Bekommt man beim Spaziergang durch Prügel eine Tracht Prügel? Woher dieser nicht alltägliche Name? Die Geschichte der einzelnen Ortsteile der Gemeinde Altenkunstadt stellt das Obermain-Tagblatt in einer Serie vor. Zunächst werfen wir einen Blick in die Geschichte der kleinen Ortschaft, welche seit dem 1. Januar 1974 zur Gemeinde gehört. Einen ersten Hinweis auf dem Namen finden wir im Historischen Ortsnamenbuch von 1348: „ Otte Schehsliczer überlässt für bestimmte Güter, die ihm durch das Kloster Langheim übereignet werden, den Bischof Lupold von Bamberg als Ausgleich ein anderes Eigengut zum Bruel bei Weismain.“
Alte Ortsnamen bezeichnen eine sumpfige Talaue
Weitere Schreibweisen für den Ort sind Brül, Brueel, Brüell. All diese Namen bezeichnen eine sumpfige Talaue, beziehungsweise eine Feuchtwiese, die sich aufgrund ihrer hohen Artenvielfalt gut zum Jagen und Fischen eignet. „Brühle“ gab und gibt es in allen Landschaften Deutschlands, angefangen von Flurnamen bis hin zu Ortsnamen. In einer Urkunde von 1430 taucht zum ersten Mal der heutige Name Prügel auf. Doch sechs Jahre später wurde Brügel verwendet. In einem Schreiben von 1747 steht vom Verkauf des Gutes zu Prügel an das „Von Aufseßische Studienseminar“ in Bamberg.

Wegen Unwirtschaftlichkeit wollte Kloster Langheim Prügel loswerden
Im Mittelpunkt der Geschichte steht ein Gutshof. Erstmals wurde das Gut mit seinen damals drei Anwesen im Jahr 1352 erwähnt. Es war im Besitz des Klosters Langheim. Im Jahr 1406 kam Prügel durch einen Tausch in den Besitz des Grafen Dietz von Giech. Das Kloster Langheim wollte die Ansiedlung Prügel wegen deren Unwirtschaftlichkeit loswerden. Viele Jahrhunderte, bis 1747, blieb das Gut im Besitz der Familie von Giech. Anschließend folgten zahlreiche Besitzerwechsel. 1880 erwarb Friedrich Hermann Pufe das Gut. Seine Nachfahren bewirtschaften es weiter. Viele ältere Einwohner erinnern sich an den schrecklichen Großbrand am Gutshof im Jahr 1959.
Seit 1818 mit Maineck eine politische Gemeinde
Ein weiterer Chronist schrieb 1801 über den Ort, der in einer Talsenke am Rande des Maintals auf zirka 300 Meter Höhe liegt: „... hat eine Meyerey, gute Viehzucht, Feldbau und eine Schäferey, schöne weitläufige Wohn und Oekonomiegebäude, ....“ Bei der offiziellen Bildung der politischen Gemeinden im Jahr 1818 gingen Maineck und Prügel eine politische „Ehe“ ein. Prügel kam auf 18 Anwesen mit 84 Einwohnern. Im Jahr 1950 zählte der Ort, bedingt durch den Flüchtlingsstrom nach dem 2. Weltkrieg, 150 Personen. Aktuell sind es 133 Einwohner.

Die kleine Ortskapelle wird erstmals 1758 im Aufseßschen Urbar erwähnt und ist natürlich älter. Mit einer Madonna mit Jesuskind im Inneren wird sie als Marienkapelle ausgewiesen. Links und rechts schweben zwei Engel in bambergischer Manier aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts; sie wurden angeblich aus der Pfarrkirche Altenkunstadt erworben. Der jetzige rechteckige Bau stammt aus dem frühen 19. Jahrhundert.
Schwengelstutzer und Prügeler Kellerkabarett
In Prügel war einst für die kleine Kapelle eine neue Glocke beschafft worden. Als man sie zum ersten Mal feierlich ausprobierte, schlug sie leider nicht an. Um dem Versagen abzuhelfen, blieb nichts anderes übrig, als den langen Glockenschwengel zu kürzen. Die Prügeler heißen seither die „Schwengelstutzer“.
Dass die Prügeler Humor verstehen, bewiesen sie in jüngster Vergangenheit. Das Prügeler Kellerkabarett begab sich 2018 auf eine Zeitreise durch ihre Geschichte. Die Akteure sorgten für einen kurzweiligen Abend. Eine von ihnen, Liane Neidlein, schrieb die Dialoge. Eine Vorlage fand sie im 1992 erschienenen Buch „Prügel – Geschichte eines Gutshofes und Werden eines Dorfes“ von Dominikus Kremer. Das Kellerkabarett spielte in historischen Gewändern, wie am 17. März 1681 die Weismainer mit ihrem Bürgermeister und über 50 bewaffneten Männern einst in Prügel eingefallen waren und die Sudpfanne geraubt hatten.

Kindheitserinnerungen: Verkaafeles und Pfarrales
Liane Neidlein (Jahrgang 1964) erinnert sich gerne an ihre Kindheit: „Wir waren viel draußen. Es wurde ?Verkaafeles? gespielt; ein Verkaufsladen wurde aufgebaut und alles mögliche aus Gräsern, Halmen und Steinen wurde verkauft. Wir haben kleine Blumensträuße gebunden und den Nachbarn zum Kaufen angeboten. Diese Rollenspiele waren variabel. Manchmal verkauften wir auch Sandkuchen oder spielten ?Pfarrales?: Wir spielten einen Gottesdienst nach. Das war immer ein erhabenes Erlebnis. Unsere Nachbarin hatte uns sogar Ministrantengewänder genäht; mein Nachbar war der Pfarrer. In lebhafter Erinnerung ist mir der „Tante Emma Laden“ bei der Panzers Gretel. Ich wurde zum Kauf von „Schuhsohlen“ geschickt und erhielt auch den gewünschten Artikel. Jahre später wurde ich aufgeklärt, dass es sich bei den „Schuhsohlen“ um Damenbinden handelte. Ebenso an das „Steckerles-Eis“ bei den „Ficken“, der örtlichen Gaststätte Kerling, kann ich mich gut erinnern. Dort gab es am Freitag frisch marinierte Heringe zu kaufen.“
Jugendliche aus der Umgebung trafen sich in der „Bratheringsbar“
Eine weitere Gaststätte gehörte der Familie Degen. Dort war die legendäre „Bratheringsbar“. In den 1960-er Jahren genoss man im Nebenzimmer in der Bar an einem modernen Tresen mit Barhockern keine „Wienela mit Semmela“, sondern leckere Bratheringe. Theres Metzner, geborene Knott (Jahrgang 1948), erinnert sich: „Es war die Anlaufstelle der Jugendlichen aus den umliegenden Ortschaften bis nach Redwitz und Küps. Die Bratheringsbar war im ganzen Landkreis bekannt. Heutzutage besuchen junge Leute die Kultkneipe Nepumuk in Altenkunstadt, vor 60 Jahren fuhren sie mit dem Moped nach Prügel zur Bratheringsbar zum Degen.“
Findet die 25-Jahr-Feier der Garten- und Naturfreunde im Mai statt?
Kommen wir ins 21. Jahrhundert. Welchen Wunsch hat Frau Neidlein für die Zukunft? Endlich wieder mal Kerwa feiern oder das Fest zum „25-Jährigen“ der Garten- und Naturfreunde im Mai 2022. Außerdem Zusammenhalt und Festivitäten in der Dorfgemeinschaft. Neben der Feuerwehr sind die Garten-und Naturfreunde Prügel eine feste Säule für den Ort. So wird neben vielen Aktivitäten Jahr für Jahr der Osterbrunnen dekoriert.