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BAD STAFFELSTEIN: Photovoltaik-Freiflächen: „Unser Maintal ist in Gefahr!“

BAD STAFFELSTEIN

Photovoltaik-Freiflächen: „Unser Maintal ist in Gefahr!“

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    Von wegen Eitel Sonnenschein: Die Vielzahl an beantragten und teils privilegierten Photovoltaik-Freiflächenanlagen bereiten so manchem Stadtrat und so mancher Stadträtin in Bad Staffelstein große Sorgen. Symbolfoto: M. Drossel
    Von wegen Eitel Sonnenschein: Die Vielzahl an beantragten und teils privilegierten Photovoltaik-Freiflächenanlagen bereiten so manchem Stadtrat und so mancher Stadträtin in Bad Staffelstein große Sorgen. Symbolfoto: M. Drossel Foto: M. Drossel

    Wassermassen, die nach Starkregen unter Photovoltaikanlagen hindurch ungebremst in die Dörfer schießen, ein „Gottesgarten am Obermain“, der „wie eine Speckschwarte im Sonnenlicht glänzt“ und Landwirte, die keine Flächen mehr für zum Beackern haben: Es waren gleich mehrere Schreckensszenarien, die bei der jüngsten Stadtratssitzung skizziert wurden – und für kontroverse Grundsatzdiskussionen sorgten.

    Im Banzgau: Auf einer Anhöhe unweit von Stadel sollen Photovoltaik-Freiflächenanlagen entstehen.
    Im Banzgau: Auf einer Anhöhe unweit von Stadel sollen Photovoltaik-Freiflächenanlagen entstehen. Foto: Markus Drossel

    Es ist ein Bundesgesetz, das den Stadträtinnen und Stadträten Kopfzerbrechen bereitet: Entlang von Bundesautobahnen und zweigleisigen Bahnstrecken dürfen, in einem 200-Meter-Band links und rechts Photovoltaik-Freiflächen errichtet werden, ohne dass die Städte und Gemeinden Mitspracherecht haben. Im Fall von Bad Staffelstein bedeutet das: entlang der A 73 ebenso wie entlang der Bahnstrecke Bamberg-Lichtenfels und entlang der ICE-Neubaustrecke Nürnberg-Erfurt. Hinzu kommen weitere, nicht privilegierte Flächen, auf denen Investoren gerne regenerative Energien gewinnen wollen.

    „Wir werden derzeit extrem überrollt“, sagte Bürgermeister Mario Schönwald (FW) während der Sitzung. Drei Tagesordnungspunkte beschäftigten sich mit PV-Freiflächenanlagen. So will die Firma IBC Solar bei Stadel auf vier Teilflächen Photovoltaikanlagen errichten. Weil nicht privilegiert, ist dazu ein „normales“ Bauleitverfahren nötig. Zuletzt beschäftigte sich der Stadtrat im Januar mit dem Thema, dann gab es eine Beteiligung von Bürgern und Behörden. Mittlerweile hatte es die Ereignisse vom ersten Juni-Wochenende gegeben, die sowohl bei den Eingaben der Einwohner als auch bei den Redebeiträgen der Räte eine große Rolle spielen sollten.

    Von Starkregen stark betroffen

    Starkregen hatte dazu geführt, dass etliche Orte im Stadtgebiet regelrecht untergegangen waren, da selbst Rinnsäle zu reißenden Flüssen anschwollen und Wasser und Schlamm von den Hängen in die Dörfer schoss. Neben Wiesen und Nedensdorf hatte es auch Püchitz und Stadel stark getroffen. Zwar plant IBC Solar mit zwei Regenrückhalteemulden (maximal 100 Kubikmeter), höhenlinienparallele Erdschwellen und zudem Bewuchs, der dank seiner Wurzeln den Boden festhalten soll, darüber hinaus wurde ein 22-seitiges Gutachten in Auftrag gegeben, doch das räumte die Bedenken so manchen Stadtrats nicht wirklich aus. „Die Anlage ist oberhalb von Stadel. Es ist eine Gefahr, davon bin ich überzeugt“, meinte Freie-Wähler-Fraktionsche Winfried Ernst. „Bei Starkregen läuft das Wasser da runter!“ Und nach Stadel hinein, wie er warnte. „Ich hoffe, dass es in Stadel nicht in ein paar Jahren zur Katastrophe kommt...“

    CSU-Fraktionschef Hagel sprang ihm bei. Als die Banzgau-Orte mit dem Wasser kämpften, leistete er selbst als Feuerwehrler Dienst. Mit Blick auf Püchitz und Stadel sagte er: „Hochwasserereignisse sind in beiden Orten extremst. Die kommen nicht alle paar Jahre vor, sondern jedes Jahr!“ Doch nicht nur das: Wie auch Ernst führte er an, dass mit dieser Solaranlage abermals der Landwirtschaft Flächen entzogen würden, die sie so dringend brauchten. Deshalb: „Ich war von Anfang an dagegen.“

    Ein Horrorbild gemalt

    Mit Blick auf den 200-Meter Korridor links und rechts von Autobahn und Bahn malte Winfried Ernst ein Horrorbild für das Maintal: „Wenn ich überlege, was da alles privilegiert ist, dann gibt es keinen ,Gottesgarten‘ mehr. Unser Maintal ist in Gefahr!“ Die reizvolle Landschaft sei drauf und dran, verschandelt zu werden. Doch was tun? „Wir haben schon zwei Mal Ja gesagt“, meinte Hagel mit Blick auf das Projekt Stadel. Zähneknirschend stimmte er für den geänderten Bebauungsplan – und damit für eine erneute, dritte Öffentlichkeitsbeteiligung.

    Rechts der ICE-Neubautrasse soll sich bei Zilgendorf ein Solarpark in Richtung Kulch-Berg erstrecken.
    Rechts der ICE-Neubautrasse soll sich bei Zilgendorf ein Solarpark in Richtung Kulch-Berg erstrecken. Foto: M. Drossel

    Ebenfalls im Banzgau, in Zilgendorf, will die Firma Südwerk eine Photovoltaikanlage errichten, zwischen Kulch-Berg und der ICE-Trasse. Nur wenige Quadratmeter – rund ein Drittel der Fläche – sind privilegiert. „Wenn das so weitergeht, erdrückt es uns“, meinte Bürgermeister Mario Schönwald. Zwar gebe es einen Aufstellungsbeschluss, doch da sei das ganze Ausmaß der Privilegierung noch nicht zu erahnen gewesen. Auch er sprach davon, dass die Landwirtschaft darunter leide, ebenso das Erscheinungsbild der Landschaft – und er kündigte an, das nicht mittragen zu wollen.

    Dinkel: „Im Bereich der Willkür“

    Da hielt Junge-Bürger-Fraktionschef Christian Ziegler dagegen. Die Stadt habe sich eine Höchstgrenze gegeben, die hier nicht überschritten werde. Laut eigener Flächenmatrix sei der Beschluss gefasst worden. Er bemängelte, dass die Stadt dann kein verlässlicher Partner für Investoren mehr sei. „Wir stehen vor der Energiewende! Und wir haben eine Eigenversorgungskraft von lediglich 30 Prozent – andere sind da viel weiter.“ Und: „Wir drängen Investoren regelrecht ins Maintal, wenn wir Anlagen wie diese ablehnen.“ Stefan Dinkel (CSU) sah die Missachtung der Flächenmatrix ähnlich: „Wir bewegen uns im Bereich der Willkür, da bin ich nicht dabei!“ Dann müsse die gesamte Flächenmatrix auf den Prüfstand, befanden Dritter Bürgermeister Dieter Leicht (SPD) und Jürgen Hagel. „Wir als Stadt haben den Auftrag, etwas für die Energieversorgung zu tun“, mahnte Sandra Nossek (Grüne/SBUN). Für die Billigung der Vorentwürfe zur Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Solarpark Zilgendorf“ gab es letztlich nur fünf Fürstimmen und elf Gegenstimmen. Durchgefallen.

    45 Hektar im Maintal

    Danach ging es konkrete Planungen im Maintal: Südwerk will entlang der A 73 zwölf privilegierte Freiflächen-Photovoltaikanlagen innerhalb der 200-Meter-Zonen auf zwölf verschiedenen Flurnummern der Gemarkungen Bad Staffelstein, Schönbrunn und Grundfeld errichten. „45 Hektar: Da passt die Relation nicht mehr!“, polterte Walter Mackert (CSU). Parteikollege Ottmar Kerner bemühte den eingangs erwähnten Speckschwartenvergleich. Beim Bau einer Halle für eine Spedition bei Grundfeld hätten sich Initiativen „Rettet das Maintal“ auf die Fahnen geschrieben: Jetzt sei es mehr denn je gefährdet. Auf Anraten der Verwaltung muss der Investor in spe nun erst einmal das normale Baugenehmigungsverfahren durchlaufen, also wohl ein Dutzend Bauanträge stellen. Das wurde unisono beschieden. Zwölf Stadträte waren dafür, dies im Stadtrat zu behandeln, vier wären für den Bauausschuss gewesen. Sandra Nossek sagte, dass man den Grundstückseigentümern das Regionalwerk noch ein wenig näher bringen müsse. Vertretern der Firma Südwerk, die gerne ihre Argumente dargelegt hätten, wurde kein Rederecht erteilt.

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