Was hat eigentlich das Buch „Bayerische Hellseher: Vom Mühlhiasl bis zum Irlmaier – Gespräche, Zitate, Ergebnisse um die grosse Schau in die Zukunft“ mit der alten Linde von Staffelstein zu tun? Wieso bekommt Stadtarchivarin Adelheid Waschka immer wieder deswegen Anrufe aus ganz Deutschland? Nun, es gibt etwas, was den Buchautor Wolfgang Johannes und die Museumsleiterin Adelheid Waschka verbindet, ein Relikt aus „sehr alter Zeit“: die vermutlich älteste Linde Deutschlands.
Bereits 1894 wurde sie vom Staffelsteiner Bezirksamtsmann Badum als „die Große Linde“ beschrieben, mit „56 1/2 bayr. Fuß“ Umfang (etwa 16,5 Meter) und einem Stammdurchmesser von „25 bayr. Fuß“ (etwa 7,60 Meter). Damals war sie jedoch schon nicht mehr die „Jüngste“, sondern bereits dem langsamen Verfall preisgegeben. Der einstige Umfang war 24 Meter, errechneten Sachverständige. Man vermutet, dass die Linde um 800 nach Christus gekeimt hat. Ihre Höhe dürfte wohl einstmals rund 25 Meter betragen haben.
Seit etwa 1815 war der Stamm des mächtigen Baumes so hohl, dass ein Reiter samt Pferd darin Platz fanden und sich auch noch drehen konnte. Herzog Wilhelm`s Schwiegersohn, der französische Marschall Berthier war es, dem dieses Vorhaben gelang. Das steht in den Büchern des Amtsmannes. Auch der Standort der Linde ist genau beschrieben: am Fuße des Staffelberges, neben dem Friedhof.
Viele Faktoren könnten zum Absterben beigetragen haben

Zeitsprung in die Gegenwart: Der Baum ist weg. Auf seinem früheren Platz befinden sich ein Kinderspielplatz und einige Wegweiser. Was war geschehen? Waren es wiederholte Blitzeinschläge? War es einst die Verlegung von wasserundurchlässigen Blei-Rohren, welche die altertümlichen Holzleitungen ersetzten und so möglicherweise die Wurzeln des mächtigen Laubbaums trocken legten? Oder spielte auch die Versetzung des Staffelsteiner Kirchhofes eine Rolle, weil wegen der Verlegung des Weges eine teilweise Beseitigung der Baumwurzeln erforderlich war? Vielleicht kam auch alles zusammen, man weiß es nicht genau.
Im Stamm des Baumes wurde ein prophetisches Lied gefunden
Jedenfalls grünte um 1894 nur noch ein Teil des Baumes. Das belegen Fotografien, Kohlezeichnungen und Stiche, die man im Stadtmuseum bestaunen kann. Dann kam das Jahr 1920: was da geschah, war unglaublich! Im hohlen Stamm des Baumes wurde ein prophetisches Lied gefunden. Adelheid Waschka: „Es war wohl die Familie des Regierungsverwaltungsrates Karl Meier, die damals hier lebte“. Das Original des Liedtextes befinde sich nach wie vor in Familienbesitz, auch wenn besagte Familie schon längst nicht mehr hier wohnen würde, so die Museumsleiterin. Jedoch ist das Museum im Besitz einer Abschrift des kompletten Textes. Wegen der verwendeten Worte und Maßeinheiten ist man heute sicher, dass das Entstehungsdatum der Verse zwischen 1815 und 1850 liegen muss.

„Um 1850 fand man am Weg zum Staffelberg beim oberfränkischen Bad Staffelstein im Stamm einer wohl über 1000 Jahre alten Linde ein prophetisches Lied, dessen Inhalt zu denken gibt, ja stellenweise erdrückend ist; der Schluss jedoch gibt Hoffnung. 1990 wurde die Linde gefällt. Doch ihr Lied, das ein uns Unbekannter aufzeichnete, lässt Menschen zunehmend aufhorchen“, so beginnt der Buchautor Wolfgang Johannes. Schenkt man ihm Glauben, prophezeit das Lied die Zukunft für die Menschheit.
Die erste und zweite Strophe lauten
1. Alte Linde bei der heiligen Klamm,/ ehrfurchtsvoll betast?ich deinen Stamm, /Karl den Großen hast du schon gesehn,/ wenn der Größte kommt, wirst du noch stehn.

2. Dreißig Ellen mißt dein grauer Saum/ aller deutschen Lande ält?ster Baum,/ Kriege, Hunger schautest, Seuchennot,/neues Leben wieder, neuen Tod.
So ganz ist diese Prophezeiung dann aber doch nicht eingetreten. Immerhin: Mehrere Reststücke der Linde, die 1990 teils und 1995 komplett gefällt wurde, befinden sich im Depot des Bad Staffelsteiner Stadtmuseums. Ein Teil eines großen Seitenasts des toten Riesen ist aber für alle Besucher im Foyer des Museums zu bestaunen.