„Wo bin ich?“ – „Du bist hier: Bahnhofstraße 77, Bad Staffelstein.“ Ein Raunen geht durch den Raum. Knapp zwei Dutzend Personen sitzen im Geschäft von Optiker Thomas Junge. Menschen mit Sehbehinderung und Angehörige. Sie hören Dario Madani aus Köln zu, der in sein Handy spricht. Er benutzt dabei den Handy-Assistenten „Siri“, um seinen aktuellen Standort herauszufinden. Dario ist blind.
Er stellt eine Neuheit vor, die blinden und stark sehbehinderten Menschen den Alltag erheblich erleichtern kann. Eine spezielle App auf einem Internet-fähigen Smartphone, leicht zu aktivieren, leicht zu bedienen. Die Zuhörer sind meist aus dem mittel- und unterfränkischen Raum. Sie haben sich beim „1. Bad Staffelsteiner Low-Vision-Tag“ getroffen, einem Tag, der ganz im Zeichen von Sehbehinderung und Hilfsmitteln steht. Der Veranstalter, Optiker Junge, ist Sehbehindertenberater und Mitglied bei Pro Retina.
Bald wird die Regionalgruppe Oberfranken gegründet
Menschen mit Erkrankung der Netzhaut mit den unterschiedlichsten Ursachen haben sich in der Selbsthilfeorganisation „Pro Retina Deutschland“ zusammengeschlossen und organisieren sich auf Bundesebene, auf Landesebene und in den Regionen. In Oberfranken gab es zwar schon mal eine solche Organisation, sie ruht aber schon seit Langem, ist quasi nicht aktiv.
Das soll sich am Samstag, 21. März, ändern. Um 11 Uhr wird es im Café Schäfer zu einer Verbandsgründung kommen: der Regionalgruppe Oberfranken von Pro Retina. Das teilten Fritz Herz und Hartmut Karg, Bezirksleiter der ProRetina Gruppe Mittelfranken, mit.
Keine Konkurrenz zum Blinden- und Sehbehindertenbund
Der Verband sieht sich keinesfalls als Konkurrenz zum Blinden- und Sehbehinderten-Bund. Viele sind Mitglied in beiden Vereinen, das ist überhaupt kein Problem, betont Fritz Herz. Pro Retina fördert die Forschung degenerativer Netzhauterkrankungen. Dazu kommen die Beratung in sozialen Belangen für sehbehinderte und blinde Menschen, die professionelle Unterstützung bei Fragen zur Reha, der Informationsaustausch vor allem über sehbehinderten- spezifische Hilfsmittel jeder Art und – ganz wichtig – die Hilfestellung bei der seelischen Auseinandersetzung mit der unheilbaren Netzhauterkrankung sowohl für die betroffenen Menschen as auch für ihre Angehörigen.

Aktuell sind viele Hilfsmittel auf dem Markt. Neben elektronischen Lupen, Bildschirm-Lesegeräten in optimierter HD-Technik und verschiedenen Apps auf dem i-Phone sind dies auch der Navigationsgürtel – einfach mit Klettverschluss umgeschnallt, gibt er durch unterschiedliche Vibrationen die Richtungen an, in die eine Person gehen muss – oder das Kamerasystem OrCam. Das System besteht aus einem Minicomputer, der in jede Hosentasche passt. An ihn ist eine Mini-Kamera angeschlossen, die sich am Brillengestell befestigen lässt. Über einen Bügel, der neben dem Brillengestell von der Kamera zum Ohr reicht, gelangt ein akustisches Signal in den Gehörgang.
Einige dieser Hilfsmittel hat der Bad Staffesteiner Optiker ab sofort stets in seinem Ausstellugsraum, bei anderen sieht er sich „als Anlaufstelle für ein Netzwerk“, so Thomas Junge. Ausführliche Erläuterungen gab es außerdem zur Beschaffung beziehungsweise dem „Papierkrieg“ bei der Anschaffung der Hilfsmittel.