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EBENSFELD/PFERDSFELD: Eine Ähre und ein Vater unser als Thermometer

EBENSFELD/PFERDSFELD

Eine Ähre und ein Vater unser als Thermometer

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    Der Backofen gehört zum Dorf: Das unterstreichen Sebastian Böhmer und Zweiter Bürgermeister Hauke Petersen (rechts).
    Der Backofen gehört zum Dorf: Das unterstreichen Sebastian Böhmer und Zweiter Bürgermeister Hauke Petersen (rechts). Foto: Fotos: Andreas Welz

    Auf frisch gebackenes Brot aus dem Holzbackofen müssen die Pferdsfelder in den nächsten Wochen verzichten. Der alte Backofen im Gemeindehaus muss repariert werden. Der Bauausschuss der Marktgemeinde bewilligte in seiner Sitzung am vergangenen Dienstag 3000 Euro, damit eine 60 Jahre alte Tradition weiterleben kann. Zweiter Bürgermeister Hauke Petersen verzichtete mit den Ausschussmitgliedern auf einen Ortstermin: „Da gibt es kein Wenn und Aber, wir wollen altes Brauchtum am Leben erhalten“, sagte er unserer Zeitung.

    Vor Ort hatte Altgemeinderat Sebastian Böhmer die Tür zum Backhaus aufgeschlossen. Am einst stolzen Hausbackofen hatte der Zahn der Zeit genagt. Die dicken Schamott-Steine der zweietagigen Holzbackofen-Einsätze waren stark beschädigt. Die schweren Gussteile wiesen Gebrauchsspuren auf. Die beiden Guss-Türen, mit dem Spruch „Unser täglich Brot gib uns heute“, sind doppelwandig gearbeitet und klappen nach unten auf, so dass sie auch als Auflage dienen können.

    „Damals zählte das Brotbacken in unserer damals selbstständigen Gemeinde Pferdsfeld-Unterneuses zur wichtigsten Versorgung der Bevölkerung.“

    Der Ofen wurde von der Firma Willy Appelt K.-G. in Herzberg am Harz hergestellt. Die Spezialfabrik für Backöfen und Räucherschränke war der größte und älteste Spezialbetrieb der stationierten Schamotte-Hausbacköfen im vergangenen Jahrhundert. Im Vergleich zu den wenigen noch existierenden Öfen wurde dieses Kleinod der Ofenbaukunst um 1900 herstellt. Er überstand zwei Weltkriege und bewahrte die Menschen in Zeiten bitterster Not vor Hunger.

    Seit 1952 wird in Pferdsfeld nachweislich in diesem Ofen Brot gebacken. „Damals zählte das Brotbacken in unserer damals selbstständigen Gemeinde Pferdsfeld-Unterneuses zur wichtigsten Versorgung der Bevölkerung“, erläuterte Sebastian Böhmer. Eine Handvoll Ehrenamtlicher setzte das Brotbacken fort, auch dann, als Bäckereien mit ihren Verkaufsfahrzeugen durch den Ort fuhren. Zum Dorffest komme neben Brot und Kuchen auch Pizza aus dem Holzbackofen. „Auch ein Schweinebraten aus dem Hozbackofen mundet vortrefflich“, berichtete Böhmer.

    25 bis 30 Laibe mit einem Gewicht von sechs bis sieben Pfund passen in die beiden Röhren des Ofens. Die Technik des Backens ist seit Jahrhunderten überliefert. Mit knapp 30 Pfund trockenem Fichtenholz wird der Ofen auf eine Temperatur von 300 Grad gebracht. Jetzt verbleibt die Glut eine Weile im Ofen, damit sich die Wärme gleichmäßig verteilt. Die Glut wird dann ausgeräumt und das Brot zwischen 200 und 300 Grad gebacken. Die Alten kannten eine unfehlbare Methode, um die richtige Backtemperatur zu ermitteln. Eine Ähre wurde in den Ofen gelegt und ein Vaterunser gebetet. War die Ähre anschließend braun, war die Temperatur gerade richtig.

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