Bad Staffelstein Er trägt den Namen des berühmtesten Sohns der Stadt – und ist seit vielen Jahren ein Sorgenkind: der ehemalige Gasthof „Adam Riese“ am Marktplatz schräg gegenüber des Rathauses. Quartiersmanager Michael Böhm ist bemüht, das schmucke Fachwerkhaus, das zu den ältesten Gebäuden der Thermenstadt gehört, wieder mit Leben zu füllen. Ein Interview zum aktuellen Stand und den Herausforderungen.
Obermain-Tagblatt: Herr Böhm, der ehemalige Gasthof „Adam Riese“ steht seit 2015 leer. Zwischendurch gab es Hoffnungen, dass es einen Investor für eine Gastronomie gibt. Was ist daraus geworden?
Michael Böhm: Vom Eigentümer wurden die oberen Stockwerke im Gasthaus „Adam Riese“ bis zum Verkauf der Immobilie Ende 2020 bewohnt. Die Gaststätte wurde – nach meinem Wissen – schon einige Jahre vorher nicht bewirtschaftet. Der Investor konnte das Objekt 2020/2021 vom vormaligen Eigentümer erwerben und ging schnell und konsequent an die Umsetzung. Jedoch wurde sein Engagement durch die Pandemiejahre 2020 und 2021 sehr stark ausgebremst. Anfang 2022 entschloss er sich, das Objekt, mit allen bis hier erarbeiteten Unterlagen, am Immobilienmarkt anzubieten.
Eigentlich sollte im März 2021 sollte eine aufwändige und detaillierte Sanierung beginnen (diese Redaktion berichtete, siehe Obermain-Tagblatt vom 4. Januar 2021). Was ist daraus geworden?
Böhm: Durch den Investor und seine Architektin wurde zeitnah und zielstrebig an den Absprachen mit den zuständigen Bauämtern und der Denkmalschutzbehörde, mit Unterstützung des Quartiersmanagement, gearbeitet. Die notwendigen Unterlagen und Genehmigungen lagen im dritten und vierten Quartal 2021 vor. In diesem Zeitraum wurden bereits teilweise Rückbauarbeiten und Freilegungen im Objekt, die unter anderem auch für die Voruntersuchungen notwendig waren, vorgenommen.
Aufgrund der weiteren Pandemiewelle Ende 2021 und auch Anfang 2022 wurden jedoch die angedachten Zeitpläne verworfen. Auch die damalige und aktuelle Situation bei der Handwerker- und Baustoffbeschaffung spielten hier eine wesentliche Rolle.

Gibt es Tendenzen, dass es doch irgendwann voran geht mit der Sanierung des „Adam Riese“?
Böhm: Der aktuelle Immobilienbesitzer hat sich im zweiten Quartal 2022 dazu entschlossen, das Objekt „Adam Riese“ wieder am Immobilienmarkt anzubieten. Hierfür wurde unter anderem ein Immobilienmakler, der speziell im Gewerbe- und Investitions-Segment eine sehr gute Expertise hat, im Zeitraum Mai bis September 2022 beauftragt.
In dieser Zeit lag auch eine potenzielle Anfrage aus der Region vor. Leider wurden sich Verkäufer und Interessent nicht handelseinig. Aktuell habe ich als Quartiersmanager mich nochmals bei möglichen Interessenten umgehört. Gegen den Trend, wie steigende Zinsen und extrem knappen Angebot in der Bauausführung, gibt es mehrere Interessensbekundungen zu diesem Objekt.
Barocke Stuckdecken, historisches Gebälk, Fachwerkfassade: Vieles im Gebäude aus den Jahren nach dem großen Stadtbrand von 1684 ist noch original. Schadet der unbeheizte, unbewohnte Leerstand nicht der Bausubstanz?
Böhm: Hier bin ich kein Experte, aber nachdem das Gebäude seit mehreren Jahren nicht mehr genutzt wird und die sensible Infrastruktur, wie Wasser- oder Heizungsleitungen, entleert wurden, dürfte es hier – auch aufgrund der sachgemäßen Belüftung durch den Eigentümer – zu keinen wesentlichen Schäden kommen. Bei Besichtigungen machen die Innenräume noch einen ordentlichen Eindruck.

Im Januar 2021 ging die damals zuständige Architektin davon aus, dass 1,5 Millionen Euro in die Sanierung gesteckt werden müssten. Nun aber ist alles viel teurer geworden, gerade auch in der Baubranche. Wie lauteten die aktuellen Schätzungen?
Böhm: Aktuelle Kalkulationen durch den Immobilienbesitzer liegen mir leider nicht vor. Jedoch gab es in der ersten Kalkulation schon eingeplante Reserven für Unvorhergesehenes. Bei den Materialpreisen gibt es seit 2020 ein starkes Auf und Ab. Gestern hatte Bauholz noch Höchstpreise, heute ist es teilweise unter dem Niveau von 2019.
Natürlich werden sich in einzelnen Gewerken Veränderungen ergeben, jedoch werden diese möglicherweise nicht so stark ausfallen, wie man es vermuten könnte. Für den neuen Investor spielt es eher eine Rolle, wie hoch die anerkannten Summen für den Denkmalschutz sein werden. Hier liegt eines der wesentlichen Potenziale für einen erfolgreichen Umbau der Immobilie.
Sicherlich gibt es Fördertöpfe, um ein derart markantes Gebäude im Stadtbild zu erhalten. Sie als Quartiersmanager sind da Spezialist. Wie können Sie helfen und was könnte die etwaige Förderhöhe sein?
Böhm: Den aktuellen Immobilienbesitzer habe ich bereits mit vielen Antworten und Hinweisen unterstützen können. Aus diesem Grund kann die Immobilie mit einem so umfangreichen Planungs- und Genehmigungspaket wieder am Markt platziert werden. Im Bereich der gewerblichen Nutzung in den Gewerbeflächen, stehen im Freistaat noch unterschiedliche Förderprogramme für Unternehmen zur Verfügung, die man bedarfsorientiert einsetzen kann. Auch dem neuen Eigentümer werde ich gerne mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Direkt vor der Haustüre des „Adam Riese“ liegt die Staatsstraße, die Bamberger Straße. Täglich rattert Brummi um Brummi vorbei und erschüttert dank tonnenschwerer Beladung das Gemäuer. Macht das das Haus nicht nach und nach instabil?
Böhm: Alle Gespräche, die ich mit dem Eigentümer und seiner Architektin bis heute führen durfte besagen, dass wir es hier mit einer sehr soliden Bausubstanz zu tun haben. Da machen weniger der Verkehr als „falsche“ Einbauten dieses Gebäude instabil.
Die Staatsstraße bringt noch eine weitere Hypothek mit sich: Es gibt vor der Haustüre keine Parkplätze, wie sie bei Gastronomiebetrieben eigentlich gefordert werden. Macht das die Wiederaufnahme des Gaststättenbetriebs nicht umso schwerer?
Böhm: Nein. Die Detailfragen wurden hierzu schon mit dem Bauamt der Stadt Bad Staffelstein geklärt. Parkplätze sind am Marktplatz beziehungsweise um das Rathaus und im fußläufigen Umfeld ausreichend vorhanden. Viele unserer Gäste besuchen die Innenstadt von Bad Staffelstein zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Ich denke, dass der zukünftige Gastronom hier keinen Grund zur Beschwerde finden wird.
Wann also denken oder hoffen Sie, wird im „Adam Riese“ erstmals wieder Gästen wieder leckeres Essen serviert? Oder kann es auch sein, dass aus diesem Gebäude ein reines Wohnhaus wird?
Böhm: Mit viel Glück und vorausgesetzt, alles Notwendige, wie Material, Handwerker und das Unvorhersehbare im Bauverlauf, spielt perfekt ineinander, könnte die Modernisierung innerhalb von zwei Jahren umgesetzt werden. Aber seit 2020 ist in allen Bereichen eine Zeitenwende gegeben und man braucht in jedem Projekt das Quäntchen Glück und den passenden Spürsinn, um keine Überraschung zu erleben.
Einst Hausnummer 80, heute Bamberger Straße 1: Zur Geschichte des ehemaligen Gasthofs Für das in 2023 erscheinende Jahrbuch des Adam-Ries-Bunds hat Stadtarchivarin Adelheid Waschka einen Beitrag über den Traditions-Gasthof „Adam Riese“ geschrieben. Das Gebäude wurde nach dem Stadtbrand vom 5. Juli 1684 errichtet. An der Ecke Horsodrfer Straße und Bamberger Straße gelegen, präge es, so die Historikerin, „das wunderschöne Ensemble rund um den Bad Staffelsteiner Marktplatz in besonderem Maße“. Früher war der „Gasthof Adam Riese“ für seine regelmäßigen Fisch- und fränkischen Büfetts bekannt. „Der Nachweis für einen Gastbetrieb findet sich bereits im Wohnungsbuch von 1906, als Johann Hämmer, Eigentümer des Gebäudes mit der alten Hausnummer 80, als ,Metzger und Bierwirt‘ registriert wurde“, hat sie recherchiert. „Die früheste bekannte Abbildung des Anwesens ist wohl eine Postkarte des Dresdner Postkartenverlags Reinicke & Rubin, die im Jahr 1917 gelaufen ist.“ Auf dieser ist zwar der Schriftzug über dem Eingang geschwärzt, doch: „Man darf davon ausgehen, dass der Schankbetrieb bereits damals dem berühmtesten Sohn der Stadt, Adam Ries(e) (1492–1559), gewidmet war.“ Die Außenfassade zeigt sich auf der Postkarte noch in ihrem Rokokokleid, 20 Jahre später wurde der Putz entfernt und das schmuckvolle, nach Sommer 1684 errichtete Fachwerk freigelegt. „Tatsächlich wurden rund um das im Jahr 1687 errichtete Fachwerk-Rathaus während der 1930-er-Jahre und im Zuge der durch die Nationalsozialisten angeregten Heimatbewegung viel Putz abgeschlagen, so auch am Gebäude Bamberger Straße 1“, erklärt die Fachfrau. Zu jener Zeit war der Metzgermeister Johann Hämmer (1873–1957) Betreiber des Gasthofs. Am 28. Dezember 1949 übernahm Sohn Gottfried Hämmer das Gewerbe und leitete das Lokal, bis er 1976 starb. Der heute prägende Ausleger, der neben der Laterne mit Gasthofs-Namen auch beidseitig das Konterfei von Adam Ries(e) auf einer runden Blechtafel gemalt und mit Eisenring eingefasst zeigt, entstand Anfang der 1970-er-Jahre. Ein Österreicher übernahm die Nachfolge: Heinz Potetz aus Graz führte den Betrieb in die 1980er-Jahre, ab August 1987 führte Gisela Lache für kurze Zeit den Gasthof, der ab Januar 1989 von Appolonia Buhlheller übernommen wurde. Seit 2014/2015 ruht der Gastronomiebetrieb. Ein Investor kaufte das Haus für 400.000 Euro (diese Redaktion berichtete), doch machte die Corona-Pandemie seine Pläne zunichte. Er hätte hier wieder Gastronomie betreiben wollen. Im Anwesen Bamberger Straße 1 wurde einst Johann Baptist Schubert (1847–1920) geboren, an den heute noch eine Gedenktafel erinnert. Der Lehrer und pädagogische Schriftsteller war Schulrat und Landtagsabgeordneter. Schubert war Vorsitzender des Bayerischen Volksschullehrervereins. Er setzte sich für Reformen des Schulwesens sowie für eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der Lehrer ein. (mdr)