Streit zweier Machthungriger um die Krone, verletzter Stolz und die schreckliche Eskalation während einer Hochzeit – nein, es handelt sich hier mitnichten um einen neuen, packenden Kinofilm. Die Entstehungsgeschichte zum berühmten Königsmord von Bamberg anno 1208 hätte allerdings wirklich das Zeug dazu. Mit seinem CHW-Vortrag im Ebensfelder Pfarrheim ging Professor Klaus van Eickels der spannenden Frage nach den Hintergründen der historischen Tat nach.
Eigentlich sollte jener geschichtsträchtige 21. Juni im Jahre 1208 ein Tag der Freude werden, wie die Zuhörer erfuhren. Der deutsche König Philipp von Schwaben lässt es sich nicht nehmen, in Bamberg der Vermählung zwischen seiner Nichte Beatrix und Herzog Otto VII. von Andechs-Meranien beizuwohnen. Philipp hatte sich am Nachmittag „in ein kühles Gemach“ zurückgezogen, ließ einen Aderlass an beiden Armen vornehmen. „Das bedeutete nicht, dass Philipp krank war. Dahinter steckte die mittelalterliche Vier-Säfte-Lehre. Der übrigens auch vorbeugend damals angewandte Aderlass diente dazu, die ,schlechten‘ Säfte abfließen zu lassen“, erklärte der Referent.
Keine Zeugen
Dann taucht Otto VIII. von Wittelsbach bei der Hochzeit auf und schlitzte Philipp mit dem Schwert die Halsschlagader auf, mit tödlicher Wirkung. Zeugen gab es keine, doch weitverbreitet ist die These von einem Racheakt – aus gutem Grund, wenn man die Lebensgeschichte von Täter und Mordopfer näher unter die Lupe nimmt: Einige Jahre zuvor, 1203, hatte Philipp seine Tochter Kunigunde mit seinem späteren Mörder Otto VIII. verlobt. Doch Philipp brach das Eheversprechen und einigte sich 1207 mit dem böhmischen König Ottokar I. über die Verlobung der inzwischen fünfjährigen Prinzessin mit dessen zweijährigem Sohn und Nachfolger Wenzel I.
Der Königsmord von Bamberg war also vermutlich ein Racheakt – und hatte auch weitreichende politische Folgen. Es gab für die Nachfolge Heinrichs VI. als König nämlich drei Kandidaten: Zum einen Heinrichs Sohn Friedrich II – dieser war aber noch zu jung zum Regieren –, dann Philipp und außerdem Otto IV. von Braunschweig.
Es folgte einer erbitterter Streit um den Thron. Sowohl Philipp als auch Otto IV. ließen sich 1198 jeweils zum König wählen und krönen. Was uns heute 800 Jahre später verwundert, war einst gar nicht so spektakulär. „Wer damals einer Königswahl nicht zustimmte, sagte nicht ,Nein‘, sondern ging weg und wählte mit anderen Wählern, die diesen Kandidaten ebenfalls nicht als König wollten, einen anderen zum König.“
Dass die gesellschaftlichen Normen und Verhaltensweisen ganz anders gestrickt waren als heutzutage, macht der weitere Verlauf diese Thronstreits deutlich. So sollte nach dieser Doppelwahl letztlich eine Entscheidungsschlacht die Entscheidung bringen. Dessen Ausgang würde dann als „Gottesurteil“ akzeptiert werden. „Schlachtenglück war nach mittelalterlicher Vorstellung Fügung Gottes“, so van Eickels, der die Tragweite einordnete: „Das Religiöse war damals nicht allein entscheidend, bildete aber quasi den rechtlichen Rahmen, vielleicht vergleichbar mit der heutigen Verfassung.“
Zeichen Gottes
Zu der militärischen Auseinandersetzung kam es dann infolge des Mordes an Philipp von Schwaben nicht mehr. „Vermutlich wurde auch der Mord als Zeichen Gottes gesehen, zumal es ja eine verhältnismäßig kleine Schnittwunde war, die zum Tode führte“, meinte der Referent. Vieles deutet auf Rache als Motiv für den Mord hin. „Eine Verlobung war im Mittelalter bindend.“
War der Mord also reine Privatsache? Der Referent verneint dies: „Die Auflösung einer Eheabsprache stellte damals schließlich eine massive Beeinträchtigung des Ansehens für Otto VIII. von Wittelsbach dar, hatte somit Einfluss auf die Stellung der Akteure im Herrschaftsgefüge des Reiches.“
Wer nun damals nach dem „Königsmord von Bamberg“ gedacht hatte, Thronkandidat Otto IV. hätte nun leichtes Spiel, der irrte: Zwar wurde dieser tatsächlich 1209 noch einmal zum König gekrönt, aber aufgrund seines Versuchs, Sizilien zu erobern, mit dem strengen Papstbann belegt. So errang der mittlerweile 18-jährige und damit regierungsfähige Friedrich II. 1212 die Königswürde.
Kein Entkommen für den Mörder
Und was wurde aus dem Mörder? Auch darauf erhielten die dankbaren Applaus spendenden Zuhörer bei dem viele Facetten beleuchtenden historischen Vortrag eine Antwort. Seiner Strafe entging Otto. VIII. von Wittelsbach trotz anfänglich geglückter Flucht nicht – als sogenannter „Vogelfreier“ wurde er am 7. März 1209 gestellt und getötet.