Die Müllerstocher sitzt am geöffneten Fenster im ersten Stock des elterlichen Anwesens, während der Müllergeselle ihr ein Ständchen bringt und anschließend vom Vater von Hof gejagt wird.
Eine romantische Szene, mit der die Premiere von „Müllerin, wo bist du?“ in der Fuchsenmühle begann. Rund 80 Besucher erlebten eine Vorstellung, die das übliche Maß bei weitem übertraf. Da wurde der Gast auf eine Wanderung über das Mühlenanwesen mitgenommen, hörte im wildromantischen Garten unter Obstbäumen Gedichte und Rezitationen, lauschte den verträumten Liedern von Liebe und Leidenschaft und fand sich schließlich im Inneren der Scheune wieder.
Witz und Können
Eine ausgesprochen gelungene Auftaktveranstaltung, die professionell, mit viel Witz und Können und manch einer Überraschung zum Vortrag kam. Da die Premierenveranstaltung komplett ausverkauft war, haben sich die Veranstalter dazu entschlossen, am Samstag, 8. September, 18 Uhr einen Zusatztermin anzubieten.
Gerade die Epoche der Romantik hat viele Lieder, Gedichte und Geschichten über Mühlen hervorgebracht. Eine der letzten Mühlen, in denen das Mühlrad am rauschenden Bach noch klappert, ist die Fuchsenmühle in Horsdorf. Die Idee und letztlich auch das Konzept zu „Müllerin, wo bist du?“ hatte Gastwirt Fritz Müllers Großcousine Denise Felsecker (Mezzosopran). Mit den Schauspielern Bernhard Stengele (Rezitation) und Ulrich Pakusch (Klavier) standen ihr zwei kompetente Mitspieler zur Seite.
Unterm Zwetschgenbaum
Noch ist das große Scheunentor zu, als die Vorstellung beginnt. Vom Hof aus führt der Weg über einen schmalen Pfad in den Garten. Unter einem Obstbaum rezitiert Bernhard Stengele das Bertolt Brecht Gedicht „Erinnerung an die Marie A.“ Kaum hatte er die erste Zeile „An jenem Tag im blauen Mond September. Still unter einem jungen Pflaumenbaum“ rezitiert, meldete sich ein Besucher zu Wort, der ihn darauf aufmerksam machte, dass es sich bei dem Baum um einen Zwetschgenbaum handele.
Also das ganze zurück auf Anfang. Weiter geht es zum nächsten Baum und dem Gedicht „Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland“. Dieses Mal widerspricht ihm kein Besucher, handelt es sich doch in dem Gedicht von Theodor Fontane um einen Birnenbaum.
Friedrich Silcher vertonte 1837 Heinrich Heines Gedicht von der Loreley. Die berühmte Zeile „sie kämmt ihr goldenes Haar“ wird kurzerhand in die Haarfarbe der Mezzosopranistin umgedichtet (sie kämmte ihr brünettes Haar). Solche vom Original abweichende Details machen die Aufführung liebenswert und interessant. Allzu Verstaubtes wird weggelassen. Die Texte kommen frisch und lebendig zur Aufführung, nicht zuletzt auch ein Verdienst großartig agierender Künstler.
Im zweiten Teil wird eine komplexe Geschichte erzählt. Von der ersten zarten Liebe über den Alltag bis hin zu den oft unvermeidlichen Krisen, wo die Fetzen fliegen. Wie heißt es bei Zarah Leander? „Nur nicht aus Liebe weinen.“
Obwohl die einzelnen Lieder, Texte und Gedichte aus verschiedenen Epochen stammen, fügt es sich doch zu einem harmonischen Ganzen zusammen. Die Akustik in der Müllerschen Scheune ist ausgesprochen gut. Gut geschmeckt scheint auch die Forelle zu haben, dessen Rezept auch gleich mit verraten wird. „Forelle Müllerin“ wird auf offener Bühne zubereitet. „Die Forelle ist gar, wenn sich die Rückenflosse herausziehen lässt“, ist von Denise Felsecker zu erfahren.
In den Genuss der „Forelle Müllerin“, zu der es passenderweise einen „Müller-Thurgau“ gibt, kommt nicht nur Schauspieler Bernhard Stengele, sondern auch manch ein Zuschauer in der ersten Reihe. Liebe geht schließlich auch durch den Magen.
Weitere Vorstellung
Mehr sei an dieser Stelle nicht mehr verraten. Nur so viel, dass es den Zuschauern ausgesprochen gut gefallen hat und der Schlussapplaus dementsprechend begeisternd ausfiel. Wer sich von der einzigartigen Atmosphäre der Fuchsenmühle überzeugen will, der hat dazu am Samstag, 8. September, um 18 Uhr noch einmal die Gelegenheit. Karten sind noch zu haben.