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ALTENKUNSTADT: Einst sechs Wirtshäuser auf dem Altenkunstadter Marktplatz

ALTENKUNSTADT

Einst sechs Wirtshäuser auf dem Altenkunstadter Marktplatz

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    Die noch heute bestehende Gastwirtschaft „Zur Sternschnuppe“ besitzt seit 1877 eine Betriebserlaubnis. Die Aufnahme stammt aus dem Jahr 1914.
    Die noch heute bestehende Gastwirtschaft „Zur Sternschnuppe“ besitzt seit 1877 eine Betriebserlaubnis. Die Aufnahme stammt aus dem Jahr 1914. Foto: Andreas Motschmann

    Sie sind selten geworden, die urig-gemütlichen Wirtshäuser am Obermain, wo der Gast zum Gruß auf jeden Tisch klopft und der Stammtisch sich jeden Montag trifft. Nur wenige halten der Wirtshauskultur ihrer Väter die Treue. Den Gastwirten setzt zusätzlich zum schon Jahre andauernden Überlebenskampf die Corona-Pandemie zu. Das Obermain-Tagblatt hat in der Vergangenheit von der Wirtshaustradition berichtet. Heute steht nach Marktzeuln eine weitere im Mittelpunkt: Altenkunstadt mit seinen einst unzähligen Wirtshäusern.

    Von der „Wädda“ den „Kopf gewaschen“

    Nicht nur der Wirt, auch die Wirtin, in unserer Mundart: „Wädda“, war eine Autoritätsperson. Da wurde schon mal dem einen oder anderen Stammgast der „Kopf gewaschen“ und er wurde rechtzeitig zu seiner Familie nach Hause geschickt. Die „Wädda“ beherrschte mit Charme und einem Hauch Widerborstigkeit selbst schwierige Zecher. Die Atmosphäre in den Wirtshäusern war einmalig: An Holztischen mit abgesessenen, speckig glänzenden Stühlen und Bänken wurden Neuigkeiten ausgetauscht. Der Lehrer hockte neben dem Bauern und der Lehrling neben seinem Meister. Schwere Arbeiter- und Bauerfäuste droschen beim Schafkopfen die Karten auf den Tisch, so dass der wellige Dielenfußboden zitterte. Gleichzeitig warf man seine Meinung zum Fußball und zu den Beschlüssen des Gemeinderates in die Runde.

    Früher besuchten die Mannsbilder am Marktplatz eines der sechs Wirtshäuser.
    Früher besuchten die Mannsbilder am Marktplatz eines der sechs Wirtshäuser. Foto: Andreas Motschmann

    Älteste Erlaubnis einer Schankwirtschaft von 1835

    Von den ältesten Wirtshäusern in Oberfranken wissen wir wenig. Im Bauernkriegsjahr 1525 marschierten die Lichtenfelser nach Hochstadt und steckten das Wirtshaus in Brand. Eines der stattlichsten Wirtshäuser Frankens ließ dort 1605 der Langheimer Abt Johann Bückling an dessen Stelle errichten. 1900 erwarb der Distrikt Lichtenfels das Anwesen und richtete darin ein Krankenhaus ein. Seit 1976 befindet sich im ehemaligen Wirtshaus die Bezirksklinik. Das älteste Gasthaus im Frankenwald ist mit 400 Jahren die „Adelskammer“ in Carlsgrün.

    Bei einem Blick in die Geschichte der Altenkunstadter Wirtshäuser findet sich ein Nachweis in einem Verzeichnis der Gemeinde aus dem Jahr 1879 zu den acht vorhandenen Gast- und Schankwirtshäusern. Die älteste Konzession von 1835 hatte im Haus Nummer 3 die Schankwirtschaft von Georg Heinkelmann, heutige Adresse: Marktplatz 1 (Pfadenhauer). Acht Jahre später folgte im Haus Nummer 84 die von Karl Weiß, heutige Adresse: Marktplatz 8 (Metzgerei Kerling). Adam Bauernschmidt eröffnete 1858 im Haus Nummer 82 seine Schankwirtschaft, heutige Adresse: Rechtsanwalt-Krauß-Straße 1.

    Der Gasthof Mainbrücke um 1900.
    Der Gasthof Mainbrücke um 1900. Foto: Andreas Motschmann

    Dann kam 1869 die Gastwirtschaft von Georg Kraus im Haus Nummer 5 hinzu, heutige Adresse: Marktplatz 5. Vier Jahre später folgte im Haus Nummer 8b die von Johann Leikeim, heutige Adresse: Langheimer Straße 3. Gleich zwei bekamen die Erlaubnis 1877; einmal Andreas Kraus aus dem Haus Nummer 83, heute: Marktplatz 10 und Andreas Schnupp im Haus Nummer 34a, heute: Langheimer Straße 10. Deren Gastwirtschaft besteht noch unter dem Namen „Zur Sternschnuppe.“ 1879 bekam die Gastwirtschaft im Haus Nummer 37 von Konrad Münch, heute: Theodor-Heuss-Straße 1 („Preußla“) ihre Konzession.

    Gastwirtschaft „Zur Sternschnuppe“ besteht seit 1877

    Zwischen Gastwirtschaft und Bierausschank wurde unterschieden: In beiden durfte nur Bier ausgeschenkt werden. Das Verbot von Branntweinverkauf in Gastwirtschaften wurde erst in den späten 1920-er Jahren gelockert. So gab es neben den Wirtshäusern vor allem in Geschäften mit Kolonialwaren die Möglichkeit, Branntwein zu verkaufen. In einer Liste von 1931 sind folgende Geschäfte aufgelistet: Hans Leikeim (Bäckerei und Colonialwaren), heutige Adresse: Rechtsanwalt-Krauß-Straße 9; Kunigunde Leicht (Kolonialwaren), heute: Mainbrücke 17; Karl Langenbach (Bäckerei und Kolonialwaren), heutie Theodor-Heuss-Straße 3; Heinrich Leikeim (Kolonialwaren) heute: Langheimer Straße 9 und Andreas Hartmann (Zuschneider, Kleinhandel), heute: Theodor-Heuss-Straße 21.

    Die Konzessionen für Gast- und Schankwirtshäuser mussten regelmäßig bestätigt werden. Auf einen Mindeststandard an Hygiene und den guten Leumund der Betreiber wurde wert gelegt. Ein öffentlicher Bedarf für eine Wirtschaft musste gegeben sein. Genehmigungen wurde bis in den 195-0er Jahren vom Bezirksamt beziehungsweise Landratsamt Lichtenfels erteilt.

    „Förderung von Völlerei, öffentlicher Unsittlichkeit, Hehlerei liegt nicht vor“

    Ebenso gab es in den Altenkunstadter Wirtshäusern Tanzvergnügen an der Fastnacht und an den Kirchweihtagen. In einer Liste zu von 1887 bis 1901 erteilten Tanzmusik-Bewilligungen finden wir einen Hinweis zu den Gebühren: Ein Drittel geht an den Armenfonds, zwei Drittel an die Gemeinde.

    Lebendiges Treiben mit Hausmusik im Wirtshaus Sünkel am Marktplatz. In der Mitte ist Maria Sünkel, am Akkordeon Erich Wollner.
    Lebendiges Treiben mit Hausmusik im Wirtshaus Sünkel am Marktplatz. In der Mitte ist Maria Sünkel, am Akkordeon Erich Wollner. Foto: Andreas Motschmann

    Interessant eine Verordnung zum weiblichen Bedienungspersonal aus dem Jahre 1929: „Weibliches Personal unter 16 Jahren ist in Gasthäusern verboten. 16- 18jährige dürfen nur mit Polizeierlaubnis in Gastwirtschaften arbeiten. Sie müssen einen festen Basislohn erhalten.“

    In der Nazi-Zeit musste jeder im Wirtshaus seine Worte überlegen

    Während der Nazi-Zeit musste sich jeder seine Wortwahl überlegen, um nicht denunziert zu werden. Das „Braune Haus“ (später die Post) war das Parteilokal der Nationalsozialisten am Marktplatz. Nach deren Versammlungen wurde regelmäßig gegenüber an die Fenster des Schuster-Hauses (heute: Langheimer Straße 1) geschlagen und Parolen vom „… Judenblut, das bald vom Messer spritzen…“ werde, wurden gegrölt. Dort war eines der beiden Häuser, in denen die letzten verbliebenen Juden leben mussten.

    Als früher die Familien von weither zum Sonntagsgottesdienst in die Altenkunstadter Pfarrkirche gekommen waren, strebten die Männer nach dem Gottesdienst Richtung Marktplatz und verschwanden in einem der Wirtshäuser. Die Frauen dagegen hatten ihre Häuser in der Kaffeegass. Dort wärmten sie sich vor allem an kalten Wintertagen bei einem Kaffee auf und tauschten Neuigkeiten aus.

    Über die Wirtshäuser in Altenkunstadt nach dem Zweiten Weltkrieg wird das OT in einem weiteren Beitrag berichten.

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