Ist in Zeiten von E-Mails und WhatsApp das Sammeln von Briefmarken überhaupt noch zeitgemäß, lautet die zugegebenermaßen provokante Frage? „Ja“, sagt Vorsitzender Matthias Müller. Allerdings habe sich das Sammeln von Briefmarken in den vergangenen Jahren gewandelt, ist spezialisierter geworden. Heute werden nicht mehr ganze Sätze von druckfrischen Briefmarken ins Album gelegt oder auf Vollständigkeit klassischer Ländersammlungen Wert gelegt. Was heute das Herz des Philatelisten erfreut, sind bestimmte Themen und Motive wie etwa Berufe, Heimat, Eisenbahn- oder Postgeschichte.
Einen Ausschnitt von jener „Spezialisierung“ zeigte der Briefmarkensammlerverein Lichtenfels am vergangenen Sonntag in einer kleinen Ausstellung auf seiner mittlerweile 10. Sammler- und Händlerbörse in der Peter-J.Moll-Halle in Bad Staffelstein.
Es hat alles mit einigen Marken aus dem Konzentrationslager Dachau angefangen, die Mitglied Werner Jung vor 15 Jahren in die Hände fielen. „Weil es mir nicht geläufig war, wusste ich mit dem Thema nichts anzufangen.“ Werner Jungs Neugierde war damit geweckt.
Allerdings gestaltete sich die Suche nach Informationen und weiteren Exponaten zum Thema als ausgesprochen schwierig. Weder das Internet noch die Kollegen aus dem Verein konnten Brauchbares dazu beitragen. Fündig wurde Werner Jung, wenn überhaupt, dann durch Zufall oder im Staatsarchiv.
Heute umfasst seine Sammlung über 80 A 4-Blätter. Eigentlich waren diese Briefmarken nur innerhalb des KZ Dachau gültig oder für den Transport von Päckchen und Briefen von Lager zu Lager. Ähnliche Marken waren auch von anderen Konzentrationslagern bekannt.
Marken nicht mehr benötigt
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden sie vernichtet. Man brauchte die Marken nicht mehr. Bekam nun ein Insasse einen Brief oder Päckchen, musste das Postgut an die Lagerverwaltung gesendet werden. Dort wurde es mit einer Briefmarke versehen, die nur für den Lagertransport bestimmt war und die der Empfänger zu zahlen hatte. „Oft haben sich Lagerkommandanten damit eine goldene Nase verdient“, so der Sammler. Im Dunklen liegt auch die Frage, woher die Insassen, oft waren es Zwangsarbeiter, das nötige Geld hatten.
Eine Frage, die Werner Jung gerne beantwortet hätte. Aber er weiß es selbst nicht. „Rund 98 Prozent der Sammler dürften keine Kenntnis davon haben, das diese Briefmarken überhaupt existierten“, sagt Vorsitzender Matthias Müller.
Bei der zehnten Auflage der Veranstaltung präsentierten 35 Anbieter alles, was das Herz des Sammlers höher schlagen lässt. Dabei durfte sich der Verein über ein reges Publikumsinteresse freuen. Sammler und Händler aus Franken und Sachsen präsentierten beispielsweise Briefmarken, Ansichtskarten, Heimat- und Stempelbelege, Münzen, Brauereiartikel, historische Dokumente und Urkunden. Darunter auch einige Exponate, die als eine Art Reise durch die Zeitgeschichte von vergangenen Zeiten berichteten, über die man heute nur noch staunen und schmunzeln kann. Im Hyperinflationsjahr 1923 gab die Stadt Staffelstein (damals noch ohne den Zusatz Bad) Gutscheine im Wert von „fünf Milliarden Reichsmark“ aus. Nach heutigen Maßstäben völlig undenkbar.