Kloster Banz, das Lichtenfelser Rathaus und die Neue Residenz in Bamberg haben eine Gemeinsamkeit: Sie wurden von einem Dientzenhofer-Baumeister geschaffen. Keine andere Familie hat Franken baulich so geprägt wie diese. Dabei kamen sie gar nicht aus Franken, sondern aus Oberbayern, aus der Nähe von Brannenburg beziehungsweise Gundelsberg.
Wie es dann kam, dass sie in Franken, Böhmen und Schlesien rund 250 Bauten planten und vollendeten, darüber referierte Robert Schäfer aus Bamberg im Rahmen der Vortragsreihe des Colloquium Historicum Wisbergense (CHW). In das Gasthaus „Zum Hirschen“ in Ebensfeld war eigens für den Vortrag auch Regierungspräsident Florian Luderschmid gekommen.
Aus ärmlichen Verhältnissen
Doch wie kam es nun, dass eine ganze Sippschaft, bestehend aus sieben Baumeistern in zwei Generationen, Franken so prägen sollte? Denn eigentlich kamen die fünf Brüder aus kleinbäuerlichen, ärmlichen Verhältnissen. Bis zur Jugend traten sie auch nicht in Erscheinung, und es ist daher ihr Werdegang, wie sie zu Baumeistern wurden, nicht überliefert.
Einer Legende nach fuhren alle fünf Brüder mit einem Floß nach Passau, wo sie ihr Handwerk lernten. Diese Theorie zweifelt Robert Schäfer aber an: Der Jüngste der Brüder, Johann Dientzenhofer, der von 1663 bis 1726 lebte, war 20 Jahre jünger als sein ältester Bruder Georg Dientzenhofer, der von 1643 bis 1689 lebte. „Wie sollten sie zusammen ein Floß besteigen?“, fragte Robert Schäfer zu Recht.
Die Rolle Abraham Leuthners
Bekannt ist jedoch, dass die Schwester der Dientzenhofer-Brüder Anna 1678 in Prag Wolfgang Leuthner heiratete. Dieser war der Bruder von Abraham Leuthner von Grund, der in Prag ein bekannter Baumeister war. So baute er unter anderem das Rathaus in Loket/Elbogen und die Stiftsbasilika in Waldsassen, die oft fälschlicherweise als Dientzenhofer-Bau deklariert wird. Was jedoch stimmen dürfte, ist, dass Abraham Leuthner die Dientzenhofer-Brüder ausbildete, da bis 1685 keiner von ihnen in Erscheinung trat. Sie dürften in dieser Zeit als Poliere und Maurer gearbeitet haben, jedoch noch nicht als Baumeister.
Der erste, der dann als Baumeister wahrnehmbar wird, war Georg Dientzenhofer. Er plante und baute die Dreifaltigkeitskirche in Waldsassen. Während des Baus wurde er erst als Hofbaumeister nach Amberg berufen, um dann 1686 in Bamberg mit dem Bau der Sankt-Martinskirche in der Innenstadt zu beginnen. Georg Dientzenhofer hatte das Potenzial, einer der größten Baumeister der Sippe zu werden. Sein früher Tod 1689 jedoch führte dazu, dass er keines seiner Bauwerke je vollendet erlebte.
„Für den Hausgebrauch“
Der zweite Bruder der Dientzenhofer-Sippe ist Wolfgang Dientzenhofer (1648 bis 1706). Bauwerke von ihm wurden erst in den 1930-er Jahren identifiziert. Unter anderem zählen die Kirche Sankt Bonifatius in Weißenohe und die Kirche Sankt Johannes Evangelist in Michelfeld zu seinen Bauwerken. Was alle seine Bauwerke gemeinsam haben, ist ihre Schlichtheit. „Wolfgang Dientzenhofer war daher eher der Baumeister für den Hausgebrauch“, erklärte Robert Schäfer. Der dritte Bruder Christopher Dientzenhofer (1655 bis 1722) blieb in Prag. Seine Bauten prägen die Stadt bis heute. Dazu zählen unter anderem die Klosterkirche Sankt Margareta in Břevnov, die er zusammen mit seinen Sohn Kilian Ignaz Dientzenhofer (1689 bis 1751) vollendete.
Leonhard Dientzenhofer (1660 bis 1707), der sich später Johann Leonhard Dientzenhofer nannte, wird oft mit seinen jüngeren Bruder Johann Dientzenhofer verwechselt. Einige Bauwerke wurden daher fälschlicherweise ihm zugeschrieben. Bauten, die er gesichert umgesetzt hat, sind die ehemalige Zisterzienserklosterkirche in Schöntal an der Jagst, die Neue Residenz in Bamberg und der Abteibau von Kloster Banz. Da auch Leonhard Dientzenhofer mit 47 Jahren früh verstarb, hat auch er viele seiner Bauten nicht mehr vollendet erlebt, so zum Beispiel den Kaisersaal in Kloster Banz.
„Überragendes Talent“
Das „überragende Talent“, wie ihn Robert Schäfer betitelte, war jedoch Johann Dientzenhofer. Ohne ihn wäre ein Balthasar Neumann nicht möglich gewesen. Mit ihm hat Johann Dientzenhofer auch zusammengearbeitet. Da er in seiner Jugend die Möglichkeit hatte, als einziger der Brüder durch Italien zu reisen und sich die Architektur anzuschauen, floss dies auch in seinen Baustil ein. Zu sehen zum Beispiel in der Klosterkirche von Banz, in der er das Gewölbe durch „geschaukelte“ Ellipsen frei von Stützen bauen konnte. Bekannt sind zudem Schloss Weißenstein in Pommersfelden, Schloss Reichmannsdorf und das Stadtschloss in Fulda.
Sein Erbe weiter führte sein Sohn Justus Heinrich Dientzenhofer (1702 bis 1744) weiter. Er hatte jedoch das Pech, „zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein“. Zwar baute er unter anderem das Lichtenfelser Rathaus, kam aber aufgrund großer Konkurrenz, die talentierter war und wahrscheinlich auch besser vernetzt, nicht zu solchem Ruhm wie sein Vater.