Fasching ist die Leidenschaft des Weismainer Konditormeisters Franz Besold. Seit 40 Jahren hält er mit seinen Büttenreden als Weismainer Till den großen und kleinen Narren in der Region den Spiegel vor – scharf beobachtet, satirisch zugespitzt und in klangvollen Reimen. Seine Büttenrede ist der krönende Abschluss des Weismainer Gaudiwurms am Faschingssonntag. Der 64-Jährige ist inzwischen der Dienstälteste in der fränkischen Narrenzunft und sogar in der Fastnachtshochburg Mainz bekannt, wo er regelmäßig bei den Mombacher Bohnebeitel auftritt.
„Die Welt ist ernst genug und wird immer verrückter, da ist der Narr wichtig, um die Leute mit der Wahrheit aufzurütteln.“

„Fastnacht ist Leidenschaft, ein Ventil und die Möglichkeit, einmal eine Auszeit vom Berufsalltag zu nehmen, indem man ins Narrenkostüm schlüpft“, schwärmt Franz Besold. Er genießt es sichtlich, Politikern und so manchem Mitbürger den Narrenspiegel vorzuhalten. „Die Welt ist ernst genug und wird immer verrückter, da ist der Narr wichtig, um die Leute mit der Wahrheit aufzurütteln“, betont Besold.
Trotz aller Narrenfreiheit fühle er aber auch Demut bei seinen Auftritten, schließlich wolle er die Menschen unterhalten und ihnen Freude bereiten. Wenn es ihm dabei gelinge, sie auch ein wenig zum Nachdenken zu bringen, dann erfülle ihn das mit Stolz. So hat er auch nach vier Jahrzehnten in der Bütt noch vor jedem Auftritt Lampenfieber und feuchte Hände. Doch wenn er sieht, dass seine Pointen ankommen und das Publikum mitgeht, kommt er richtig in Fahrt.

Wichtig sei es ihm auch, die Zuhörer nicht zu belehren oder ihnen fertige Botschaften zu servieren, schließlich solle der Witz auch einen Erkenntnisgewinn bringen. So bissig seine Pointen manchmal klingen, sein Anspruch ist es, niemanden persönlich zu verletzen. Politiker veräppelt er nur als Amtsperson mit ihren Fehlern: „Wenn ein Bürgermeister betrunken aus der Kneipe kommt, ist das seine Privatsache, anders wäre es, wenn er sich betrunken ans Steuer setzen würde.“
Fastnacht als Kulturgut
Die Fastnacht ist für Franz Besold auch ein Kulturgut. Gerade in Weismain, wo nicht ein Verein, sondern ein Fastnachtskomittee aus Bürgern das Spektakel organisiert. Ab Herbst kommen sie zusammen, überlegen sich ein Motto für den Stadtratswagen, planen die Termine für die heiße Phase vom Weiberfasching bis zum Kehraus am Fastnachtsdienstag und bitten die heimischen Geschäftsleute um Spenden für die Süßigkeiten, die beim Gaudiwurm von den Wagen geworfen werden. Besonders stolz ist Besold darauf, dass es gelungen ist, am Sonntag nach dem Umzug einen Straßenkarneval auf dem Marktplatz zu etablieren. Auch, weil die Vereine, die am Zug teilnehmen, anschließend Getränke ausschenken. So manche schlaflose Nacht koste ihn das, vor allem am Samstag, wenn er von der Bühne des Kaulhaaznfiebers direkt in die Backstube gehe, um die Krapfen zu backen, die am nächsten Tag in seinem Café serviert werden.
Die Freude an der Fastnacht ist Franz Besold praktisch in die Wiege gelegt worden. Schon sein Vater Berthold hatte Büttenreden für den Weismainer Fasching gedichtet. Und wenn „Mainz bleibt Mainz“ im Fernsehen lief, fiel es nicht weiter auf, wenn die Kinder mal bis nach Mitternacht aufblieben, erinnert er sich. Dabei ist der Funke offensichtlich übergesprungen. Schon als Jugendlicher trat er beim Kappenabend, den der Vater im Café ausrichtete, in der Rolle des Weismainer Tills auf – getreu dem Vorbild von Dieter Brand, der beim Mainzer Carneval Verein mit dieser Symbolfigur brillierte.

Außer in Weismain steht Franz Besold vor allem in Unter- und Mittelfranken in der Bütt. Entdeckt wurde er vom Ordenskanzler des Fastnachtsverbands Franken, Roman Kirzeder, der ihn bei einem Auftritt des Mainleuser Carneval Clubs (MCC) sah. So kam er zur närrischen Weinprobe und zur Prunksitzung „Fastnacht in Franken“ in Veitshöchheim. Dann ging es Schlag auf Schlag. Eine Abordnung der Mombacher Bohnebeitel erlebte ihn dort und war begeistert: „Nächstes Jahr trittst Du bei uns auf.“
Es wurde eine Erfolgsgeschichte: In der letzten Faschingssaison vor dem Corona-Lockdown 2020 trat Besold in seiner Rolle als Kellerassel zwölf Mal in Mombach auf und war sogar beim Rosenmontagsumzug in Mainz und im Südwestrundfunk zu sehen. Als Kellerassel, die aus ihrer Mülltonne so manche anrüchige Geschichte zum Vorschein bringt, steht der Weismainer auch in diesem Jahr in der Bütt, an diesem Wochenende auch wieder in Mainz-Mombach. Dabei geht es nicht nur um Künstliche Intelligenz, sondern er lässt sogar den Kanzler zu Wort kommen, der hofft, dass bald die Müllabfuhr kommt und nicht nur die grüne Tonne, sondern auch die gelben Säcke abholt. Um schließlich festzustellen: „Wahrscheinlich wartet er, bis er schwarz wird.“
25 Auftritte bis Aschermittwoch
Insgesamt 25 Auftritte hat er bis Aschermittwoch: Jedes Wochenende von Donnerstag bis Samstag steht er auf einer anderen Bühne. Immer mit dabei ist seine Frau Barbara, die nicht nur die Daumen drückt, sondern auch die Terminanfragen verwaltet, die meist ab Sommer eintrudeln. Akribisch achtet Besold darauf, in einem Ort keinen Scherz ein zweites Mal zu bringen.
Und die Qualitätskontrolle übernimmt das Publikum: „Wenn ein Witz beim dritten Mal nicht zündet, fliegt er raus.“ Doch das passiere nicht oft: Nur ein Programm, in dem er als Schwein auftrat, kam nicht so gut an. Dabei ist er schon in die unterschiedlichsten Rollen geschlüpft, als Vogelhändler, als Lebensmittelkontrolleur, als Weingott Bachus oder Biergott Gambrinus. Für die Weismainer Schützen schlüpft er seit Jahren ins Nikolaus-Kostüm und in der Rolle des Abt Knauer ist er der Star bei den historischen Stadtführungen.
Jetzt feilt er an seiner Büttenrede für Weismain, in der er das Stadtgeschehen glossieren wird. Ideen hat er genug, doch müssen sie auch einen guten Reim hergeben.