ERLANGEN/KLOSTER BANZ Am 1. April, am Ostermontag, wird Pfarrer Hans Ammer 80 Jahre alt. Er ist der letzte aus der Gemeinschaft von den Heiligen Engeln in Kloster Banz.
Vor gut 60 Jahren trat er dort ein. Nach dem Studium in Bamberg und Rom war er zunächst in Genua tätig, dann ab 1968 Pfarrverweser in Banz und ab 1971 in Altenbanz. 1976 arbeitete er in Madrid, anschließend war Ammer Pfarrer in Mailand und in Den Haag, von 1984 bis zum Ruhestand 2009 Seelsorger der deutschsprachigen Katholiken in der Diözese Triest.
Von 1987 bis 1998 hatte er zusätzlich das Amt des Generalkommissärs der Gemeinschaft von den Heiligen Engeln inne. Hans Ammer lebt heute in Erlangen, im Seniorenpflegezentrum Marienhospital der Sankt-Franziskus-Schwestern von Vierzehnheiligen.
OT: Herr Pfarrer Ammer, Sie sind Altbayer vom Jahrgang 1933 – was hat Sie nach Franken und nach Banz geführt?
Ammer: Ich war im Knabenseminar Sankt Valentin in Passau und dort in den mittleren Klassen des Gymnasiums Bibliothekar. Da habe ich Bücher von Bischof Franz Xaver Geyer für mich entdeckt, ganz besonders „Durch Sand, Sumpf und Wald“ – ein spannender Bericht über seine Missionsreisen in Zentralafrika.
Gleichzeitig habe ich im barocken Passau vieles aus der Kunstgeschichte gelesen, und dabei bin ich auf das großartige Gesamtkunstwerk Banz gestoßen.
Überdies hatten wir im Gymnasium in den letzten Jahren Professor Dr. Aign, der mich für die Geologie begeisterte. Dazu gehörten die auch damals schon berühmten Banzer Petrefakten. Und als ich im Passauer Dom ein Werbeplakat der Gemeinschaft für Auslandsdeutschen-Seelsorge in Banz sah, fügte sich all das zusammen. Das war eine Aufgabe, die mich interessierte.
Ihre Entscheidung für die Gemeinschaft von den Heiligen Engeln stand also frühzeitig fest.
Nach dem Abitur habe ich nach Banz geschrieben und um Informationen gebeten. Und im September 1952 bin ich mit dem Fahrrad nach Schloss Banz gefahren. Meine Entscheidung stand tatsächlich schnell fest. Am 15. Oktober 1952 bin ich dort in die Gemeinschaft eingetreten.
Sie sind dann weit herumgekommen. Welche Station hat Sie am Stärksten geprägt: Rom, Madrid, Mailand, Den Haag, Triest oder gar Banz?
Banz, Rom und Triest waren für mich die wichtigsten Stationen. Banz hat mich von Anfang an ungeheuer fasziniert. Ich habe es rundherum erforscht und alles gelesen, was ich darüber finden konnte.
In Rom lebte ich im deutschen Kolleg von Sta Maria dell‘Anima, im Herzen des barocken Rom, nahe der Piazza Navona. Meine liebsten Wege führten von dort zu Fuß durch die Via dei Coronari über die Engelsbrücke in den Vatikan.
Oder über die Piazza Navona, am Pantheon und am Parlament vorbei zu unserer Universität, der Gregoriana. Rom habe ich mir ganz intensiv erschlossen, auch weil ich viele Pilgergruppen aus Bayern und Österreich geführt habe.
Am Ende der 1960-er und in den 1970-er Jahren waren Sie Pfarrverweser von Banz und Altenbanz: Eine kleine Welt für jemanden, der die große kennen gelernt hat?
Eine interessante und spannende Welt, allein schon der Gegensatz zwischen dem zum offenen Maintal orientierten Banz und dem traditionell bestimmten Altenbanz – eigentlich eine Welt für sich und ein Ort herzlicher Begegnungen. In beiden Pfarreien habe ich wunderbare Menschen kennen gelernt. Das war auch eine Welt der praktischen Ökumene: Jeden Montag haben der evangelische Pfarrer Schlögl aus Herreth und ich in der Schule von Bodelstadt gemeinsam Gottesdienst gefeiert.
1998 haben Sie als Generalkommissar die Auflösung der Gemeinschaft von den Heiligen Engeln erlebt – da war Banz schon zwei Jahrzehnte im Besitz der Hanns-Seidel-Stiftung. Gab es keine Chance für ein Weiterbestehen der Gemeinschaft?
Wir wurden ja immer weniger und immer älter, die Klosteranlage hätten wir nicht erhalten oder gar restaurieren können. Insofern war die Hanns-Seidel-Stiftung 1978 tatsächlich die Rettung für Banz.
Vielleicht hätte es lange vorher eine Chance für ein Weiterleben der Gemeinschaft gegeben, als in der Nachfolge von Pater Linnemann Prälat Albert Büttner, der Leiter der Katholischen Auslandsseelsorge, zum kommissarischen Oberen ernannt wurde. Aber nach Prälat Büttners Schlaganfall war diese Chance endgültig vorbei.
Bis 1998 hatten Sie ein Zimmer in Banz. Wie eng sind heute Ihre Verbindungen zum Obermain?
Ich habe guten Kontakt zur Hanns-Seidel-Stiftung in Banz und viele Freunde und Bekannte in den Pfarreien Banz und Altenbanz. Ich bin immer wieder gern dort, wo ich 1952 begonnen habe. Mein Handicap: Ich kann nicht mehr selber Auto fahren.
Sie sind am 1. April 1933 geboren; am 2. April 1943, also vor 70 Jahren, verstarb Bischof Franz Xaver Geyer in Banz. Persönlich haben Sie ihn nie kennen gelernt – aber was bedeutet er Ihnen?
Bischof Geyer - der dritte Nachfolger von Daniele Comboni als Apostolischer Vikar von Zentralafrika - war einer der großen Afrika-Missionare des 19. Jahrhunderts. Mit seiner Gründung der Auslandsdeutschen-Mission wurde er dann 1926 ein Ideengeber für diese Aufgabe. Aber die politische Entwicklung war gegen ihn. 1933, als er Banz für die Gemeinschaft kaufte, begann das Unrechts-Regime Hitlers und der Nationalsozialisten. 1943 waren fast alle Mitglieder der Gemeinschaft im Krieg, als Bischof Geyer ziemlich vereinsamt starb. Und sein Konzept einer Auslandsdeutschen-Mission war nach dem Kriegsende 1945 in Europa erst einmal am Ende. Was freilich blieb, war später die seelsorgerliche Betreuung deutschsprachiger Katholiken im Ausland, meine Aufgabe über Jahrzehnte.
Am Ostermontag feiern Sie in Erlangen Ihren 80. Geburtstag. Wenn Sie an diesem Tag in Banz predigen müssten – was wäre Ihr Thema, Ihre Botschaft?
Habt den Mut, überall hinzugehen, euch immer wieder neuen Aufgaben zu stellen. Seid offen für alle, die euch begegnen, geht auf sie zu: Neue Menschen kennen zu lernen - das kann eine so beglückende Erfahrung sein. Vor allem: Habt keine Angst.
Über Franz Xaver Geyer
Franz Xaver Geyer, geboren 1859 in Regen im Bayerischen Wald, ging nach der Priesterweihe 1882 als Comboni-Missionar in den Sudan und nach Zentralafrika. 1903 wurde er als Apostolischer Vikar für Zentralafrika zum Missionsbischof geweiht. Geyer schrieb mehrere Bücher, vor allem über seine Missionsreisen. Das Ende des Ersten Weltkriegs bedeutete auch das Ende seiner Tätigkeit in Afrika; er entwickelte dann Pläne zur Ausbildung von Priestern für deutsche Katholiken im Ausland und gründete 1926 in Bad Godesberg die „Gemeinschaft von den Heiligen Engeln für die Auslandsdeutschen-Mission“. Am 5. Mai 1933 erwarb er mit Spendengeldern Deutscher in den USA von Herzog Ludwig Wilhelm in Bayern Schloss Banz für die Gemeinschaft. Bischof Geyer starb am 2. April 1943; er liegt in der Kapelle im linken Turm der Klosterkirche Banz begraben.
Von den Heiligen Engeln
1934 zog die Gemeinschaft mit über 100 Mitgliedern - Priestern, Laienbrüdern, Novizen und Seminaristen – in die ehemalige Benediktinerabtei Banz ein. Die Mitglieder der Gemeinschaft waren in deutschsprachigen katholischen Gemeinden im Sudetenland, in Polen, Jugoslawien, Italien und Westeuropa, aber auch in den USA und Brasilien tätig. Gleichzeitig nahmen sie die Aufgaben als Pfarrer in Banz und anderen Gemeinden wahr. Nach dem Zweiten Weltkrieg ging die Mitgliederzahl allmählich immer weiter zurück. 1978 übernahm die Hanns-Seidel-Stiftung Kloster Banz; die Gemeinschaft von den Heiligen Engeln wurde 1998 aufgelöst.