Auf der Bühne zu flüstern ist eine besondere Kunst. Und Marcel Brell beherrscht sie wie kaum ein anderer. Als Stipendiat der Hanns-Seidl-Stifung und Gewinner des Nachwuchsförderpreises von Banz zeigte er am Samstag im Brauereisaal des „Bräustübl“ in Loffeld eine ganze Bandbreite der unterschiedlichen Arten des Flüsterns.
Das wohlig-familiäre Ambiente des Brauereisaals verbindet Menschen, die sich vorher nicht kannten. Und Marcel Brell tut sein übriges, indem er sein Publikum immer wieder zum Mitsingen animiert – zuweilen lässt er die Zuhörer sogar gegeneinander ansingen. Das treibt er bis zum gemeinschaftlich begeisterten Gelächter und man merkt, dass in den Köpfen etwas passiert.
„Ich hab Angst, dass ich was versäum, weil ich statt zu leben, immer träum, dann begreif ich: ich hab doch nur den Augenblick.“
Marcel Brell, Liedermacher
Eine einzigartige Mischung ist sein frisch-fröhliches Gemüt, gepaart mit Liedern voller Poesie und Melancholie. Laut und Leise im stetigen Wechsel, fast geflüstert sind seine Texte und dennoch eindringlich. In seinem Song „Frei zu sein“ beschreibt er seine Zerrissenheit: „Mein Kumpel will kochen, du willst an den See, der Zwang zur Entscheidung ist für mich nicht o.k.“. Sein Klavierspiel ist virtuos, untermalend sein Gesang – zunächst leise, dann aber anschwellend bis zum Crescendo.
Gefühlvoll aber nicht sentimental, tiefgründig und voller Wortwitz fabuliert er und lässt Raum für die eigene Fantasie. Er spricht nicht immer zu Ende, sondern setzt den Schlusspunkt der Lieder erst, wenn das Publikum vorgedacht und mitgesprochen hat. Nichtausgesprochenes lässt er im Universum der Gedanken schweben und zieht damit den Zuhörer in seinen Bann. Innig, introvertiert, im Gegensatz zu bisweilen heiterer Beschwingtheit, verbreitet er ein Kaleidoskop der Gefühle, an dem sich sein Publikum nicht satthören kann.
Mit geschlossenen Augen spielt er auf der Gitarre seine Balladen „Ist nur Wasser von oben“ und am Klavier „Nur den Augenblick“. Eindrucksvoll sind die poetischen Texte: „Ich hab ein Auto und frag mich wohin, hab nen Ausweis und weiß nicht, wer ich bin. Kann schwimmen, doch sehe nie das Meer, ich kann laufen und laufe immer hinterher. Ich hab Angst, dass ich was versäum, weil ich statt zu leben, immer träum, dann begreif ich: ich hab doch nur den Augenblick.“
Wie selbstverständlich wechselt Brell zwischen Klavier und Gitarre. Was im flotten Song „Kaputt“ so locker rüberkommt, erfordert doch nachdenken darüber, ob denn nun das Küchenteil oder gar die Beziehung am Ende ist. Auch das Lied „Aber wir lieben uns nicht“ erfordert Kopfarbeit: „Wir hätten längst schon drei Kinder, 'n Haus und 'n Garten, und du wärst die eine für mich. Ich war in deinem Kissen tauchen, bin in deinem Haar geschwommen... wir haben uns um den Verstand und auch den Schlaf gebracht. Und wir wären im Sommer in Bottrop-Kirchhellen, weil dein Vater uns Kirschen verspricht. Aber wir lieben uns nicht!“
Seine eigenen Geschichten wollte er endlich schreiben, erzählt er, nicht immer nur für andere produzieren, so wie er das vor 2015 getan hat. Da der richtige Zeitpunkt dafür nie komme, habe er es schließlich gewagt. Warum er so lange gewartet hat, fragt man sich – zumal doch der Vater Opernsänger und die Mutter Balletttänzerin ist.
Sogar einen Fanclub hat er schon
Auch das Pärchen ganz vorne im Publikum ist angetan von ihm, zumal es sich bei einem Auftritt in einer Coburger Kneipe kennen und lieben gelernt hat. Als bekennende Brell-Fans erzählen sie, dass es auch einen Fanclub in Nürnberg gebe. Und wie es der Zufall will, sitzen Hanah und Tina vom Fanclub just neben ihnen.
Im Titelsongs seines Albums „Sprechendes Tier“ singt Brell „Mit großen Reden schwing ich mich von Ast zu hast, du lässt mich fallen, darauf war ich nicht gefasst, auf allen Vieren knie ich jetzt vor dir. Guten Tag, ich bin ein sprechendes Tier“. Witzig schildert er darin, warum er sich bei der Angebeteten nicht mehr gemeldet hat. Und spätesten beim Refrain „Ich will zurück zu dir“ johlt das Publikum mit.