Vor über zwei Jahrzehnten hat Reinhold und Monika Hanna „ein Virus“ gepackt und seither nicht mehr losgelassen: Das bekannte Münchner Autorenpaar mit fränkischen Wurzeln hat sich mit Haut und Haar dem Jakobsweg verschrieben. Unzählige Male waren sie schon in Santiago de Compostela, immer wieder pilgern sie in ganz Europa auf dem Jakobsweg. Und auch wenn der finale Abschnitt in Spanien der Berühmteste sein mag: Der fränkische Jakobsweg, von Kronach über Lichtenfels, Bamberg und Forchheim nach Nürnberg, sei einer der schönsten. Das zeigten die Hannas im Rahmen eines Multivisionsvortrag im Gemeinschaftshaus Oberleiterbach auf.
„Da mittlerweile tausende Pilger pro Tag die Wegstrecken in Spanien laufen, hat es nicht mehr den ursprünglichen Charakter.“
Monika und Reinhold Hanna, Buchautoren
„Wir stammen beide aus der IT-Branche und haben irgendwann angefangen, zum Ausgleich auf dem Jakobsweg zu laufen“, erläutert die 71-Jährige im Gespräch mit dieser Redaktion. „Geschichte und Kultur haben mich schon immer interessiert. Und so packte uns der Jakobweg-Virus.
“ So sorgten die Wahl-Münchner beispielsweise dafür, dass der Weg „vor unserer Haustüre“, also zwischen München und dem Bodensee, im Zeichen der Muschel markiert wurde. Und sie schrieben vier Bücher, die immer wieder aktualisiert werden, um Appetit auf den bekanntesten Pilgerweg Europas zu machen.
Ausgleich zum Alltagsstress
Oberleiterbach kennen Reinhold und Monika Hanna seit 2005, als sie zum ersten Mal durch den Ort am fränkischen Jakobsweg kamen und von der wuchtigen Kirche beeindruckt waren. „Das Dorf ist wunderschön“, lobten sie die Lätterbocher bei ihrem Multivisionsvortrag. Sie hatten sich sogar die Zeit genommen, um zuvor durchs das Bundesgolddorf zu schlendern und sich an den Tafeln des Historischen Dorfrundgangs über die baulichen Besonderheiten zu informieren. Selbstverständlich findet Oberleiterbach auch in ihren Büchern Berücksichtigung.
„Da mittlerweile tausende Pilger pro Tag die Wegstrecken in Spanien laufen, hat es nicht mehr den ursprünglichen Charakter“, meint Reinhold Hanna ein wenig traurig. Erst vor wenigen Tagen waren sie wieder auf der iberischen Halbinsel. Anders sei es auf dem Schweizer, dem französischen Jakobsweg oder dem in Franken: Hier schätzten die Menschen am Wegesrand die Pilger noch, plauschten mit ihnen, würden ihnen Tipps geben, böten ein Quartier an oder mal einen Kaffee zur Stärkung. „Genau das brauchen die Pilger. Hat man all das nicht, ist es bloß eine Wanderung.“ Apropos Stärkung: Sehr freuen sich die Autoren, dass es in Oberleiterbach seit einigen Monaten einen Pilgerbrunnen in der Ortsmitte gibt, Sitzgelegenheit inklusive. Und dass man sich in der tagsüber immer offenen Sankt-Laurentius-Kirche einen Kirchenstempel als Andenken holen kann.
Der Rucksack wird zentnerschwer
„Spiritualität beim Pilgern fängt von unten an“, meinte Monika Hanna in ihrem Vortrag. Durch das Laufen und die körperlichen Anstrengungen („Der am Anfang leichte Rucksack wiegt irgendwann zentnerschwer“) in Verbindung mit den Erfahrungen am Wegesrand komme man Schritt für Schritt dem Heiligen Jakobus näher, befreit von den Zwängen des Alltags und der modernen Zivilisation.
Wie zum Beweis hatten sie einen Film über ihre Pilgerreise aus dem fränkischen Jakobsweg mitgebracht, der die Zuhörer regelrecht in seinen Bann zog. Darin enthalten war auch eine kurze Sequenz über Oberleiterbach – und bei den Liedern, mit denen das Video untermalt waren, sangen die Anwesenden zum Teil gleich mit. Und sie waren sich einig, dass der gastgebende Gartenbauverein das sympathische Ehepaar aus der Landesshauptstadt bald mal wieder in den „Gottesgarten am Obermain“ einladen müsse.