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BAD STAFFELSTEIN: Aktenschlacht statt schneller Hilfe nach Feuer in Bäckerei

BAD STAFFELSTEIN

Aktenschlacht statt schneller Hilfe nach Feuer in Bäckerei

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    Susanne Mayr hat mittlerweile einen Aktenordner voll mit Korrespondenz mit den Versicherern. Fotos: Markus Drossel
    Susanne Mayr hat mittlerweile einen Aktenordner voll mit Korrespondenz mit den Versicherern. Fotos: Markus Drossel

    Eigentlich müsste man meinen, Konditormeisterin Susanne Mayr wäre überglücklich: Ein weiß-gelb-brauner Bogen aus Luftballons spannt sich über die Tür ihrer Bäckerei in der Angerstraße, die nun endlich wieder geöffnet hat. Stattdessen ist Mays aufgewühlt, enttäuscht, gefrustet, verzweifelt: Nach dem Brand in ihrem Betrieb Anfang September und einem Schaden von rund 500.000 Euro kämpft sie mit der Bürokratie und um Versicherungsleistungen.

    Mit dem ungleich kleineren Leihofen kann Susanne Mayr nur weitaus kleinere Mengen backen.
    Mit dem ungleich kleineren Leihofen kann Susanne Mayr nur weitaus kleinere Mengen backen.

    „Ich bin Konditorin, um Kuchen und Torten zu backen, und nicht, um im Büro zu sitzen“: Susanne Mayr hat einen dicken Aktenordner auf einem Tisch in ihrem Verkaufsraum gepackt. Ihr Blick ist leer, schweift umher. Sie blättert im Schriftverkehr, den sie in den vergangenen Wochen führen musste. „Dabei hatte ich gerade erst drei Lehrlinge angestellt...“: Mayr spricht leise. „Am 1. September eingestellt, am 5. September wieder ausgestellt.“ Sie ringt um Fassung, doch es bricht aus ihr heraus: Die Tränen zeigen, wie verzweifelt sie ist.

    Als der Rauchmelder gellte

    Alleine der Schaden am Ofen beträgt wöhl an die 100.000 Euro.
    Alleine der Schaden am Ofen beträgt wöhl an die 100.000 Euro.

    Es war der frühe Morgen des 5. September, der ihr komplettes Leben auf den Kopf stellte. Susanne Mayr stand, wie jeden Morgen, in ihrer Backstube, als der Rauchmelder in der Wohnung über ihr gellte – und nicht mehr aufhören wollte. Mayr machte sich Sorgen um die Familie mit zwei Kindern, die dort zur Miete wohnt. „Wir haben geklingelt und geklopft, haben sie geweckt – und plötzlich war auch schon alles voller Qualm.“ Mayr wählte den Notruf. Die Decke im Bereich des Backofens hatte Feuer gefangen: Ein Großeinsatz für die Feuerwehren begann.

    Blick zur brandgeschädigten Decke.
    Blick zur brandgeschädigten Decke. Foto: Markus Drossel

    Die Feuerwehrfrauen und -männer schafften es, mit besonnenem Vorgehen Schlimmeres zu verhindern. Dennoch drang Löschwasser in den Backofen, ließ den Schamott abplatzen und verursachte einen Totalschaden von alleine 100.000 Euro. Die Backstube wurde unbenutzbar. Die Wände und Decken sogen Wasser auf, die Holztreppe quoll auf. Ruß und und Rauch machten die Wohnung zu einem Totalschaden: Sie war unbewohnbar, Möbel waren ein Fall für die Entsorgungsspezialisten. „Dabei hatte ich vor kurzem noch alles renoviert“, sagt Mayr. Trotz allem ist sie froh, dass den Mietern nichts passiert ist. Diese wohnen seither in einer Ferienwohnung.

    Der tägliche Kampf

    Der Ofen aus dem Jahr 1954 ist nicht mehr zu gebrauchen.
    Der Ofen aus dem Jahr 1954 ist nicht mehr zu gebrauchen. Foto: Markus Drossel

    Seither kämpft sie, jeden Tag, „zehn Stunden und mehr“. Die Konditormeisterin hat für das Haus, das seit 1954 Bäckerei und Wohnung der Inhaberfamilie beherbergt, eine Inhalts-, eine Gebäude- und eine Brandversicherung, bei insgesamt zwei verschiedenen Gesellschaften. Noch am Tag des Brandes nahm Mayr Kontakt mit den Versicherern auf, machte den Schaden bei Generali und Bayerischer Versicherungskammer geltend. „Man denkt, man ist gut versichert, doch wenn ich das gewusst hätte...“, merkt sie heute, fast drei Monate später, gefrustet an.

    Eine Fotocollage im Verkaufsraum der Bäckerei.
    Eine Fotocollage im Verkaufsraum der Bäckerei. Foto: Markus Drossel

    Noch hat keine der beiden Versicherungen auch nur einen Cent bezahlt.„Es kamen fünf Männer im Anzug, waren vier Tage da, haben mich stundenlang befragt“: Die Versicherungsunternehmen reagierten prompt, vor allem die Generali, was am guten und direkten Draht zu Winfried und Volker Ernst gelegen haben dürfte. Auf beide hält Mayr große Stücke, fühlt sich von ihnen gut betreut. Doch auch deren Gesellschaft hat noch keine Zahlung veranlasst.

    Auch die Brandfahnder der Kriminalpolizei ermittelten und erstellten einen Bericht. „Die Staatsanwaltschaft hat keinen Schuldigen feststellen können“, bekräftigt Mayr. Damit ist die Lage für sie eindeutig. „Doch die Versicherungen, allen voran die Versicherungskammer Bayern, stellen mir immer und immer wieder die gleichen Fragen.“ Trotz einem fest zugeteilten Sachbearbeiter. Besonders geärgert hat sie auch eine Frage nach Original-Unterlagen zum Backofen aus dem Jahr 1954.

    Der Brandbereich ist penibel mit einer mobilen Wand von der restlichen Backstube abgetrennt.
    Der Brandbereich ist penibel mit einer mobilen Wand von der restlichen Backstube abgetrennt. Foto: Markus Drossel

    Diese Redaktion nahm Kontakt mit der Versicherungskammer Bayern auf. Pressesprecher Dr. Michael Lehner bestreitet, dass immer wieder gleiche Fragen gestellt würden. Mayr kann das aber anhand der Mails belegen. „Selbstverständlich helfen wir unseren Kunden mit entsprechenden Vorschusszahlungen, um den Geschäftsbetrieb sicher zu stellen“, antwortet er auf die Frage, warum bislang keine Zahlungen erfolgt sind. „Voraussetzung dafür ist jedoch, dass alle relevanten Fragestellungen rund um den Schadenhergang und die Ursache geklärt sind und damit die Übernahme der Kosten gesichert ist.“

    Die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft hat die Gesellschaft, wie die Generali schon deutlich vorher, nun auch angefordert und erhalten. Auch hatte die Versicherungskammer einen Gutachter vor Ort. Dr. Lehner verspricht: „Wir arbeiten gerade mit Hochdruck an der Klärung dieser Fragen, um für Frau Mayr möglichst schnell Planungssicherheit zu erlangen.“ Für Susanne Mayr klingt das wie Hohn.

    Zwischen Mietwohnung und Backstube ist klafft ein Loch in der Decke.
    Zwischen Mietwohnung und Backstube ist klafft ein Loch in der Decke. Foto: Markus Drossel

    30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt Susanne Mayr in der Bäckerei mit Stehcafé in der Angerstraße und im Stadtcafé in der Bahnhofstraße. „Es geht längst um die Existenz“, macht die Chefin keinen Hehl um ihre Situation. Entlassen wollte sie keinen ihrer Mitarbeiter, selbst die Auszubildenden will sie wieder zurückholen, sobald sie wieder voll loslegen kann.

    Bis die Versicherungen aber den Schaden begleichen, sind ihre Mitarbeiter gezwungermaßen in Kurzarbeit, da sie lediglich – „aber immerhin!“ – einen für ihre Anforderungen viel zu kleinen Leihofen hat. Mit dem kann sie nur ein Drittel von den Waren herstellen, die sie vor dem Brand produzierte.

    Es geht um die Existenz

    Die Bäckerei Mayr hat wieder geöffnet – aber nur zu reduzierten Zeiten.
    Die Bäckerei Mayr hat wieder geöffnet – aber nur zu reduzierten Zeiten. Foto: Markus Drossel

    Entsprechend kann sie nur einen Bruchteil der Kunden beliefern, die sie vor dem Feuer hatte, Ob sie diesen Kundenkreis – darunter sechs Hotels und die eine Bildungseinrichtung – je zurückbekommt, ist fraglich: Einer ihrer Großkunden beispielsweise ist nun bei einer anderen Bäckerei. „Trotz Kurzarbeit muss ich aber die Sozialabgaben weiterzahlen“, so Mayr. „Zuletzt musste ich einen Kredit aufnehmen, um die 30.000 Euro an Löhnen zahlen zu können. Ich habe keine Rücklagen, habe mein Geld immer wieder in Modernisierungen investiert.“ Nun wurde vieles ein Raub der Flammen.

    „Normal machen wir im September und Oktober den größten Umsatz des ganzen Jahres“, sagt sie. Heuer war für sie Zwangspause – ein herber Schlag. Seit 11. November ist wieder offen, der beschädigte Teil der Backstube wurde abgetrennt, das Gesundheitsamt hat dem vorläufigen Betrieb im kleinen Rahmen zugestimmt. „Ich darf wieder backen, ein sehr schönes Gefühl“, sagt Mayr. Die Ware aber reicht nur für deutlich verkürzte Öffnungszeiten. Die Mietswohnung ist entrümpelt, die Mieter können noch einige Wochen in der Ferienwohnung bleiben. Immerhin das.

    Diese Einrichtungsgegenstände ist durch den Brand unbrauchbar geworden.
    Diese Einrichtungsgegenstände ist durch den Brand unbrauchbar geworden. Foto: Markus Drossel

    Susanne Mayr steckt nicht auf. Sie will weiterkämpfen, für sich, ihre Kinder, ihre Kunden. Schon alleine für ihren Sohn, der einst BWL studierte und nun Bäcker lernte, und mit Bruder und Schwester selbst ein Café betreibt. Sie hat in den vergangenen Wochen und Monaten viel aufmunternde Worte und Hilfe erfahren, von Freunden, von Bekannten, von Partnerfirmen. Das macht ihr Mut.

    „Sobald eine der Versicherungen zahlt, bestelle ich einen neuen großen Ofen“: Der Plan steht fest. Mayr blickt auf, lächelt bei diesem Gedanken. Doch auch das wird keine kurzfristige Sache. Die Lieferzeit: wohl nicht vor Mitte Juli 2025. Auch ihre drei Azubis, die sie im September gezwungenermaßen in einen anderen Betrieb geben musste, will sie wieder aufnehmen.

    Erste positive Signale

    Mayr befürchtet, dass das mit den Versicherungen noch dauern kann. Einer ihrer Söhne ist übrigens selbst Versicherungskaufmann, kommt aber da auch nicht weiter.

    „Wir bitten um Verständnis, dass wir daher keine Aussage zu einem Zeitpunkt einer möglichen Zahlung treffen können“, heißt es von der Versicherungskammer Bayern auf Nachfrage dieser Redaktion.“ Zumindest aus Köln, von der Generali, gibt es seit kurzem Signale, dass bald eine Zahlung erfolgen könnte.

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