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EBENSFELD: Wattendorfer Steinbruch ein Eldorado für Fossilienforscher

EBENSFELD

Wattendorfer Steinbruch ein Eldorado für Fossilienforscher

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    Dieser Quastenflosser, der im Wattendorfer Steinbruch gefunden wurde, ist noch vollständig erhalten.
    Dieser Quastenflosser, der im Wattendorfer Steinbruch gefunden wurde, ist noch vollständig erhalten. Foto: Fotos: Monika Schütz

    Es gab keine Tischvorlage, kein seitenlanges Manuskript, ja nicht einmal ein paar wenige, irgendwo hingekritzelte Stichpunkte als Eckdaten zum einstündigen Vortrag. Dem Referenten, Dr. Matthias Mäuser, reichten die Folien seiner Powerpoint-Präsentation, um das Publikum, das aus dem Lichtenfelser und Bamberger Raum extra wegen ihm ins Ebensfelder Pfarrheim gekommen war, auf eine wunderbare Expedition mitzunehmen – auf eine Expedition in den Wattendorfer Steinbruch. Auf eine Zeitreise von vor mehr als 150 Millionen Jahren ins heutige 2019.

    Wie eine riesige "8" sieht der Wattendorfer Steinbruch ausder Vogelperspektive aus.
    Wie eine riesige "8" sieht der Wattendorfer Steinbruch ausder Vogelperspektive aus. Foto: Monika Schütz

    Das Thema seines Vortrages aus der Reihe der CHW-Bezirksgruppe Ebensfeld-Zapfendorf lautete „Frankenland am Jurastrand – spektakuläre Fossilien aus den Ober-Jura Plattenkalken von Wattendorf“. Von den Funden in den Wattendorfer Steinbrüchen hatten schon fast alle der knapp 30 Gäste gehört, viele waren auch schon im Naturkunde Museum in Bamberg, wo ein großer Teil dieser Fundstücke zu sehen sind.

    „Doch für Oberfranken waren dieses Gestein und diese Fossilien bislang unbekannt.“

    Dr. Matthias Mäuser zu den Arbeiten im Wattendorfer Steinbruch

    Was sie jedoch an diesem Freitagabend vom Geologen und Paläontologen Dr. Mäuser erfuhren, waren so detaillierte Einblicke in die Grabungen und den Ablauf einzelner Präparationen, wie man sie sicher kein zweites Mal so hautnah mit erleben kann. Der Geologe ist nämlich nicht nur Leiter des Naturkundemuseums, er war – gemeinsam mit Studenten, Kollegen und vielen ehrenamtlichen Helfern – auch viele Tage und Nächte in den Steinbrüchen, bei strömendem Regen gleichermaßen wie in sengender Sommerhitze, nur geschützt durch ein kleines Zelt.

    Was ein Bagger-Schurf im Jahr 2004 auslöste

    „Es ist eine schöne, aber anstrengende Arbeit“, sagte der Experte. Man benötige viel Geduld und ein großes Vorstellungsvermögen. In dem 30 Hektar großen Steinbruch, der einer in Baunach ansässigen Firma gehört, sind er und sein Team seit 2004 am „graben“. Ein zufälliger Bagger-Schurf 2004 brachte buchstäblich den Stein ins Rollen.

    „Es war eine große Überraschung, als Präparator Thomas Bechmann vor einigen Jahren unerwartete Fossilfunde aus einem Steinbruch bei Wattendorf in das Museum brachte: Fisch- und Krebsreste, in dünne Kalkplatten eingeschlossen. Hätte er die Fossilien in einem Steinbruch bei Solnhofen oder Eichstätt gefunden, wäre es nicht erstaunlich gewesen. Denn dort kommen dergleichen Fossilien in den weltberühmten Solnhofener Plattenkalken beim industriellen Abbau ans Tageslicht. „Doch für Oberfranken waren dieses Gestein und diese Fossilien bislang unbekannt“, erinnerte der Geologe an die Anfangszeit der Grabungen.

    Viele interessante Exponate gefunden

    Zu den damaligen Exponaten sind viele weitere dazu gekommen: Schildkröten, Krokodile, Quastenflosser, Flugsaurier, Echsen, wirbellose Tiere, Knochenfische und Pflanzen und ihre Samen und Blätter. In aufwändiger Arbeit wurden die einzelnen Stücke geborgen, präpariert, nummeriert und zugeordnet.

    Dann die Überraschung: Von einzelnen Tieren, etwa dem Krokodil, wurden sogar vier verschieden Unterarten gefunden. Dabei war der Einsatzort der „Schürfer“ relativ klein: ein Würfel, würde man den Abraum der Forscher denn zu einem Würfel formen, hätte nur etwa 180 Kubikmeter Größe. So groß war die Fossilien-Vielfalt und der Reichtum an prähistorischen Pflanzen und Tieren, dass die Fachwelt aufhorchte. Spezialisten aus aller Welt meldeten sich und wurden gefragt, halfen mit bei Bestimmung und Zuordnung.

    Vor sengender Sonne, Hitze oder Regen im Steinbruch schützt ein dünnes Zelt.
    Vor sengender Sonne, Hitze oder Regen im Steinbruch schützt ein dünnes Zelt. Foto: Monika Schütz

    Die spezielle Lage des Steinbruches machte es möglich. Er liegt im urzeitlichen Riffgebiet, einem schmalen, nur 50 Kilometer breiten und etwa 600 Kilometer langen Streifen in Mitteleuropa. Die Wattendorfer Plattenkalke lagerten sich vor rund 150 Millionen Jahren (Obere Jura-Zeit) in einem tropischen Flachmeer mit höchstens 150 Metern Tiefe ab. Neben Landpflanzen sowie wirbellosen Tieren wie Schnecken, Muscheln und Krebsen wurden innerhalb mehrerer Grabungskampagnen auch eine große Anzahl verschiedener Fische geborgen. Besonders hervorzuheben sind auch mehrere Engelhaie mit mehr als einem Meter Länge.

    Gerne beantwortete Referent Dr. Matthias Mäuser (re) Fragen der interessierten Zuhörer, wie hier einem Paar aus Ebensfeld.
    Gerne beantwortete Referent Dr. Matthias Mäuser (re) Fragen der interessierten Zuhörer, wie hier einem Paar aus Ebensfeld.

    Noch spektakulärer sind die Quastenflosser, von denen ein Exemplar das größte und am besten erhaltene sein dürfte, das jemals in Jura-Plattenkalken entdeckt wurde. Nicht genug damit: Die allergrößten Raritäten stellen komplette Schildkröten (Größe zirka 1,40 Meter von Kopf bis Schwanz), Schlangensaurier, imposante Krokodilreste und ein Flugsaurier dar.

    Wattendorfer Exponate sogar in Frankreich

    Aktuell arbeitet das Ausgrabungsteam um Dr. Mäuser an einem Flugsaurierschädel, der im Vorjahr gefunden wurde. Einige Funde aus dem Wattendorfer Steinbruch sind derzeit zum Beispiel in Museen in Frankreich als Leihgabe.

    Interessante Fragen stellte das begeisterte Publikum nach dem Vortrag. Etwa nach den Kostenträgern für solche Präparationen. Die würden durch Spenden, Stiftungen und den Förderverein abgedeckt, so Dr. Matthias Mäuser.

    Wichtiger Hinweis Das Betreten des Wattendorfer Steinbruchs ist aus Sicherheitsgründen streng verboten. Das Verbot wird überwacht. Überdies lohnt es sich nicht, selbst nach Fossilien zu suchen, da die fossilführenden Schichten nur während der Grabungsperioden von Baggern freigelegt werden.

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