Mit seinem aufrüttelnden Song „Nur ein Lied“ als Reaktion auf die Terroranschläge vom 13. November 2015 in Paris schrieb Alex Diehl einen international beachteten viralen Hit. Das musikalische Statement des Chiemgauers hörten sich innerhalb weniger Tage fast sechs Millionen Menschen an, teilten es mehr als 150 000 Mal. Drei Monate belegte er beim deutschen Vorentscheid für den European Song Contest den zweiten Platz. Heute füllt er Hallen, begeistert mit seiner voluminösen Stimme und seinen einfühlsamen Liedern Tausende. Dabei ist er authentisch geblieben, findet immer wieder den Weg auf Kleinkunstbühnen. So auch am Samstag, 26. Januar, wenn er im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Kultur im Brauereisaal“ im Bad Staffelsteiner Ortsteil Loffeld gastiert. Im Vorfeld hatten wir Gelegenheit, mit dem Künstler zu sprechen.
Frage: Alex, was hat sich für Dich in den letzten drei Jahren verändert?
Diehl: Auf jeden Fall die Größe und die Häufigkeit der Konzerte und, dass sich mein Kindheitstraum vom Musikerleben erfüllt hat. Ich habe als Kind immer davon geträumt vom Leben auf der Bühne und von den Geschichten, die anderen etwas bedeuten sollen. Ein sehr ereignisreiches Leben mit vielen Hochs und Tiefs haben aus mir einen sehr emotionalen Künstler werden lassen, der wie alle, die auf der Bühne stehen, nicht vergessen und geliebt werden will, für das was er tut. Ich bin sehr dankbar und freue mich über Jeden der diesen Weg mit mir ein Stückchen teilt.
Hat das Auswirkungen auf den Musiker Alex Diehl?
Diehl: Ja, diese Zeit nach „Nur ein Lied“ hat in mir eine Art „Findung“ und „Sattelung“ ausgelöst. Ich bin gerade 31 geworden und habe nun auch die ein oder andere Priorität in meinem Leben für mich entdeckt. Auch meine Musik, die ich gerade neu schreibe, klingt etwas „gesettelter“ und „angekommener“ als auf den ersten beiden Alben. Ich habe für Album Nummer 3 einen Vertrag bei Universal unterschrieben und freue mich schon auf die weitere Zusammenarbeit mit den neuen Werken. Wie diese „neue Musik“, die ich Großteils in meinem sehr abgeschiedenen Bauern-Häuschen, welches ich letzten Sommer hergerichtet habe, geschrieben habe, bei den Menschen ankommt, umtreibt mich momentan sehr. Ich habe diesmal auch die Vorproduktion und Skizzierungen in meinen kleinen Tonstudio selbst gemacht und gehe nun mit den fertigen Werken zur finalen Aufnahme, das ganz Jahr über, zwischen den Konzerten, auf denen ich schon einige der Songs zum ersten Mal „akustisch“ präsentieren werde.
Und auf den Menschen Alex Diehl? Bist Du jetzt ein Star?
Diehl: Ich und ein Star? Nein! Ich mag diesen Begriff auch überhaupt nicht. Weder sehe ich aus wie ein Dreitagebart-Männermodel, noch fühle ich mich wie ein Promi. Es gibt vielen Menschen, die nach den Konzerten oft über eine Stunde oder länger auf ein Autogramm und ein Foto warten; das ist für mich auch eine schöne und schmeichelnde Sache. Eine Erinnerung an einen hoffentlich emotionalen und wertvollen, schönen Abend. So sehe ich das. Ich freue mich, wenn ich in der Öffentlichkeit nett angesprochen werde. Und wenn ich einkaufen gehe, unterhalte ich mich auch ab und an mal eine halbe Stunde am Gemüseregal über Politik, Musik oder was mein Musikerleben betrifft. Ich betrachte mich selbst als eher unsicheren und emotionalen Menschen, der sich sehr für andere interessiert und deren Geschichten auch gerne anhört und mitnimmt.
Nach einem Jahr Bühnenabstinenz gehst Du jetzt wieder auf Tour. Dein Motto: „Zurück auf die Bretter meiner Welt“. Was war der Grund für die lange Pause?
Diehl: Ja, leider ein trauriger. Ich bin immer noch etwas angeschlagen im Hals und dutzende Untersuchungen, Tests und Therapien haben leider keine Diagnose für meine Schmerzen beim Sprechen und Singen ergeben. Es hat sich innerhalb dieses Jahres sehr reduziert vom Schmerzlevel, aber dennoch ringe ich noch immer um Aufklärung und versuche in Selbsttherapien eine Lösung zu finden, die den unerklärlichen Schmerz hoffentlich irgendwann endgültig verschwinden lässt. Da ich aber von den besten HNO-Ärzten und Phoniatrikern den Bescheid habe, dass meiner Stimme organisch und funktionell nichts fehlt, gehe ich nun wieder auf die Bühne und lasse mich von der Energie der Konzerte und des Publikums therapieren.
Was wirst Du in Loffeld darbieten?
Diehl: Neben Songs der ersten beiden Alben, werde ich auch zum ersten Mal vier neue Songs des neuen Albums live präsentieren. Ein Erscheinungsdatum für Album Nummer 3 gibt es noch nicht, dennoch will ich neues Material erst einmal mal vor Publikum spielen und später entscheiden. Bisweilen war das immer andersrum. Mal sehen was die Leute dazu sagen.
Was sind das für Lieder? Was ist Deine Botschaft?
Diehl: Es geht um alles was uns zu Menschen macht. Die Liebe, Glauben an sich selbst, Politik, Verluste, wieder aufstehen, Hoffnung und die Fehler, die uns zu dem machen was wir sind: „un/perfekt“. Ich schreibe immer, was ich erlebt und gefühlt habe. Das wird der Zuhörer auch sehen und fühlen. Nicht selten wird es sehr emotional. Und wenn bei meinem Konzert von Herzen gelacht oder auch geweint wurde, bin ich zufrieden und kann die Bühne für ein Weilchen wieder verlassen. Wer also auf seichte Unterhaltungsmusik mit Tanzeinlage steht, ist bei mir eher an der falschen Adresse. Das macht die Konzerte aber auch zu etwas Besonderem. Am besten einfach kommen und gehen lassen, nur eben auf eine andere Art und Weise, wie man es vielleicht von Konzerten kennt.
Verstehst Du Dich als „klassischen Liedermacher“? Oder wie würdest Du Dich selbst bezeichnen?
Diehl: Als Liedermacher sehe ich mich eigentlich gar nicht. Klar mache ich „Lieder“; und mein virales Zeichen „Nur ein Lied“ würde man auf jeden Fall in die Kiste der Liedermacher stecken. Jedoch ist „Nur ein Lied“ eigentlich ein Ausbrecher aus meiner doch eher sehr „Deutschpop/Rock und Singer/Songwriter“ lastigen Alben. Ich würde mich eher zur deutschen Popmusik mit etwas lyrischeren Texten und Geschichten zählen als zu den richtigen Liedermachern wie Wecker und Mey. Wer meine Alben hört, merkt da sofort zu viel E-Gitarre und poppige Drumbeats. Vielleicht spanne ich ja bald eine Brücke zwischen Liedermacher-Texten und Deutschpop. Wer weiß?
Wann hast Du begonnen, professionell Musik zu machen? Wie war das damals?
Diehl: Ich und professionell? Das halte ich aber für ein Gerücht! (lacht) Ich sehe mich als absoluten Bauchmusiker. Klar, ich kann einige Instrumente spielen und Tonarbeit leisten, aber ich mache sie ausschließlich, wenn mir danach ist. Ich schreibe nur dann, wenn es sein muss und überlege mir nicht um acht Uhr früh mit einem Kaffee, was ich heute wieder für einen Hit schmettere. Ich bin Bauchmensch, wie man unschwer erkennen kann (schmunzelt). Ich liebe Musik und die großen Gefühle. Und wenn ich übermannt werde, dann passiert ein Song – ob ich will oder nicht. Ob er dann gut genug für eine Platte ist, zeigt sich erst nach mehreren Monaten. Wenn ich ihn dann immer noch mag, zeige ich ihn meiner Plattenfirma und meinem Management.
Und was sind Deine Pläne für die nächsten Monate?
Diehl: Ganz klar, neben den Konzerten die Platte im Studio fertig zu machen. Und nebenher noch genug Zeit für mich selbst zu haben, um mich gut zu kurieren und meine Schmerzen ganz loszuwerden, auf welchem Weg auch immer. Zeit ist wohl das größte Gut, das wir haben. Sich diese Zeit zu nehmen ist oft ein Luxus, aber auch so wichtig. Zeit für sich, für andere, zum Nachdenken und um zur Ruhe zu kommen.