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BURGKUNSTADT: Wird Photovoltaik in Burgkunstadt zum Politikum?

BURGKUNSTADT

Wird Photovoltaik in Burgkunstadt zum Politikum?

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    Photovoltaik-Freiflächen soll bei Ebneth und Hainweiher entstehen. Vorgesehen ist auch eine Beweidung durch Schafe.
    Photovoltaik-Freiflächen soll bei Ebneth und Hainweiher entstehen. Vorgesehen ist auch eine Beweidung durch Schafe. Foto: Manuel Zeller Bosse

    Als Altersvorsorge hatten Ursula und Reinhold Weiß den Bau einer Photovoltaik-Anlage auf ihrem Acker bei Hainweiher geplant. Da sie keine Nachfolger für ihren Aussiedlerhof in Pfaffegetten haben, sollte die Zahl von 56 Milchkühen reduziert werden und dafür die Pacht für einen Bürgersolarpark der Raiffeisen-Volksbank Küps-Mitwitz-Stockach für Einkünfte sorgen. Verärgert ist Reinhold Weiß darüber, dass der Stadtrat den Antrag auf Bau der Anlage in der Sitzung am 2. August vertagt hat und eine neue Bewertungsmatrix für die Zulassung beschlossen hat. Die Raiffeisenbank hat daraufhin ihren Bauantrag zurückgezogen. Nachdem schon die Windräder bei Ebneth für Gegenwind gesorgt hatten, droht jetzt der Bau von Photovoltaik-Anlagen zum Politikum zu werden.

    Das Projekt der Raiffeisenbank ist zwar vom Tisch, doch der Stadt liegen drei weitere Anträge vor. Eines will die Von Seckendorff Guts- und Forstverwaltung Stiftung zwischen Ebneth und Hainweiher verwirklichen, zwei weitere hat die Firma Südwerk bei Hainweiher und in der Nähe von Reuth beantragt. In diesem Jahr wird keine Entscheidung mehr fallen, denn Mitte Dezember wird die Arbeitsgruppe Photovoltaik, der die Fraktionsvorsitzenden angehören, die Anlagen auf ihre Zulässigkeit prüfen, wie Jörg Weiß vom Burgkunstadter Bauamt mitteilte.

    Weiß wirft Stadträten der Grünen vor, ihre Interessen durchzusetzen

    Ausgebremst fühlt sich durch dieses Vorgehen Reinhold Weiß, weil sein im Juli eingereichter Antrag fünf Tage vor der Stadtratssitzung von der Tagesordnung genommen wurde, obwohl er die Erfordernisse der damals geltenden Bewertungsmatrix erfüllt habe. Die Stadtverwaltung habe das Vorhaben zuerst positiv beurteilt, aber weder ihn noch die Bank über die geplante Änderung der Matrix informiert.

    Im Maintal und an Hängen (rot markiert) will der Burgkunstadter Stadtrat wegen der Auswirkungen auf das Landschaftsbild keine Photovoltaikanlagen genehmigen.
    Im Maintal und an Hängen (rot markiert) will der Burgkunstadter Stadtrat wegen der Auswirkungen auf das Landschaftsbild keine Photovoltaikanlagen genehmigen. Foto: Stadt Burgkunstadt

    Er kritisiert, dass die Stadträte Bernarda und Sebastian Callens (Grüne) sowohl an der Entscheidung über die Vertagung des Bauantrags als auch an der Erstellung der neuen Bewertungsmatrix beteiligt waren, obwohl die Fläche für eines der Projekte der Familienstiftung gehöre. „Es hat schon ein Gschmäckle, wenn Stadtratsmitglieder, unter dem Deckmantel einer Stiftung und offenbar ohne Nachfrage in der eigenen Partei, durch vollständige Akteneinsicht ihre eigenen Interessen durchsetzen und somit hohe Einnahmen für sich generieren können“, kritisiert Weiß. Er argwöhnt, dass damit der Artikel 49 der Gemeindeordnung, dass Stadträte an einer Abstimmung nicht teilnehmen dürfen, wenn sie dadurch einen Vorteil erlangen können, außer Kraft gesetzt worden sei.

    Raiffeisenbank-Anlage hätte auch CO2 aus Milchviehhaltung verringert

    Durch die Anlage der Raiffeisenbank auf seinem Acker hätte nicht nur umweltfreundlich Strom produziert werden können, sondern auch der Verzicht auf die Viehhaltung hätte dem Klima zusätzlich genutzt, argumentiert er. Unverständlich findet er die Vorgabe, nur eine Anlage pro Gemarkung zuzulassen. Wäre das nicht so, hätte die Anlage auf seinem Acker weiterhin Erfolgsaussichten.

    Bedauerlich findet Sebastian Callens diese Vorwürfe, da es das Ziel der neuen Bewertungsmatrix sei, mehr Sonnenstrom in Burgkunstadt zu produzieren, um so einen Beitrag zur Energiewende zu leisten. „Es geht nicht darum, andere Anlagen zu verhindern, sondern darum, dass die vorhandenen Flächen möglichst sinnvoll genutzt werden“, betont er auf Anfrage. Bereits seit dem Frühjahr 2022 sei es der Wunsch der Stadtratsmehrheit gewesen, die Bewertung für die Zulassung von Photovoltaik-Anlagen zu überarbeiten, da die alte Bewertung nicht nur viele Anlagen verhindert habe, sondern auch die zulässige Fläche von zehn auf 40 Hektar (zwei Prozent der landwirtschaftlich genutzten Bereiche im Stadtgebiet) erweitert werden sollte.

    „Es geht nicht darum, andere Anlagen zu verhindern, sondern darum, dass die vorhandenen Flächen möglichst sinnvoll und ohne Belastung für die Anwohner genutzt werden.“

    Sebastian Callens, Stadtrat (Grüne)

    Da sich alle Fraktionen einig gewesen seien, erst nach Erarbeitung der neue Bewertungsmatrix neue Anlagen zu genehmigen, sei es ein Fehler gewesen, den Antrag der Raiffeisenbank auf die Tagesordnung zu nehmen. Er hätte vor der Neuregelung ohnehin keine Zustimmung gefunden, meint Callens. „Das hat auch der Projektentwickler der Raiffeisenbank gewusst“, betont er. Die Verwaltung habe nach den geltenden Vorgaben gehandelt und den Bauantrag auf die Tagesordnung gesetzt, da vom Stadtrat bis dahin kein anderes Signal gekommen sei, erklärte Geschäftsleiter Sven Dietel auf Anfrage.

    Die Begrenzung auf eine Anlage pro Gemarkung sei festgelegt worden, damit nicht einige Dörfer zu stark mit Photovoltaik belegt werden, während andere keine Chance hätten, dort ein Projekt zu verwirklichen, so Callens. Diese Begrenzung sei nicht auf Initiative der Grünen, sondern der Freien Wähler erfolgt, auch wenn seine Partei viel Vorarbeit für den neuen Leitfaden geleistet habe.

    Callens: Vor der neuen Matrix wäre keine Anlage genehmigt worden

    Weil sich alle Stadtratsfraktionen einig gewesen seien, vor der Zulassung neuer Anlagen die Bewertungsmaßstäbe zu ändern, habe die Familienstiftung ihren Antrag erst Ende Juli eingereicht, die Anträge von Südwerk seien etwas früher im Juli gestellt worden. Auch durch die neuen Maßstäbe hätten sich die Chancen für das Projekt der Familienstiftung nicht verbessert, da sie auch die bisherigen Anforderungen erfüllt hätte.

    Vehement widerspricht Callens dem Vorwurf, er oder seine Frau seien wegen der Familienstiftung als an dem Projekt beteiligte Personen zu werten: „Es ist sogar zweimal von der Rechtsaufsicht geprüft worden, dass wir nicht beteiligt sind.“

    Familienstiftung dient dem Denkmalschutz, nicht der Familie

    Die Familienstiftung, der sämtliche Liegenschaften der Familie überschrieben worden seien, diene allein dem Zweck des Denkmalschutzes, um das historische Schlossensemble in Ebneth zu erhalten. „Es gibt keine Ausschüttung und keine Mietminderung für uns“, betont Callens. Daher sei er als gewählter Stadtrat zur Abstimmung verpflichtet gewesen, nur ein Fernbleiben wäre möglich gewesen. Allerdings werde er sich bei der Bewertung der eingereichten Projekte in der Arbeitsgruppe künftig zurückhalten.

    Diese Ackerfläche bei Hainweiher wollte Reinhold Weiß für eine Photovoltaik-Anlage der Raiffeisenbank Küps-Mitwitz-Stockheim verpachten. Vom Ort aus (hinter den Bäumen) wäre sie nicht zu sehen gewesen.
    Diese Ackerfläche bei Hainweiher wollte Reinhold Weiß für eine Photovoltaik-Anlage der Raiffeisenbank Küps-Mitwitz-Stockheim verpachten. Vom Ort aus (hinter den Bäumen) wäre sie nicht zu sehen gewesen. Foto: Gerhard Herrmann

    Die geplanten Photovoltaikanlagen und wie sie bewertet werden Strom für etwa 2850 Haushalte (zehn Millionen kwh, Einsparung von 5500 Tonnen CO2 im Jahr) sollte die von der Raiffeisenbank Küps-Mitwitz-Stockheim geplante Anlage auf einer Fläche von zehn Hektar produzieren. Der Bauantrag wurde zurückgezogen. Drei weitere Projekte sind beantragt: Eines der Von Seckendorff Guts- und Forstverwaltung Stiftung zwischen Ebneth und Hainweiher (zehn Hektar) und zwei der Firma Südwerk bei Hainweiher (8,34 Hektar, Stromproduktion: 9.476.000 kWh/Jahr CO2-Einsparung: 5.700 Tonnen/Jahr) und in der Nähe von Reuth (13,70 Hektar, Stromproduktion: 15.553.000 kWh/Jahr, CO2-Einsparung: 9.300 Tonnen/Jahr). Alle vier Anlagen sehen die Stilllegung landwirtschaftlicher Flächen, Schafbeweidung, Steuereinnahmen für die Stadt sowie Beteiligungsmöglichkeiten für die Bürger und die Stadt vor. Der vom Stadtrat im November beschlossene neue Leitfaden und die Bewertungsmatrix zur Zulassung legen fest, dass maximal zwei Prozent der landwirtschaftlichen Fläche im Stadtgebiet (40 Hektar) mit Photovoltaikanlagen bebaut werden dürfen. Pro Gemarkung wird allerdings nur eine zugelassen. Festgelegt sind außerdem Flächen, auf denen keine Anlagen zulässig sind (vor allem im Maintal und an den einsehbaren Hängen). Wenn ein Antrag die in der Matrix erforderliche Punktzahl erreicht hat, kann der Stadtrat sie genehmigen. Ein Rechtsanspruch darauf besteht allerdings auch bei der erreichten Punktzahl nicht. Pluspunkte gibt's bei Flächen an Hochspannungsleitungen, landwirtschaftlichen Flächen in Wasserschutzgebieten, kaum einsehbaren Flächen (keine Beeinträchtigung des Landschaftsbilds), wenn die vorgeschriebenen Ausgleichsflächen vor Ort ausgewiesen werden, wenn der Solarpark in Burgkunstadt als Unternehmen angemeldet wird, für ein ökologisches Bewirtschaftungskonzept, für eine angemessene Bürgerbeteiligung zur lokalen Wertabschöpfung sowie verträgliche Einspeisepunkte und Leitungslänge. Positiv wirkt sich außerdem aus, wenn das Gelände nicht als mögliche Erweiterungsfläche für Wohnbebauung, Gewerbe oder Landwirtschaft vorgesehen ist sowie wenn es am Ortsrand liegt und das Ortsbild nicht beeinträchtigt.

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