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PFAFFENDORF: Sieben Jahrgänge in einem Zimmer: Dorfschule in Pfaffendorf

PFAFFENDORF

Sieben Jahrgänge in einem Zimmer: Dorfschule in Pfaffendorf

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    Das frühere Schulhaus neben der Pfaffendorfer Kirche.
    Das frühere Schulhaus neben der Pfaffendorfer Kirche. Foto: Andreas Motschmann

    Das Grabmal des Pfaffendorfer Lehrers Johann Stummer auf dem Friedhof an der Südseite der Altenkunstadter Pfarrkirche ist ein außergewöhnliches und seltenes Grab. Wie viele über 150 Jahre alte Gräber gibt es noch? Außergewöhnlich sind die steinerne Einfassung und der Grabstein.

    Von dem Verstorbenen wissen wir wenig. Sein Geburts- und Sterbetag ist bekannt: Johann Stummer wurde vor genau 200 Jahren am 29. Januar 1821 in Steudach geboren. Sein Beruf als Lehrer führte ihn nach Pfaffendorf. Dort verstarb er am 10. Oktober 1868. Im zwei Kilometer entfernten Altenkunstadt fand er seine letzte Ruhestätte.

    Nie unterschied er zwischen reich und arm

    Im 20. Jahrhundert widmete ihm Margareta Veronika Paravan (1872-1950), die Schwester des bekannten Heimatdichters Franz-Joseph Ahles aus Burkheim, ein Gedicht. Dieses von Sprache und Bildern her schöne Gedicht mit dem Titel: „Unvergessen“ beschreibt den verstorbenen Pädagogen.

    Die Poetin erzählt dabei aus ihrer Kindheit, in der sie mit ihrem Vater oft an diesem auffälligen Grab im Friedhof vorbeiging. Wie auf dem Heimweg nach Burkheim ihr Vater den Lehrer beschrieb, ging ein in ihr Gedicht: „Nie unterschied er zwischen reich und arm, gerecht und liebevoll war all sein Denken.“

    Blick in den Alltag eines Dorfschullehrers im 19. Jahrhundert

    An dieser Stelle lohnt es sich, einen Blick in den Alltag eines Dorfschullehrers, wie Johann Stummer einer war, im 19. Jahrhundert zu werfen.

    Den Schulbetrieb, wie er für uns heute selbstverständlich ist, gibt es erst seit 220 Jahren. Bis 1802 war das Schulwesen Aufgabe der jeweiligen Pfarrgemeinde. In einer solchen Pfarrschule war der Pfarrer selbst für die Gestaltung des Unterrichts verantwortlich. Später wurden auch der Kirchner oder der Mesner herangezogen und vom Pfarrer entsprechend ausgebildet.

    Der Kirchner unterrichtete die Knaben im Lesen, Schreiben und Rechnen, erteilte den Religionsunterricht und war verantwortlich für die Ausbildung im lateinischen Chorgesang und im Ministrantendienst. Seine Tätigkeit entfaltete er oft im sogenannten Kirchner-Haus, so in Altenkunstadt bis 1854 linker Hand neben dem Pfarrhaus.

    Das Leben des armen Dorfschulmeisterleins

    Ein Landlehrer hatte oft nur eine kleine Schar von Kindern zu unterrichten. Während der Sommermonate blieb die Schule geschlossen: Die Kinder wurden als Arbeitskräfte gebraucht. Das geringe gesellschaftliche Ansehen, das die Lehrer auf dem Dorf bis in das 19. Jahrhunderts genossen, resultierte aus der meist erbärmlichen Entlohnung und dem damit verbundenen Zwang, sich mit gering geachteten Nebenbeschäftigungen den Lebensunterhalt zu verdienen. „Sau- und Kuhhirten“ sowie „gemeine Ackersknechte“, hieß es, „hätten fast einen besseren Lohn als die armen Schuldiener“.

    Der im Nebenberuf als Kirchner, Organist, Schreiber, Hochzeitslader, Totengräber oder Gemeindebote tätige Schulmeister galt vielen Landbewohnern als Almosenempfänger. Um die Weihnachtszeit zog er mit Schuljungen im Dorf von Haus zu Haus und trug Weihnachtslieder vor, wofür er von den Bewohnern Geld- und Naturaliengeschenke erhielt.

    An der Südseite der Altenkunstadter Pfarrkirche befindet sich das Grabmal der Pfaffendorfer Lehrers Johann Stummer.
    An der Südseite der Altenkunstadter Pfarrkirche befindet sich das Grabmal der Pfaffendorfer Lehrers Johann Stummer. Foto: Andreas Motschmann

    Versuchte der musikalisch begabte Lehrer, sein bescheidenes Salär durch Aufspielen bei Tanz und anderen Festlichkeiten aufzubessern, verdächtigten ihn manche Dorfgenossen schnell, „liderlich, nachlässig, den Spielen, Trunck und anderen Üppigkeiten ergeben“ zu sein. Welcher Schüler konnte Respekt haben vor einem Lehrer, der „gemeinhin als der erste Bettler im Dorfe“ galt?

    Bis 1919 blieb Lehrergehalt Sache der Kommunen

    Einerseits war die bayerische Regierung nach 1802 eifrig bestrebt, das soziale Ansehen der Lehrerschaft zu heben, und verbot Bräuche wie das Weihnachtssingen, die den Lehrer als Almosenempfänger hinstellten; andererseits scheute sie davor zurück, den Lehrern eine staatlich garantierte Besoldung zukommen zu lassen.

    Bis 1919 blieb das Lehrergehalt fast überall Sache der Kommunen, die immer wieder über notorische Geldknappheit klagten. Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges waren Lehrer zu zeitraubenden Nebentätigkeiten verdammt.

    Rund 80 Kinder in der Pfaffendorfer Schule

    Der Wirkungsort von Lehrer Johann Stummer im Jahr 1818 war die Gemeinde Pfaffendorf mit ihren Orten Bernreuth mit neun Anwesen und 58 Einwohnern, Giechkröttendorf mit 17 Anwesen und 77 Einwohnern, Pfaffendorf mit 20 Anwesen und 106 Einwohnern, Schulhaus an der Kapelle mit einem Anwesen und fünf Einwohnern, Berghaus am Kordigast mit einem Anwesen und neun Einwohnern und Oberloch am Kordigast mit einem Anwesen und acht Einwohnern.

    Bis ins frühe 20. Jahrhundert besuchten rund 80 Kinder aus Pfaffendorf, Berghaus, vom Kordigast, aus Burkheim, Tauschendorf, Spiesberg, Röhrig und Zeublitz (von 1824 bis 1864) das Klassenzimmer im Schulhaus neben der Pfaffendorfer Kirche. Der Lehrer unterrichtete dort alle sieben Jahrgänge in einem einzigen Schulraum.

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