Am Sonntag fand in Vierzehnheiligen die Wallfahrt der Heimatvertriebenen, Flüchtlinge und Aussiedler statt. Für die Vertriebenen bedeutet die Wallfahrt viel mehr als ein Heimattreffen. Wenn sie sich heute, rund 70 Jahre nach der größten Vertreibungswelle, die unser Kontinent je erlebt hat, zur Vertriebenenwallfahrt treffen, so tun sie dies nicht aus Nostalgie, auch nicht zur Anklage, wohl aber zur Erinnerung und das im Blick auf die Zukunft.
„Wir haben nach Flucht und Vertreibung wieder Heimat gefunden, ja haben uns Heimat schaffen dürfen, weil wir die Hände nicht in den Schoß gelegt, sondern gemeinsam angepackt haben“, fasste der Vertriebenenseelsorger der Erzdiözese Bamberg, Monsignore Herbert Hautmann, aus Gößweinstein zusammen. „Ein blühendes Deutschland ist nicht zuletzt den Flüchtlingen und Vertriebenen zu verdanken“, stellte der 80-Jährige fest. „Wir haben Heimat gefunden, weil wir im Vertrauen auf Gott nach vorne geschaut haben.“
„So ist denn unsere heutige Wallfahrt, 70 Jahre nach der großen Vertreibungswelle, auch Ausdruck unseres Dankes an Gott, der uns, die über ganz Deutschland und weit darüber hinaus zerstreut worden waren, eine neue Zukunft geschenkt hat“, sagte der Geistliche, dessen Leben die Kindes- und Jugendjahre in seiner Geburtsstadt Eger bestimmten und prägten. Er wurde für seine 50-jährige Mitgliedschaft in der Sudetendeutschen Landsmannschaft Naila mit einer Ehrenurkunde ausgezeichnet.
Zum falschen Wallfahrtsort gefahren
Zum Wallfahrtsgottesdienst war der Bischof von Budweis in Tschechien, Vlastimil Krocil, angekündigt. Durch ein Missverständnis war er aber nicht in Vierzehnheiligen gelandet, sondern im Wallfahrtsort Gößweinstein in der Fränkischen Schweiz. Als Ersatz hat er sein Kommen nach Vierzehnheiligen für das nächste Jahr versprochen.
In der Basilika musste schnell improvisiert werden. Kurzfristig sprang Monsignore Herbert Hautmann als Hauptzelebrant ein, und der Guardian des Franziskanerklosters, Pater Heribert Arens, übernahm die Predigt. Er ging auf das Thema des Wallfahrtsjahres in Vierzehnheiligen ein: „Glauben-Leben.“ Er zeigte auf, dass ein Glaube ohne Leben, ein nicht geerdeter Glaube, überflüssig ist. Und er sprach darüber, dass ein Leben ohne Glauben perspektiv- und hoffnungslos ist.
Wo Himmel und Erde sich berühren
Wo der Ort ist, an dem Glaube und Leben, Himmel und Erde sich berühren, verdeutlichte der Prediger an einer kleinen Geschichte: Zwei Mönche lasen in einem alten Buch, am Ende der Welt gäbe es einen Ort, an dem Himmel und Erde sich berührten und das Reich Gottes begänne. Sie beschlossen, ihn zu suchen. Eine Tür sei dort, so hatten sie gelesen. Man brauchte nur anzuklopfen und befinde sich im Reich Gottes. Nach einem langen, langen Weg fanden sie, was sie suchten. Sie klopften an die Tür. Und als die beiden Mönche bebenden Herzens eintraten, standen sie zu Haus in ihrer Klosterzelle. „Der Ort, wo Himmel und Erde, Glaube und Leben sich berühren ist da, wo du lebst, in deinen eigenen vier Wänden“, schloss Pater Heribert seine Predigt.
Am 14 Uhr fand eine feierliche Marienandacht zur Wallfahrt der Flüchtlinge, Heimatvertriebenen und Aussiedler statt. Die Ansprache hielt Manfred Kees von der Sudetendeutschen Landsmannschaft Bayreuth. Die Rieger-Orgel spielte bei der Eucharistiefeier am Vormittag und bei der Andacht am Nachmittag Bürgermeister Udo Dauer aus Weismain.