Bereits vor einiger Zeit erhielt die Stadt Bad Staffelstein von der Stiftung der Sparkasse Coburg-Lichtenfels eine Zuwendung zum Ankauf einer einmaligen Postkartensammlung. Nachdem jetzt auch die Bayerische Einigung e.V./Bayerischen Volksstiftung dieses Projekt mit einem Betrag unterstützte, konnte der historische Schatz für das Stadtarchiv gesichert werden.
Abwechslungsreich gestaltete Motive sind bei Postkartensammlern sehr beliebt, nur kommt es nicht häufig vor, dass jemand von drei Hauptsehenswürdigkeiten – Vierzehnheiligen, Banz und Staffelberg – sowie Staffelstein eine solche Fülle von verschiedenartigen, erschienenen und gelaufenen Karten (hauptsächlich zwischen 1890 und 1930, aber auch bis 1980) sein Eigen nennen kann. Der aus Staffelstein stammende Hermann Trütschel besaß davon 1200 Stück, und es darf als ein Glücksfall gesehen werden, dass er sich noch zu Lebzeiten von dieser Sammlung trennen wollte. Denn das Schicksal eines solchen Erbes besteht meist darin, dass die „Sahnestückchen“ an Fachhändler verkauft und die Reste auf Flohmärkten zu Dumpingpreisen in alle Winde zerstreut werden.
Die einzige Bedingung für den Ankauf bestand darin, die Sammlung nicht zu zerschlagen und in ihrem Zusammenhang zu belassen. Hiermit erwarb die Stadt nicht nur bedrucktes Papier, sondern die Vielfalt dokumentiert den Beginn des Fremdenverkehrs am Obermain: Victor von Scheffel beschrieb in seinem Lied „Wanderlust“ – der Frankenhymne „Wohlauf, die Luft geht frisch und rein …“ (1860) – und andere die Schönheiten der Gegend um Bad Staffelstein und verhalf dem „Einsiedelmann“ der Staffelbergklause zu seiner künftigen Berühmtheit. Daraufhin kamen im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts viele Fotografen in diese Gegend. Ihre Erzeugnisse – Postkarten in sämtlichen Variationen – konnten in den Kauf-, Souvenir- und Andenkenläden erworben werden, um den „Lieben“, Zuhausegebliebenen Grüße aus dem Maintal zu senden.
„Jahrhundertsturm“
Einer davon war der Staffelsteiner Josef Hospe (1874–1955). Nach seinem Tod übergaben die Erben den Nachlass an die Stadt Staffelstein, und dieser schien für die Nachwelt gesichert.
Doch das Hochwasser am 22. Mai 1978 fegte mit der Naturgewalt eines „Jahrhundertsturms“ über Frankenalb und Lautergrund und ließ durch seine heftige Flut fast alle Mühlen sterben. Die 1955 errichtete Adam-Riese-Schule liegt neben Lauter und Mühlgraben, ihre Kellerräume wurde damals von den Schlammmassen überspült und alles, was sich dort befand, vernichtet. Darunter lagerten wertvolle Glasnegative und das Erbe von erwähntem Hospe. Es ist somit ein außerordentlicher Glücksfall, dass mit diesem Zugang auch die Kunstpostkarten von Hospe wieder für eine wissenschaftliche Auswertung zur Verfügung stehen, denn ihm war nicht an Authentizität gelegen, sondern an der besonderen Stimmung, die er mit seinen Lithografien hervorrufen konnte.
Einen ersten Nutzen konnte bereits das Wallfahrtsmuseum in Gößweinstein aus dieser Motivgeschlossenheit ziehen. Die dortige Leiterin, Dr. Regina Urban, wählte aus dem Abbildungsschatz der am Staffelberg wohnenden Eremiten diejenigen Exemplare aus, die am besten in ihr Ausstellungskonzept passten. Bis zum 18. Oktober 2015 können diese Postkarten aus der Sammlung von Hermann Trütschel mit weiteren Exponaten zum Thema „Von Einsiedlern und frommen Stiftern. Wie Heilige Bezirke entstehen“ in der Fränkischen Schweiz besichtigt werden. Für Weihnachten ist die Herausgabe eines Postkartenbuchs mit den schönsten Motiven geplant, um die Ansichten – so der Wille der finanziell beteiligten Stiftungen – auch der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.