Regelrecht aus dem Häuschen präsentiert sich der Weismainer Till alias Franz Besold nach drei Jahren Fastnachtsabstinenz. „Wenn ich so über‘n Marktplatz seh‘, springt mir das Herz grad in die Höh“, freut er sich bei seiner ersten Büttenrede nach der Pandemie. Mit spitzer Feder und scharfer Zunge glossiert er die Lokalpoltik und so manche Weismainer Narretei ebenso wie die große Politik. Seine Rede ist wieder einmal das Sahnehäubchen auf dem Weismainer Fastnachtsumzug.
Mit seinem Reimen über die Pandemie hat er sicher vielen aus der Seele gesprochen: „Schunkeln, tanzen, lachen, singen, über‘n eigenen Schatten springen, darf Narr sein, ohne Impfausweis, ohne Mundschutz, all dem Scheiß.“ Und gibt zu bedenken, „Corona hat es uns gelehrt, schad‘ um jeden Augenblick, um jedes Glas das nicht geleert, denn man holt nichts mehr zurück.“
Über die „Münchner Schlafkanzlei“, die die dringend benötigte Förderung für die Sanierung der maroden Weismainer Kanäle und Wasserleitungen verbummelt hat, macht er sich ebenso lustig wie über die Klima-Kleber: „Schickt ihr aus München keinen Zaster, Söder, wenn du nicht bald spurst, dann klebt sich unser Borchermastä, hier auf die Straß‘ mit Leberwurst.“
Stadträte bedienen in der Schenke „Zum fröhlichen Zapf-Hahn“
Ein gefundenes Fressen für den Narren ist auch die Kostenexplosion bei der Rathaussanierung und hat die Verantwortlichen bald ausgemacht: „Zum Rathaus ziehen Karawanen von Kamelen oft geschwind, und ihr werdet es wohl ahnen, dass es die Architekten sind.“ Aus Protest gegen die überzogene Planung („Paläste, die kein Mensch bezahlen kann“) droht er, Apfel- und Kartoffelbrei gegen das Apothekerhaus zu werfen – das schade nichts, weil es ohnehin abgerissen werden solle. „Liebe Emmi, eins, zwei, drei, bring uns mehr Millionen bei“, schlägt er als Lösung vor. Zum Dank könne man das Bild der Abgeordneten neben dem von Abt Mauritius Knauer an der Fassade verewigen. Der Stadtrat könne seinen Teil zur Finanzierung beitragen, indem das Rathaus als „Stadtratsschenke Zum fröhlichen Zapf-Hahn“ mit den Räten als Betreibern genutzt werde.
Die Mitarbeiter der Stadtverwaltung säßen das Problem offenbar nicht ungerne aus, falls man nicht den ein oder anderen mit dem alten Mobiliar entsorgt habe. „Die sind in den Kastenhof umgezogen, und dort ist es so furchtbar schick, die wollen scheinbar ungelogen, ins Rathaus gar nicht mehr zurück“, reimt der Till.
Bedauerlich findet der Narr, dass Altenkunstadt nun doch kein Lehrschwimmbecken baue und fragt mit Blick auf Bad Staffelstein, wie viele Saunen dort noch gebraucht werden. Stattdessen überlasse man den Weismainern die Windräder auf dem Jura. Zur Anfrage von Stadelhofen, das Abwasser in Weismainer reinigen zu lassen, warnt der Till, die Kläranlage könnte überlaufen und Altenkunstadt überschwemmen.
Wenn Burgkunstadt Licht spart, wird die Bürgermeisterin Nachtwächterin
Nur aufs Weismainer Bier lässt der Narr nichts kommen und versichert, auch wenn die Krone am Ausleger des Gasthauses Hatzold fehle, tränken die Weismainer weiterhin „Krone-Pils.“ Die überdimensionierte Fischtreppe an der Weismain („auch wenn wir manch Kaliber haben, so breit wird ein Kaulhaaz nicht“) nimmt er ebenso aufs Korn wie das Dimmen der Straßenlaternen in Burgkunstadt („ihr braucht deshalb nicht verzagen, denn es kommt, nun glaubt mir dies, als Nachtwächter bald die Frau Frieß“). Weniger lustig findet er die Auflösung der Weidnitzer Feuerwehr: „darum ist es doch großer Mist, wenn ein Mistkorb scheints vergisst, dass Ehrenämter wohlbehalten, den Laden meist am Laufen halten“. Und ganz ernst wird er wegen des Angriffs des „Kriegverbrechers Putin“ gegen die Ukraine und appelliert für „Recht, Frieden und Freiheit.“