rathaussanierung hätte, seiner Meinung nach, sobald die Verdoppelung der Baukosten absehbar war, versucht werden müssen, in Berlin zu verhandeln, ob das Projekt abgespeckt werden könne, ohne die Förderung zu gefährden. „Den Neubau anstelle des Apothekerhauses bräuchten wir nicht“, betont er. Im Rathaus sei genug Platz für den Sitzungssaal, Fremdenverkehrsbüro, Bücherei und Museum und die Büros der Verwaltung könnten auch im Kastenhof bleiben, für den die Stadt ohnehin jährlich 40.000 Euro Unterhalt zahle.

Seit Jahren sei weder im Weismainer Gewerbegebiet noch in Buckendorfer eine Ansiedlung erfolgt, obwohl es immer wieder Anfragen von Firmen gebe. Würde die Stadt mit den Grundbesitzern über die Zusammenlegung von Flächen verhandeln, wäre das attraktiv. Sinnvoll wäre eine stückweise Erschließung etwa über die Anbindung vom Netto-Markt zum Feuerwehrhaus. Aus den Ankündigungen für einen weiteren Einkaufsmarkt sei nichts geworden und bei der Dorferneuerung tue sich nichts.
Beim maroden Bauhof wäre zu überlegen, ob ein Neubau am Feuerwehrhaus wie in Pegnitz über die beantragte Stabilisierungshilfe möglich wäre. Dann könnte das Grundstück in bester Lage von einem Investor genutzt werden. Und beim Nahwärmekonzept für die Altstadt habe sich seit zwei Jahren nichts getan. Dabei seien die Voraussetzungen etwa durch Nutzung der Abwärme der Püls-Bräu gut.
Wo will ich in sechs Jahren sein?
„Mir fehlt das Ziel: Wo will ich nach sechs Jahren mit der Stadt hin, wie soll sie sich entwickeln?“, kritisiert Müller. Es gehe darum, das gesamte Stadtgebiet „lebens- und liebenswert zu machen, indem die Infrastruktur verbessert wird.“
Wichtig ist Matthias Müller auch die Verbesserung der städtischen Einnahmen etwa über die Genehmigung weiterer Photovoltaikanlagen. Damit der Jura nicht zugepflastert werde, sollte der Stadtrat in der Bewertungsmatrix zur Bewertung der Anlagen eine Höchstgrenze für das gesamte Stadtgebiet und für jede Gemarkung festschreiben, regt er an.
Zurückhaltender ist er bei der Windkraft, weil auf dem Jura die bereits die meisten Windräder im Landkreis stehen. Um zu verhindern, dass Weismain weitere Vorrangflächen aufgedrückt werden, spricht er sich dafür aus, die Möglichkeit zu schaffen, vorhandene Windparks zu erweitern. Bei Großziegenfeld hätte die Stadt dafür sogar eigene Grundstücke.
Infoabende für die Bürger
Um die Bürger mit ins Boot zu holen, sollten vor der Beratung im Stadtrat Informationsabende vor Ort abgehalten werden, um die Haltung der Menschen zu erfragen. Außerdem wäre es sinnvoll, wieder jährliche Ortsversammlungen in allen Stadtteilen abzuhalten, um mit den Bürgern ins Gespräch zu kommen. „Wenn man sich mit den Leuten unterhält, kann man viel bewegen und findet auch bei gegensätzlichen Ansichten zu 99 Prozent eine Lösung.“
Matthias Müller Der 52-Jährige Weismainer ist verheirat und hat einen Sohn. Nach 15 Jahren in der Weismainer Stadtverwaltung arbeitet er als Außendienstmitarbeiter bei einem Unternehmen für Melktechnik. Als Kreisbrandmeister engagiert er sich bei der Freiwilligen Feuerwehr. Seine Leidenschaft ist das Motorradfahren, so plant er im Juli eine Tour an den Gardasee.