Es dürfte wohl kaum einen Touristen geben, der bei einem Urlaub im „Gottesgarten“ kein Foto von der pittoresken Altstadt mit Rathaus, Stadtturm und Kilianskirche schießt: Das schmucke Ensemble ist ein Pfund, mit dem die Kleinstadt wuchern kann. Und das es zu schützen gilt. Jedoch: Für die Besitzer sind diese architektonischen Kleinode aber nicht selten eine Belastung. Modernisierungen sind nur beschränkt möglich. Aber vielleicht sind bald Photovoltaik-Anlagen erlaubt?
Geht es nach der Stadtratsfraktion von Grüne/Staffelsteiner Bürger für Umwelt und Naturschutz (SBUN), würden Solaranlagen – Photovoltaik und Solarthermie gleichermaßen – im Sanierungsgebiet „Altstadt Bad Staffelstein“ bald auch in einsehbaren Dachbereichen zugelassen werden. Laut gültiger Gestaltungssatzung der Stadt Bad Staffelstein ist das bislang nur auf von Hauptachsen abgewandter Seite möglich – und möglichst auf Nebengebäuden.
Bürgermeister ist nicht abgeneigt
„Ich könnte mir vorstellen, das zuzulassen“, sagte Bürgermeister Mario Schönwald (FW) in der jüngsten Stadtratssitzung. „Besitzer von Altbauten haben sowieso viele Einschränkungen, PV-Anlagen wären wohl das einzige, was zu deren Entlastung beitragen würde.“
Gemeint sind die Energiekosten: Moderne Heizungen sind in Altbauten eher schwierig oder nur kostenintensiv umzusetzen, auch eine energieeffiziente Dämmung ist alles andere als günstig. Altstadt-Hausbesitzer sind also sowieso tendenziell eher benachteiligt und dürfen dann auch nicht, wie Besitzer von Neubauten, auf PV-Anlagen zurückgreifen.
Grüne: alle gleich behandeln
Grüne/SBUN machen nun den Gleichbehandlungsgrundsatz geltend, hatten diesen auch in ihrem Schreiben vom Februar angeführt. Schönwald kann der Argumentation folgen. Aber: „Voraussetzung ist aber, dass eine PV-Anlage im Einklang mit dem Denkmalschutz stehen muss.“
Das Denkmalschutzgesetz war es auch, das bis vor kurzem sowieso einen generellen Riegel vorschob, was PV-Anlagen in Hauptsichtachsen in der historischen Kernstadt anging. Im Juli vergangenen Jahren lockerte der Gesetzgeber diese Maßgabe: Auch in Hauptsichtachsen sind unter bestimmten Voraussetzungen nun Anlagen nicht mehr ausgeschlossen. „Und nun haben wir den Fall, dass unsere Ortssatzung faktisch strenger ist als die gesetzlichen Rahmenbedingungen“, erläuterte Bauamtsleiter Werner Gunreben den Stadträtinnen und Stadträten.
Derzeit ist die Dächerlandschaft der Altstadt, vom Marktplatz bis zur Kilianskirche, praktisch frei von Solaranlagen. Grüne/SBUN wollen das ändern. Sie argumentieren, dass Kommunen sogar verpflichtet seien, die erneuerbaren Energien kontinuierlich auszubauen. Durch Solarenergieanlagen auf den Dächern würde neben dem Beitrag zur Klimaneutralität auch ein Beitrag zur Schonung von Freiflächen geleistet. Die Fraktion beantragt deshalb eine Änderung der städtischen Gestaltungssatzung. „Wollen wir wirklich überall in unserer Altstadt Photovoltaikanlagen nach unserer Satzung zulassen?“, stellte Bauamtsleiter Werner Gunreben in den Raum.
Sorge vor der „offenen Tür“
„Ich warne davor, die Tür weit aufzumachen.“ Besser sei es, einen Rahmenplan mit klaren Kriterien aufzustellen, den es mit der Denkmalpflege abzusprechen gelte, um die ursprüngliche Optik zu erhalten. „Zudem sollten wir besonders schützenswerte Bereiche definieren.“
So oder so muss, vor jeder Genehmigung (und Installation) einer Solaranlage, das Plazet des Denkmalamts eingeholt werden. Gunreben aber befürchtet eine Vielzahl von Einzelentscheidungen, würde es keinen Rahmenplan geben. „Klar, einen solchen Rahmenplan zu erarbeiten, kostet Geld, aber es gibt dafür auch Fördermöglichkeiten.“
Die Sache mit dem Brandschutz
Zweiter Bürgermeister Holger Then (JB) intervenierte: „Das ist mir zu umständlich.“ Lieber solle der Denkmalschutz im Einzelfall entscheiden, was zulässig sei und was nicht. Jörg Breidenbach warnte vor einer Gefahr: „Wir haben in der Altstadt eine einzige zusammenhängende Dachfläche. Lassen wir Photovoltaikanlagen zu, wird es mit dem Brandschutz nicht besser.“
„Welche Chance hat der, der in einem Denkmal wohnt, auf regenerative Energien umzusteigen?“
Dieter Leicht, Dritter Bürgermeister
Werner Freitag (Grüne/SBUN) hielt dagegen: „Das Leben in einem Museum muss man sich auch erst einmal leisten können.“ Durch die Solaranlagen würden die Wohnungen und Häuser in der Kernstadt wieder attraktiver. Und: „Vor 30 Jahren liefen Stromkabel von Dach zu Dach, gab es noch die Hausantennen – und dafür keine Satzung.“ Auch das habe nicht gestört. Walter Mackert (CSU) wollte zunächst ein Angebot für die Kosten eines Rahmenplans eingeholt wissen, ehe er sich entscheiden wolle. Außerdem wolle er kein „Bürokratiemonster“ schaffen. „Damit vergeben wir uns nichts“, fand auch Volker Ernst (FW). „Der Rahmenplan würde die Bürokratie reduzieren“, warb Gunreben.
„Die Denkmalpflege kann das eh besser entscheiden“, meinte Stefan Dinkel (CSU) und plädierte für ein Öffnen der Gestaltungssatzung, ebenso wie Erwin Richter (FW) und Dritter Bürgermeister Dieter Leicht (SPD). Als jemand, der selbst in der Altstadt wohnt, fragte er: „Welche Chance hat der, der in einem Denkmal wohnt, auf regenerative Energien umzusteigen? Er ist immer der Gelackmeierte!“
Farblich angepasste Varianten
Längst gebe es nicht mehr nur „Solaranlagen von der Stange“, wie Bauamtsleiter Werner Gunreben darlegte, sondern auch farbige Module, die sich besser ins Ensemble einfügen, seien deutlich teurer. Gleiches gelte für Solarziegel, die zudem auch einen schlechteren Wirkungsgrad hätten. „Dennoch können wir froh sein über jede Anlage, die uns eine Freiflächenanlage spart“, unterstrich Stefan Dinkel. Und so fällten die Stadträtinnen und Stadträte einstimmig den generellen Beschluss, eine Änderung der Gestaltungssatzung herbeizuführen. Das allerdings geht nicht von heute auf morgen: Die Verwaltung wird sich damit nun befassen.