„Zugegeben – selten hat mich ein Leserbrief so schockiert wie der von Pater Stanislaus Wentowski, habe ich doch vielleicht etwas naiv franziskanische Glaubenshaltung mit dem Thema überzeugter Bewahrung der Schöpfung in Verbindung gebracht.
Schockiert war ich aber zum Ersten als Bürger dieser Stadt, als Matthias Hagen, von den abenteuerlichen und fragwürdigen Einlassungen zum Thema Demokratie.
Sehr geehrter Pater Wentowski, wir leben in einer Demokratie. Soviel sei erst einmal festgestellt, und wir erleben in der Sache Grundfeld – solange es denn nach Regeln, Sachlichkeit, Fairness und Anstand geht – ein Lehrbeispiel für Bürgerbeteiligung und Engagement für eine den Menschen wichtige Sache.
Die so benannte ,Hinterlist‘ und die unterstellten niederen Motive des Neids (Kain und Abel) bei der Unterschriftenaktion sind im Gegenteil viel eher ein wunderbares Paradebeispiel funktionierender Demokratie bei uns, die nach meinem Empfinden von politisch durch unsere Demokratie mündig gewordenen Bürgerinnen und Bürger getragen ist.
Nirgendwo hatte ich den Eindruck der Hinterlist der Initiatoren und der Dummheit der Unterzeichner (zu den Dummen gehören wir übrigens selbst). Über das Thema der Methoden zur Zielerreichung kann man übrigens laut vielen Informationen, die mir vorliegen, auch ganz anderer Meinung sein.
Ich bin aber nicht nur Bürger, sondern auch schockierter Christ und Pfarrer. Andersdenkende als ,Spalter‘, Verkünder von ,Halbwahrheiten‘ und ,fake news‘, gar als ,Lügner‘ zu bezeichnen, die versuchen, die Macht zu gewinnen, ja, Leben zu zerstören, sind Zuschreibungen, die biblisch nach meiner Kenntnis nur dem ,Schlimmsten‘ gelten und hier völlig unangemessen und übergriffig sind.
Und vor der Geschichte von Kain und Abel (und als Evangelischer zugegeben auch vor den Nothelfern) halte ich es doch zuallererst mit dem biblischen Auftrag der Bewahrung der Schöpfung oder, ganz ökumenisch, lieber Pater Wentowski, mit dem Sonnengesang des Franz von Assisi und seiner Schöpfungsmystik. Diese nehmen mich in ihrer großen Menschen- und Schöpfungsliebe und -weisheit wirklich richtig und auch unbequem in die Verantwortung und verbinden mich mit so vielen Menschen hier vor Ort: Mit denen, die völlig berechtigt Sorge tragen und auch hier für die Bewahrung der Schöpfung eintreten.
Dafür, dass, anstatt kurzfristigen Interessen zu folgen, mittel- und langfristig gehandelt, entschieden und bewahrt wird. Dass Heimat nicht dauerhaft für Generationen zerstört wird und dass in unserer wunderschönen Gegend, die an vielen Stellen ja schon heftig geschunden ist, nachhaltig für Zukunft gesorgt und sie achtsam gehegt und gepflegt wird. Und nicht zu vergessen, dass wir unseren Kindern und Jugendlichen, die sich weltweit endlich lautstark und energisch, engagiert und betroffen für ihre Zukunft einsetzen, zuhören, sie verstehen und mit ihnen gemeinsam konkret handeln. Dass wir ,Ja‘ sagen zu einer bewahrten und ökologisch, demokratisch und ökonomisch verantwortlichen Entwicklung hier und überall.“
Pfarrer Matthias Hagen mit Pfarrerin Sabine Schmid-Hagen, Bad Staffelstein
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