Sich mit der spannenden Geschichte des Landkreises auseinanderzusetzen bereitet besonders viel Freude, wenn sie ein Referent präsentiert, in dessen Person sich nie nachlassende Neugier, profundes Fachwissen sowie die Fähigkeit, im Publikum die Faszination für naturwissenschaftliche Vorgänge zu entzünden, verbinden. Dies trifft auf den Geologen Dr. Friedrich Leitz zu, der im Stadtmuseum Bad Staffelstein knapp 100 Besucher mitnahm auf eine Reise durch die Historie des Erzabbaues in der Region.
Über 70 Jahre ist es her, dass der Bergbau zur Gewinnung von eisenhaltigem Erz am Obermain zum Erliegen kam. Doch der Erzabbau ist ein Teil der Geschichte der Menschen hier, der so viele Facetten hat, so viele Erinnerungen bietet, dass es fahrlässig und schade wäre, sich nicht mit der Historie dieser hierzulande „gestorbenen“ Branche auseinanderzusetzen. Die Besucherresonanz war stark und proppenvoll gefüllt das ganze Erdgeschoss des Stadtmuseums.
Dass der Referent in Sachen Geologie ein wandelndes Lexikon ist, dürfte inzwischen jedem Kind am Obermain bekannt sein. In seiner anschaulichen Weise verglich Leitz Brauneisenerz und Roteisenerz hinsichtlich ihrer Verwendbarkeit in der Eisengewinnung, erläuterte darauf bezogen die geologischen Gegebenheiten um Vierzehnheiligen und ging auf die Zusammensetzung der Gesteine ein. Entscheidender Bedeutung bei der Beurteilung der Qualität eines Eisenerzvorkommens sind der Eisenoxid-Gehalt es Eisenerzes sowie die Dicke der Gesteinspakete, der Fachmann spricht hier von „Mächtigkeit“.
56 Bergleute unter Tage
Der Referent würzte seine Ausführungen mit Zitaten früherer Naturwissenschaftler sowie Zeitzeugen. So heißt es in der „Geognostischen Beschreibung des Königreiches Bayern“ des Geologen Carl Wilhelm von Gümbel: „Der Stollen ,Kleiner Johannes’ zog sich von Wolfsdorf bis in das gegenüberliegende Tal bei Uetzing. In Hochkonjunkturzeiten waren dort 56 Bergleute unterwegs“. Eine ganze Reihe weiterer Stätten hiesigen Erzabbaus nannte der Geologe, so etwa die Romansthalzeche oder die Germania-Zeche bei Uetzing. Letztere zählt zu den kleineren Abbaustätten, welche salopp als „Rucksack-Lagerstätten“ tituliert wurden.
Auf einem Sack liegend gearbeitet
Ohne moderne Technik war der Bergbau für die Arbeiter in den Erzbergwerken im Landkreis kein Zuckerschlecken. In den schmalen Bergwerksgängen war die Bewegungsfreiheit aufs Extremste eingeschränkt. Die Arbeiter verrichteten ihren Knochenjob wegen der geringen Höhe der Stollengänge „auf einem alten Sack liegend“, las Leitz aus einer Beschreibung des früheren Lichtenfelser Stadtarchivars Moritz Abend. Einen lebendigen Eindruck, wie anstrengend das Schuften in den Stollen war, vermittelten auch die verlesenen Erinnerungen des um 1920 in einer Abbaugrube in Loffeld tätig gewesenen Romansthalers Martin Wiesmann.
„Undurchlässigkeit gibt es nicht in der Natur“, leitete Leitz über ein im Bergbau gerade in früheren Jahrhunderten großes Problem – den durchs Gestein allmählich sickernden Regen. Zwar wurden „Röschen“ angelegt, wie der Bergmann die zur Ableitung des Wassers angelegten Wasserrinnen nannte. Doch trotz aller Vorkehrungen kommt es immer wieder zu regelrechten Seen im Stollen. Dies war auch bei den Erzbergwerken am Obermain hin und wieder der Fall. „In der Bergbausprache sagt man dann, der Stollen ist ,ersoffen’“, erklärte Leitz. Geschehen ist dieses unerfreuliche Szenario beispielsweise in einem ehemaligen Stollen bei Oberlangheim. „Im Sommer dieses Jahres möchte ich eine Exkursion dorthin anbieten im Rahmen des CHW-Programms“, blickte der Referent voraus.
Leitz gab ferner einen Überblick über die geschichtliche Entwicklung der Eisenverhüttung. Von der keltischen Zeit bis ins Mittelalter kam das heute sehr umständlich anmutende Verfahren des „Rennfeuers“ zum Einsatz, wodurch aus dem nahe der Oberfläche befindlichen und somit relativ leicht zu bergenden „Raseneisenerz“ Eisen gewonnen wurde. Die daraus resultierenden schlackartigen Eisenklumpen – im Fachchinesisch „Luppe“ oder auch „Eisensau“ genannt – mussten in weiteren Arbeitsgängen erhitzt und geschmiedet werden, um das Eisen von der Schlacke zu befreien. Als die Werkstücke immer größer wurden, kamen wassergetriebene Hammerwerke zum Einsatz. Im Landkreis Lichtenfels gab es nur ein Hammerwerk in der Nähe von Schney. Der Name des dort befindlichen Weilers – eben Hammer – erinnert noch heute daran.
Der Fortschritt hielt auch hier Einzug. Etwa 1800 brachte die Erfindung des Hochofenprinzips die Möglichkeit, Erze aus verschiedenen Gruben zu mischen und nach den Gesetzen der Thermodynamik die Schmelztemperatur des Eisenerzes zu senken.
Hieraus resultierte eine Konjunktur des Bergbaus. Doch diese Branche ist vielen Unsicherheitsfaktoren unterworfen, aufgrund des „Schweinezyklus“ hatte diese Branche immer wieder Aufs und Abs. Hieraus lassen sich auch die aus alten Quellen sprechenden extremen Stimmungslagen erklären: „Mal hieß es deshalb, der Bergbau blüht, dann wieder: der Bergbau ist erledigt“, fasst es Leitz zusammen.
Am 18. Januar 1941 beendet
Am 18. Januar 1941 war der Erzabbau am Obermain „beerdigt“. Anderswo in Deutschland, infolge des deutschen „Wirtschaftswunders“ blühte der Eisenerz-Abbau noch ein paar Jahre länger, wie etwa in Salzgitter „Der Besuch des dortigen Bergwerks in den 60er-Jahren war noch Bestandteil meines naturwissenschaftlichen Studiums damals“, erinnert sich der fidele 70-jährige. Auch in Pegnitz wurde noch bis 1967 Erzabbau betrieben. Was historische Details zu einzelnen früheren Zechen der Region angeht, verwies Leitz im übrigen auf Veröffentlichungen von Bezirksheimatpfleger Dr. Dippold sowie Elmar Kerner.
Das Publikum war sehr angetan von der informativen wie kurzweiligen Veranstaltung und spendete den verdienten Applaus. Positiv war die Resonanz sowohl bei in der Thematik bewanderten Zuhörern wie dem derzeit hier weilenden Wilfried Meusel aus Kappeln in Norddeutschland als auch den Gästen, die bisher nicht so viel Einblick in die Materie hatten und deren geologische Neugier nun wieder ein Stück mehr geweckt sein dürfte.
Lobende Worte fand auch Adelheid Waschka, Leiterin des KIS-Arbeitskreises Stadtgeschichte sowie des Stadtmuseums, die vor diesem Hintergrund einen Wunsch äußerte: Um das historische Wissen für die zukünftigen Generationen zu erhalten und weiter vermitteln zu können, sind Nachfahren von früher im Erzabbau in der Region tätig gewesenen Personen die wohl wichtigste Informationsquelle und können sich, sollten sie über Aufzeichnungen verfügen oder sich an Erzählungen von Zeitzeugen erinnern, gerne beim Stadtmuseum melden.