Als fränkische Genussbotschafter verstehen sich Barbara und Franz Besold aus Weismain. Generationen von Kunden haben sie mit ihrer Konditorei und ihrem Café das Leben versüßt. Aus Altersgründen wollen sie den Familienbetrieb am 31. Dezember schließen.

Sie werden eine Lücke hinterlassen. Denn weit über Weismain hinaus ist die Fränkische Meisterkonditorei Besold eine Institution. Und das seit Generationen. Neulich war eine Frau im Laden, die mit leuchtenden Augen erzählte, dass sie früher mit ihrer Großmutter bei Besolds Vater Berthold Schaschlik essen war und von ihrer Mutter alljährlich einen Schokoladen-Nikolaus der Konditorei geschenkt bekam, berichtet Barbara Besold. „Die Kundenbindung ist großartig“, sagt auch ihr Mann Franz.
Pralinen und Nikoläuse
Die beiden haben alle Hände voll zu tun mit dem Vorweihnachtsgeschäft. Auf den Tischen des Cafés, das seit Allerheiligen geschlossen ist, reihen sich mit Pralinen gefüllte Bleche aneinander, daneben schmuckes Verpackungsmaterial. In der Confiserie stehen die Schokoladen-Nikoläuse Spalier, während sich in der Backstube die Christstollen stapeln. Nach Ladenschluss haben sie Zeit gefunden, um Bilanz zu ziehen. Bilanz einer Erfolgsgeschichte, die vom Tante-Emma-Laden von Franz Besolds Großeltern Helene und Franz Besold bis zu Lieferungen ins KaDeWe reicht. Nach dem Interview werden sie wohl noch Pralinen verpacken.

Nein, die Kanalbaustelle, die Weismainer Geschäftsleuten das Leben schwer macht, ist nicht der Grund für die Geschäftsaufgabe. Mit 65 Jahren werde seine Altersvorsorge fällig und seine Frau feiere in wenigen Tagen ihren 60. Geburtstag, berichtet der Konditormeister. Diese Chance wollen sie nutzen, aufzuhören, so lange sie den Ruhestand genießen können.
So schön es sei, anderen mit seinen Leckereien eine Freude zu bereiten, es falle ihm nicht mehr so leicht wie früher, die Anforderungen des Geschäfts zu erfüllen, sagt Besold. Sechs Tage in der Woche haben sie geöffnet und vom siebten geht meist auch die Hälfte für die Vor- und Nachbereitung drauf. Sogar am Sonntag steht Franz Besold morgens um sechs in der Backstube. Am Faschingswochenende ging der leidenschaftliche Fastnachter in der Regel gar nicht ins Bett, sondern vom Kaulhaaz'n-Fieber, bei dem er immer als Weismainer Till auf der Bühne steht, nach einem Sprung unter die Dusche gleich um zwei Uhr in die Backstube. Und seine Frau kümmert sich um die Organisation und die Fremdenzimmer.
15 verschiedene Krapfensorten
Franz Besolds Krapfen sind in der Region eine Legende. 15 verschiedene Sorte bot er gleichzeitig an – vom Klassiker mit Zucker und Hiffenmark bis zu Schwarzwälder Krapfen mit Kirschwasser-Sahne-Füllung. Sogar einen Milleniums-Krapfen hat er im Jahr 2000 kreiert. Für Staunen und so manche Schlagzeile sorgte er mit seinen Themen-Torten – sei es für den früheren Ministerpräsident Horst Seehofer anlässlich des Besuchs von Kanzlerin Angela Merkel in Kloster Banz oder einer Torte in Rennwagen-Form für Michael Schumacher. Weismains Wappentier, den Kaulhaaz, hat er als Praline gestaltet, und für die Richard-Wagner-Festspiele den Heiligen Gral als blauen Bergkristall aus Zuckerguss modelliert.
Als er zur Wahl der Rot-Grünen Bundesregierung 1998 einen „Regierungs-Trüffel“ mit Kirschlikör-Füllung kreierte, hat sich das bis zu einem Einkäufer des Berliner KaDeWe herumgesprochen. „Der Trüffel war ihnen dann wohl zu politisch, aber dafür wollten sie Honigkuchen und Weihnachtsplätzchen“, erinnert sich Besold. Jahrelang war er der einzige handwerkliche Konditor, der seine Waren mietfrei in einem ganzen Regal des Nobelkaufhauses präsentieren durfte.
Fürs Rischart-Zelt auf der Wiesn
Später kam das Münchener Cafè Rischart hinzu, das regelmäßig bis zu fünf Euro-Paletten Weismainer Confiserie orderte. „Als Rischart 2001 ein Café-Zelt auf der Wiesen aufstellte, haben wir kleine Schokoladen-Bierflaschen mit den Original-Etiketten geliefert“, berichtet Barbara Besold. Freundschaften seien dabei entstanden.
„Wie wir das alles geschafft haben, kann ich mir heute gar nicht mehr vorstellen“, gesteht ihr Mann. Zumal weitere Abnehmer in der Region hinzukamen. Schließlich standen die Besolds vor der Wahl, sich zwischen den Großkunden und dem Weismainer Betrieb entscheiden zu müssen, und die Entscheidung fiel zugunsten der Stammkundschaft.
„Wir machen es so, wie es uns selbst schmeckt, und das mit den besten Zutaten.“
„Wir machen es so, wie es uns selbst schmeckt, und das mit den besten Zutaten“, verrät der Konditormeister sein Erfolgsrezept. Er setzt auf hochwertige Butter, wo andere Margarine verwenden, und auf beste Schokolade, auch wenn die gerade teurer ist. Außerdem auf Früchte der Saison und frische Nüsse. Manches Rezept, etwa für den Christstollen oder die Lebkuchen, hat er von seinem Vater übernommen und zeitgemäß interpretiert. Als kreativer Kopf hat er nicht nur beim Fasching mit seinen Versen begeistert, sondern auch mit seinen außergewöhnlichen Kreationen. „Oft saßen wir abends vor dem Fernseher, und ich habe an einer Idee für eine Torte modelliert“, berichtet er.
Bereut hat Franz Besold es nie, den 1913 von seinen Großeltern gegründeten Familienbetrieb übernommen zu haben. „Ich habe schon als Kind in der Backstube geholfen, da stellte sich die Frage, ob ich einsteige, nie.“ Allerdings haben die Besolds ihren beiden Söhnen die Freiheit gelassen, sich für Berufe ihrer Wahl zu entscheiden.

Nach einer Ausbildung als Konditor in Bamberg und dem Besuch der Zuckerschule in Zürich machte Besold die Meisterprüfung und arbeitete im Familienbetrieb mit. Der Tante-Emma-Laden der Oma wurde schrittweise zur Konditorei umgebaut. Außerdem betrieb der Vater eine Weinstube und im Nebenraum ein Café. Barbara Besold arbeitete auf Wunsch des Schwiegervaters probeweise im Café der Obermain Therme, um Erfahrung zu sammeln, bevor sie in den Familienbetrieb einstieg.
1993 übernahmen die Eheleute schließlich die Konditorei und vergrößerten das Café, das nach eigenen Entwürfen eingerichtet wurde. Ein weiteres Standbein wurde das Gästehaus mit neun Zimmern. Dafür erwarben sie das Nachbarhaus am Kirchplatz und renovierten es aufwändig. Bis zu drei Gesellen und einen Auszubildenden beschäftigten sie zeitweise.
Endlich mal Zeit zum Feiern
Loszulassen und neues zu wagen, erwies sich in der Corona-Pandemie als Erfolgsrezept, etwa das Konzept der Selbstbedienung im Café. Auch wenn etwas Wehmut mitschwingt, wollen die Besolds bald komplett loslassen, sich mehr Zeit für die Söhne und Enkel nehmen, öfter verreisen oder Oti Schmelzers Einladung zum Auftritt beim Open Air annehmen. „Endlich können wir auch mal beim Fasching oder Schützenfest mitfeiern“, freut sich Franz Besold. Und wenn die Altstadt nach dem Kanalbau wieder herausgeputzt ist, könne er sich vorstellen, dass die Konditorei von einer ehemaligen Mitarbeiterin oder anderen Interessenten wiedereröffnet wird.