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BAD STAFFELSTEIN: Über das „Maschinengewehr Gottes“

BAD STAFFELSTEIN

Über das „Maschinengewehr Gottes“

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    Zeitzeugin: Elisabeth Müller-Klein mit Pater-Leppich-Buch „Christus auf der Reeperbahn“.
    Zeitzeugin: Elisabeth Müller-Klein mit Pater-Leppich-Buch „Christus auf der Reeperbahn“. Foto: MARIO DELLER

    „Das Evangelium ist nun einmal kein Schlafpulver, sondern Dynamit“. Das war noch einer der „harmloseren“ Sätze des Geistlichen, der nicht umsonst den Beinamen „Maschinengewehr Gottes“ verliehen bekam. Schönrednerei war nicht sein Ding. Die Rede ist vom unvergessenen Jesuitenpater Johannes Leppich. Am 16. April wäre der für seine wortgewaltigen Reden bekannt gewordene Glaubensmann, der als Wanderprediger auch in Staffelstein die Massen anzog, 100 Jahre alt geworden. Die 77-jährige Elisabeth Müller-Klein durfte Pater Leppich kennenlernen, würdigt im Gespräch die Bedingungslosigkeit, mit der der Jesuit für den gelebten Glauben eintrat.

    Öfters angeeckt

    „Wir haben Gott in die Dome gesperrt und in den Museen konserviert“. Zack, wieder hatte Pater Leppich einen verbalen Schuss abgefeuert. Dass er mit Sätzen wie diesen bei der Obrigkeit auch einmal aneckte, lag auf der Hand. Schonungslos offen war der Jesuit, nahm kein Blatt vor den Mund. Leppich rüttelte die Menschen auf, und das war auch seine Absicht. Durch seine volksnahe Bibelauslegung vermittelte der Jesuitenpater vielen religiös entwurzelten Menschen der Nachkriegszeit eine neue geistige Heimat.

    Älteren Bürgern von Bad Staffelstein ist Pater Leppich noch heute ein Begriff. Elisabeth Müller-Klein beispielsweise durfte bei etlichen Begegnungen den Geistlichen, aber auch den Privatmenschen Johannes Leppich kennenlernen. Die heute 77-Jährige traf ihn erstmals 1964 bei einem Exerzitienkurs in Vierzehnheiligen. Noch heute geht ihr das Herz auf, wenn sie von Pater Leppich spricht: „Als tiefgläubiger Mensch stand er immer hinter der Sache, trat ein für das gelebte Christentum und konnte auch einmal toben, wenn ihn etwas aufregte. Doch zugleich war er voller Herzenswärme und auch sehr humorvoll, konnte sich kugelig lachen“.

    Als der Wanderprediger kam

    Beginnend mit einer aufsehenerregenden Predigt im Jahr 1948 in einem Essener Zirkuszelt verlegte Leppich fortan seine flammenden Ansprachen auf Straßen, Plätzen und Fußballstadien. Als Wanderprediger setzte er sich ein für ein gelebtes, soziales Christentum – und begeisterte als solcher am 29. Mai 1968 auch die Staffelsteiner Bürger. Müller-Klein hat sich den Zeitungsbericht aufgehoben. Als wäre es gestern, erinnert sie sich noch an diesen Mittwoch, wie Pater Leppich am Kirchplatz tausende Zuhörer begeisterte: „Die Straßen waren voll, das war beeindruckend, wie er da auf dem Autodach seines Kombis zu den Menschen sprach“.

    Auch wenn Leppich polarisierte – seine Verdienste sind umstritten. Er war am Puls der Zeit, war auch ein Vordenker. Müller-Klein nennt zwei Beispiele für die unerschütterliche Tatkraft des Jesuiten: „So mancher jüngerer Bürger weiß vielleicht gar nicht mehr, dass Pater Leppich als Begründer der ,action 365‘ die ökumenische Laienbewegung voranbrachte und zudem Mitinitiator der Telefonseelsorge war“. Aufmerksam verfolgt die rüstige Bad Staffelstein das Wirken des amtierenden Oberhirten der katholischen Kirchen – und sieht hier durchaus Parallelen: „Die Volksnähe, mit der Papst Franziskus, der ja selbst ebenfalls Jesuit ist, den Menschen gegenübertritt, erinnert mich stark an Pater Leppich“.

    Leppich wusste, wo den Menschen der Schuh drückt. Schließlich war der Jesuit unter anderem auch im Flüchtlingslager in Friedland sowie in Gefängnissen und heruntergekommenen Großstadtbezirken seelsorgerisch tätig. Durch diese Erfahrungen lernte er die Brennpunkte der sozialen Verhältnisse kennen.

    „Es kommt darauf an, dass man den Menschen auf der Basis eines christlichen Urverständnisses begegnet, so wie es Pater Leppich vorgelebt und gepredigt hat“, fasst Müller-Klein in Worte, was uns die Erinnerung an Pater Leppich „sagen“ will. Sie möchte dies freilich nicht als Kritik an der heute in der Kirche Tätigen missverstanden wissen: „Die katholischen und evangelischen Geistlichen hier in Bad Staffelstein sind in der Verkündigung und Umsetzung der christlichen Botschaft sehr engagiert“, lobt sie.

    In Oberschlesien geboren

    Pater Leppich, gebürtiger Oberschlesier, schloss am 7. Dezember 1992 für immer die Augen, starb nach langem schwerem Leiden in Münster. Mit seinen schonungslos offenen Reden, seinem tief verwurzelten Glauben bleibt er unvergessen. Die Erinnerung an das „Maschinengewehr Gottes“ ist auch Mahnung an alle Christen, nie in Starrheit zu verfallen, sondern wach und lebendig zu bleiben, immer wieder neu aufzubrechen, um sich kontinuierlich neu auszurichten auf die Nöte der Menschen.

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