Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Obermain
Icon Pfeil nach unten
Bad Staffelstein
Icon Pfeil nach unten

KLEUKHEIM: Gräberfeld: Die Kelten vom "Hanbüchla"

KLEUKHEIM

Gräberfeld: Die Kelten vom "Hanbüchla"

    • |
    • |
    Wie eine Insel in der Feldflur zwischen Kleukheim und Oberleiterbach: das Waldstück „Hanbüchla“.
    Wie eine Insel in der Feldflur zwischen Kleukheim und Oberleiterbach: das Waldstück „Hanbüchla“. Foto: Fotos: Martina Drossel

    Wie eine Insel liegt das „Hanbüchla“ in der Flur zwischen Kleukheim und Oberleiterbach, zwischen den Landkreisen Lichtenfels und Bamberg. Der zirka zwei Hektar große Wald ist von sanften Hügeln durchzogen und vor allem von Eichen geprägt. Was auch so manchen Einheimischen erstaunt: Dieser Mischwald ist eigentlich ein Friedhof, die Erhebungen sind Hügelgräber aus vorchristlicher Zeit. Wilhelm Ebitsch, Naturwächter und Wanderführer im Landkreis Lichtenfels, hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Wissen um die Grabstätte nicht weiter in Vergessenheit geraten zu lassen.

    „Das Geschaffene und die Schöpfung erhalten: Das sehe ich als meine Aufgabe“, sagt der 77-Jährige, als er durch das „Hanbüchla“ läuft und die Hügelgräber zeigt. Zehn davon hat er gezählt. „Direkt hier am ,Hanbüchla‘ habe ich einen Acker, der schon ganz lange im Familienbesitz ist. Meine Familie stammt aus Oberleiterbach, mein Großvater Peter Ebitsch wohnte da bis 1914. Das Haus am Leiterbach steht nicht mehr.“

    Bei der Flurbereinigung erhalten

    Es ist dem Zufall geschuldet, dass die Hügelgräber im „Hanbüchla“ die Jahrhunderte überdauerten, wird doch die Flur zwischen Kleukheim und Prächting seit jeher intensiv bewirtschaftet. „Der Boden am ,Hanbüchla‘ ist wenig ertragreich, deswegen hat sich der Wald dort erhalten. Auch, als zwischen 1960 und 1967 die Flur neu geordnet wurde“, sagt der Oberleiterbacher Nikolaus Kunzelmann, einer von sieben Grundstücksbesitzern.

    Annette Schäfer, die Kreisheimatpflegerin des Landkreises Bamberg, hat in der Denkmalliste einen kurzen Eintrag über das „Hanbüchla“ gefunden: „Es ist ein Bestattungsplatz mit teils verebneten Grabhügeln vorgeschichtlicher Zeitstellung und mit Bestattungen der Hallstattzeit und der frühen Latenezeit“, erklärt sie. Anton Köcheler vom Arbeitskreis Archäologie der Kulturinitiative Bad Staffelstein (KIS) fügt an: „Die ältesten Gräber stammen aus der frühkeltischen Eisenzeit, also zwischen 750 und 450 vor Christus.“ Die meisten Grabhügelfelder seien bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts untersucht worden, wobei der Frauendorfer Pfarrer Lukas Hermann einer der aktivsten Heimatforscher war, der in unserer Region sehr viele Gräber geöffnet hat. Bekannt ist, dass die Kelten Hügelgräber außerhalb ihrer Siedlungen, aber stets in deren Sichtweite anlegten. Wo also war die bislang noch unentdeckte keltische Siedlung, deren Tote im „Hanbüchla“ ihre letzte Ruhe fanden?

    Immer in Sichtweite angelegt

    „Die Frage nach Siedlungsplätzen im Kellbachtal ist schwer zu beantworten. Grundsätzlich lebten die Kelten ja in Dörfern und kleinen Gehöften, in Holzbauten“, so Anton Köcheler, der Heimatforscher aus Unterzettlitz. „Den Gräberfeldern in der genannten Region konnten bisher noch keinen eindeutig belegten Siedlungsplätze zugeordnet werden. Dazu fehlen beweiskräftige Keramikfunde. Natürlich hat es diese Siedlungen im Kellbachtal gegeben, und vermutlich lagen diese auf den hochwasserfreien Terrassen und flachen Talhängen.“

    Wenn man das Gelände konsequent und intensiv absuchen würde, so Köcheler weiter, würde man sicher einschlägige Keramik finden, die auf Siedlungstätigkeit schließen ließe. Durch jahrhundertelange landwirtschaftliche Bearbeitung des Geländes sind wohl alle Spuren keltischer Holzbauten zerstört worden. Möglich ist auch, dass die einstigen Siedlungsplätze der Kelten in späterer Zeit überbaut wurden und unter den heutigen Orten liegen.

    „Die Kelten, wie auch die Römer, haben nicht irgendwo abseits beerdigt, sondern an Straßen“, ergänzt Heimatforscher Bernhard Christoph aus Klosterlangheim. „Die Gräber sollten gesehen und beobachtet werden – als Demonstration und Abschreckung von Grabräubern. Eine natürliche Verbindung von Süd nach Nord ist in alter Zeit über die Höhen östlich des Maintals verlaufen.“ Dabei wurde auch das Gelände des heutigen Ortes Oberleiterbach gequert und die Anhöhe durch das „Hanbüchla“ erklommen. „Die zugehörigen Hohlgassen unterhalb des Waldstückes, die das hohe Alter der Straße dokumentierte, wurden wohl im Zuge der Flurbereinigung verfüllt.“ Solche durch die Geografie vorgegebenen Straßentrassen können möglicherweise bis in keltische Zeit zurückreichen, „denn das Rad ist nachweislich bereits in der Bronzezeit genutzt worden“.

    Eines aber ist unstrittig: „Die Dichte der Gräberfelder im Bereich Kleukheim–Prächting ist erstaunlich hoch. Da gibt es das bekannte Gräberfeld bei Prächting, das Gräberfeld im Hainbüchlein und das Gräberfeld im Peusenhofer Holz. Am Rande des Albtraufs, der Jura- Hochfläche oberhalb von Kümmel und Oberküps, befinden sich ebenfalls vereinzelt Hügelgräber“, zählt Anton Köcheler auf. Und am Dornig.

    Ein Hügelgrab im „Hanbüchla“ wurden im Zeitraum zwischen 1983 und 1985 im Rahmen einer Notgrabung untersucht. In „Geschichte am Obermain“, dem Jahrbuch des Colloquium Historicum Wirsbergense (CHW) 1985/86, ist zu lesen, dass die Gräber schon 1842 „angetrichtert“ wurden. Letztlich waren es aber dort spielende Kinder, die die Grabstätten so stark zerwühlten, dass Archäologen des Landesamts für Denkmalpflege herbeieilten. Sie fanden Fragmente von mindestens elf Gefäßen sowie zwei Stücke eines Melonenarmbands und einen kegelstumpfförmigen, bronzefarbenen Zierknopf, der Teil eines Dolchgriffs gewesen sein könnte. „Uns wurde als Kind von Lehrer Schmitt immer gesagt: Die Gräber im ,Hanbüchla‘ sind leer, die sind geräubert“, erinnert sich Waldbesitzer Nikolaus Kunzelmann. Das war Ende der 1950-er- beziehungsweise Anfang der 1960-er-Jahre.

    Bestattungsplätze der Oberschicht

    Die Größe der Hügelgräber im „Hanbüchla“ lässt Rückschlüsse auf die Bestatteten zu. „Mit großer Sicherheit handelt es sich hier nicht um Fürstengräber, dazu sind sie in ihren Dimensionen zu klein. Außerdem befindet sich Oberfranken am Rande des keltischen Kulturbereichs abseits des keltischen Kerngebiets im Südwesten Deutschlands und Ostfrankreichs“, erklärt Anton Köcheler. „Die Hügelgräber der dort herrschenden mächtigen Eliten haben Hügeldurchmesser von 50 bis 80 Meter. Die größten Grabhügel in unserer Region erreichen gerade mal 20 bis 25 Meter.“

    Grundsätzlich seien in Hügelgräbern Angehörige der wohlhabenden Oberschicht mit reichen Beigaben (Tracht, Schmuck, Waffen, Keramik) bestattet worden, wobei die Größe des Grabhügels dem sozialen Status dem Verstorbenen entsprach. „Angehörige der Unterschicht, also arme Bauern, Unfreie oder Sklaven, wurden in unscheinbaren Brandgruben zwischen den Hügeln bestattet.“

    Führungen in die Vergangenheit

    Naturwächter Wilhelm Ebitsch hat in diesem Jahr erstmals Wanderungen „Von Hankirche und Hanhof zum Hanbüchla“ angeboten. Diese stießen auf so großes Interesse, dass er auch in der kommenden Wandersaison wieder diese Touren anbieten will. Zum einen in Zusammenarbeit mit der Umweltstation des Landkreises Lichtenfels in Weismain, zum anderen gerne für Privatgruppen, die sich bei ihm unter (09547) 373 melden können. „Viele gehen achtlos vorbei und wissen gar nicht, welche kulturhistorischen Schätze in diesem Waldstück schlummern“, so Ebitsch. „Dafür will ich ein Bewusstsein schaffen.“

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden